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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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passte sich in unaufdringlicher Art immer meinen Bedürfnissen an. Egil schob nervös den Schnee zu Häufchen zusammen.
    »Wie du wahrscheinlich mitgekriegt hast, Toby«, fing er an, »ist nicht jeder hier außer sich vor Freude, dass du zu uns unters Eis kommst.«
    »Ja, so viel habe ich begriffen«, sagte ich.
    »Wenn wir jetzt runtergehen, ist es also absolut wichtig, dass deine Identität geheim bleibt. Du musst genau tun, was ich dir sage, und darfst vor allem keine Aufmerksamkeit auf dich lenken.«
    Ich hatte das Gefühl, dass Egil und ich seit dem Sprung aus dem Boot ein Ratespiel veranstaltet hatten und dass dieses Spiel jetzt zu Ende war. Nach den fahrigen Bewegungen zu urteilen, mit denen Egil auf den Schnee klopfte, musste mein Leben ernsthaft in Gefahr sein.
    »Also wie viele Leute da unten wollen mich töten?«
    »Da unten sind keine Leute «, sagte Egil wenig hilfreich. »Nur Fel.«
    »Du weißt, was ich meine, Egil.«
    »Im Grunde ist es nur ein einziger Fel, der deinen Kopf will …«
    »Helva Gullkin«, sagte ich.
    Egil leckte nervös an einer Handvoll Schnee und wich meinem Blick aus. »Das Problem ist, dass Helva Gullkin mehr oder weniger … inoffiziell … vorübergehend …«
    Er zögerte, als wäre das Ende des Satzes der äußerste Rand einer Klippe. Er legte die Hand vor die Augen und schwieg.
    »Mehr oder weniger, inoffiziell, vorübergehend – was ?«, fragte ich.
    »Er ist zu Unrecht und nur vorübergehend, nur vorübergehend … so etwas wie der … König.«
    Er blinzelte durch das Gitter seiner Finger.
    »Der König?« Ich schluckte.
    » So etwas wie der König«, stellte Egil klar.
    »Aber er hat die Macht?«
    »Nur was Regierung, Polizei und Armee betrifft. Die Möwe, die du auf dem Boot gesehen hast, war einer seiner Oberspitzel.«
    Ich dachte an das Furcht einflößende Wesen, dem ich begegnet war, und stellte mir Hunderte, vielleicht sogar Tausende von seiner Sorte vor. Unruhig streckte Egil ein paarmal die Finger aus wie Krallen und kratzte an den Luftknoten, die ich im Moment zweifellos produzierte.
    »Wenn wir also unten sind, musst du so tun, als wärst du auch ein Fel. Wenigstens so lange, bis die Zeit gekommen ist«, sagte Egil.
    »Welche Zeit?«, sagte ich ein wenig verzweifelt.
    »Die Zeit, wenn … deine Anwesenheit bekannt gegeben wird.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Schau dir mein Haar an, Toby, und sag, ob ich aussehe wie einer, der wichtige Dinge weiß?«
    Ich betrachtete Egils Haar und stellte fest, dass seine nach allen Richtungen abstehende Mähne an den Spitzen langsam gefror. Die Fetzen von Seetang, die sich darin verheddert hatten, waren zu wunderlichen Formen erstarrt. Egil sah mich an, und weil er gleichzeitig der Kater Shipley war, spürte er, dass ich mich absichtlich störrisch gab.
    »Warum hast du mir das nicht eher gesagt?«, fragte ich.
    Egil stand auf und blickte nach allen Seiten über die weite gefrorene Schneefläche.
    »Weil Großvater gesagt hat, ich muss damit warten, bis du hundert Meilen von der nächsten Stadt der Menschen entfernt bist. Nur noch von Schnee und Eis umgeben«, sagte er, und jede Spur von Albernheit war aus seiner Stimme verschwunden. »Ich sollte warten, bis du keine Wahl hast, hat er gesagt.«
    Ich hatte das Gefühl, als ob mich jemand derb in die Rippen geboxt hätte. Als Egil sich zu mir umdrehte, stand aufrichtige Reue in seinen großen grünen Augen.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Aber du wirst bald sehen, Toby, dass wir dich nicht grundlos hierhergebracht haben. Es gibt einen wichtigen Grund dafür.«
    »Den du mir natürlich nicht erklären kannst«, sagte ich, und Egil senkte wortlos den Kopf.
    Ich dachte an meinen warmen Rollstuhl im Kloster. Ich dachte an Schwester Mary und ihre Handpuppen und ich sehnte mich sogar nach einem Löffel dieser warmen weißen Pampe, die sie mir immer zu essen gab. Eine einzelne Träne rollte über meine Wange, aber sie gefror auf halbem Weg.
    Plötzlich ging ein Schauer durch Egils Körper und er machte einen Luftsprung. Auf seinem Gesicht erschien ein breites Grinsen, dann griff er nach meiner Hand und zog mich auf die Füße.
    »Aber, Toby, oh, Toby, was meinst du, welche Wunder dich erwarten!«, rief er und schleifte mich über den Schnee. Als ich schließlich meine Füße in die richtige Stellung gebracht hatte, glitt ich dahin wie eine Statue.
    »Magie und Gold und heiße Quellen und Musik und … Fleisch! Rentierfleisch!«
    »Das ist mir egal! Du hast mich reingelegt! Du hast

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