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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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gesagt, dass ein großes Vermögen auf mich wartet! Ich will nach Hause!«
    »Nein, das willst du nicht, Toby«, sagte Egil entschieden, und sein Gesicht war ernster, als ich es je gesehen hatte. »Ich weiß, dass du es nicht willst, weil ich viele Male in deinem Kopf gewesen bin und wir die besten Freunde sind.«
    »Schöner Freund!«
    »Ich bin dein einziger Freund!«, schrie er.
    Der eisige Wind fuhr zwischen uns, und ich sah, dass Egil wünschte, er hätte nicht gesagt, was er gesagt hatte. Ich dachte an Schwester Mary und kehrte ihm den Rücken zu. Auch sie war meine Freundin und sie hätte mich nie getäuscht. Egil kam zu mir und sprach behutsam auf mich ein.
    »Es ist deine Bestimmung, Toby. Glaub mir. Es ist das Jerlamar, das dich hierhergebracht hat.«
    »Das Jerlamar ? Was soll denn das wieder sein?«, fragte ich. »Ach, schon gut, bemüh dich nicht, ich erwarte keine Antwort.«
    Egil ließ meine Hand los und ging in die Knie.
    »Das Jerlamar ist die Energie, die im Innern der Erde fließt«, sagte er leise. »Es ist die Kraft, die dir geholfen hat, nicht den Verstand zu verlieren in deinem Rollstuhl. Die Kraft, die deine Beine laufen lässt. Hier ist sie sehr nah. Sie ist die Quelle für alle Wunder der Fel.«
    Egil senkte den Blick und legte die Hände auf die verkrustete Schneeoberfläche wie jemand, der ein Lebewesen streichelt.
    »Du hast nicht richtig gelebt, wenn du das nicht gespürt hast, Toby. Das ist das Vermögen, das zu erben du gekommen bist. Geh mit mir, dann wirst du es selbst erfahren. Stell dir einfach vor, du hättest die Wahl, und stell dir vor, du würdest mich als mein Freund begleiten wollen. Bitte.«
    Er sah mich noch einen Augenblick an, dann wandte er sich ab und ging zu der Stelle, wo er seine Mütze hingeworfen hatte. Er machte sich daran, mit dem Arm den Schnee beiseitezuschieben. Ich sah ihm dabei zu und rührte keinen Finger. Wieder spürte ich heiße Tränen aufsteigen, aber diesmal drängte ich sie zurück. Was nützte es, wenn ich weinte? An der dunklen Klosterpforte hatte ich meine Entscheidung getroffen, jetzt musste ich dazu stehen.
    Inzwischen hatte Egil eine Stelle vom Schnee befreit und zu meiner Verblüffung zwei Torflügel darunter freigelegt. Sie waren etwa zwei Meter im Quadrat und mit Darstellungen von Wölfen und Bären aus massivem Gold kunstvoll verziert. Ich wich unwillkürlich zurück, als im grellen Licht des Schnees die Juwelen in den Augen der Tiere aufblitzten. Einige waren Rubine, andere Smaragde. Egil fasste nach einem der goldenen Türgriffe und zog. Schwerfällig bewegte sich das Tor.
    »Hilf mir, Toby«, sagte er, und da fasste ich mit an und zog mit aller Kraft. Als das Tor offen stand, wehte uns ein kräftiger Luftstrom ins Gesicht. Er roch nach gebratenem Fleisch und Vulkanrauch, ein bisschen nach Schweiß und Stroh, auch nach Ziegen und Kühen. Unter all der gefrorenen Stille hier war also der Atem des Lebens! Plötzlich fand ich den Abstieg in diese Welt sehr verlockend.
    Eine aus dem Eis geschnittene Treppe führte hinunter in die Dunkelheit. Aber hier und da gab es auch einen Lichtschein, und in der warmen Luft hing der Klang ferner Musik.

7. Kapitel
    E ine Treppe aus Eis – das hört sich wahrscheinlich nicht sehr zweckmäßig an, und für einen Menschen ist es das auch nicht. Jedes Mal, wenn ich ins Rutschen kam, raunte Egil mir ungeduldig zu, ich solle besser aufpassen. Er selbst klammerte sich mit den Zehen an die Eisstufen, als hätte er immer noch seine Krallen. Der Weg war von kleinen Kerzen beleuchtet, besser gesagt von Dochten, die in Schälchen mit einer Flüssigkeit schwammen – Walrosstran, wie ich später erfahren sollte. Die spärlichen Flammen warfen riesige Schatten an die Eiswände neben der Treppe, doch zwischen den einzelnen Lichtflecken war es stockdunkel.
    Die Musik wurde allmählich lauter und bald waren auch immer mehr Stimmen zu vernehmen. Es klang wie eine Art Markt, auf dem Händler ihre Waren anpriesen. Ich hörte zudem Pferdehufe über Stein trappeln. Aber wenn ich nicht den Halt verlieren wollte, durfte ich auf keinen Fall hinunterschauen, und so konzentrierte ich mich darauf, vorsichtig einen Fuß vor den anderen über das Eis zu schieben.
    Auf einem schmalen Eisabsatz begegneten uns zwei Fel, die gerade ihre weißen Pelze zuknöpften und sich für den Ausstieg auf den Gletscher bereit machten. Sie hatten Pfeile und Bogen zum Jagen dabei, auch kleine Fallen aus Leder. Als sie Egil sahen, nahmen sie ihre

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