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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Rückstände aus der Universität«, kam die Antwort des Kutschers. »Falls ihr die Kutsche durchsuchen wollt, ich habe extra Handschuhe und Schutzmasken dabei. Auch eine Bestandsliste von Earl Hawkin persönlich.«
    Kurzes Schweigen, dann der nervöse Ruf: »Weiterfahren!«
    Während wir uns wieder in Bewegung setzten, drang das rote Licht der Lavalampen durch die Plane der Kutsche. Ich schloss die Augen und drückte mich in die dunkelste Ecke. Dann, als ich die Augen wieder öffnete, erkannte ich in dem schwachen Lichtschein von draußen, dass der Haufen Metall, der mich verbarg, in Wirklichkeit Gold war, pures Gold.
    Die Kutsche rollte und schwankte über eine holprige Straße und bald hörte ich die Geräusche der Fel-Stadt. Es war wieder Markttag, ich erkannte es an dem lauten Dröhnen der Fel-Instrumente und dem Geschrei der Markthändler. Auch spielende Kinder hörte ich. Ich beneidete sie um ihre ausgedachten Spielwelten, durch die wir nun so heimlich geschleust wurden.
    Jetzt, da die Geräusche der Stadt allmählich verblassten, wagte es Emma, leise mit mir zu reden.
    »Wo bringen die uns hin? Was meinst du?«
    »Keine Ahnung«, flüsterte ich zurück.
    Emma hob die Plane ein Stückchen an. Sie machte große Augen, als sie im hereinfallenden Lichtstrahl die vielen Goldbarren in der Kutsche glänzen sah. Sie stieg über den Berg aus Gold und setzte sich neben mich. Unsere Köpfe berührten die Plane aus Walrosshaut, die uns verbarg. Die Kutsche rumpelte über tiefe Schlaglöcher in der Straße.
    »Was sollen wir tun?«, fragte Emma und zupfte an ein paar vereinzelten Härchen der Walrosshaut. »Sollen wir versuchen zu fliehen?«
    »Fliehen? Wohin denn?«, sagte ich. »Selbst wenn wir bis an die Erdoberfläche kämen, wir stünden mitten auf einem Gletscher.«
    Intensiv betrachtete Emma eines der Walrosshaare.
    »Earl Hawkin hat mir eigentlich ganz gut gefallen«, sagte ich leise und sah sie kurz von der Seite an.
    »Und ich fand Arthur den Thrull nett«, sagte Emma. »Er hat mich an meine Onkel erinnert. Sie tun immer so, als könnten sich Dinge nie ändern, dabei wissen sie, dass es eben doch möglich ist. Dass sich Dinge ändern können.«
    Das Versteck hier in der Kutsche war wie Verkriechen unter der Bettdecke. Ich hatte irgendwie das Bedürfnis, Geheimnisse zu lüften. Ich fand, ich müsse Emma erzählen, was ich wirklich fühlte.
    »Weißt du, Emma, als ich in meinem Rollstuhl saß, habe ich mich oft gefragt, wer ich bin«, sagte ich sachlich. »Ich habe mich gefragt, woher ich stamme. Und auch …«
    Ich unterbrach mich, weil die Kutsche gerade über eine besonders holprige Stelle rumpelte.
    »… was es überhaupt für einen Sinn hat zu leben.«
    Emma sah mich an.
    »Und am Ende wollte ich gar nicht mehr leben.«
    »Aber jetzt willst du!«, sagte sie und erriet meine Gedanken.
    »Jetzt will ich leben wie … wie ein Feuerwerk«, sagte ich, obwohl ich selbst nicht genau wusste, wie ich das meinte.
    »Klar, die ganze Sache mit dem Schwören der Eide hört sich fürchterlich an, und ich weiß auch, dass wir getäuscht worden sind, aber lieber will ich hier kämpfen und sterben als in die Welt der Menschen zurückkehren und ohne jeden Sinn weiterleben.«
    Ich drehte mich zu ihr um. Seit wir uns kannten, war immer sie es gewesen, die sich über all die Ereignisse, die uns überrollt hatten, mehr empört hatte als ich. Nun wollte ich Emma klarmachen, dass ich gerade die beste Zeit meines Lebens verbrachte. Sie schwieg und erst nach einer Weile fing sie leise an zu sprechen.
    »Als ich noch in meinem Dorf lebte«, sagte sie, »fand ich das Leben immer ungerecht. Ich fand es ungerecht, dass meine Mutter drei Meilen laufen musste, um Wasser zu holen. Ich fand es ungerecht, dass böse Menschen mit Gewehren alles bestimmten. Ich habe geträumt …«
    Sie schlug ihre Fäuste aneinander, lachte und schüttelte den Kopf.
    »In meinen Träumen habe ich sie zum Teufel gejagt, diese bösen Menschen. Ich bin einfach ein Tiger geworden …«
    »Ich auch! Ich war auch ein Tiger!«, rief ich.
    »Ich ließ Wasser ins Flussbett fließen, ich ließ das Essen in Dosen auf den Bäumen wachsen. Ich habe gemacht, dass die Männer mit ihren Gewehren nur noch Daumen lutschen konnten.«
    »Und ich war ein Held auf dem Mond«, lachte ich.
    »Auch ich war eine Heldin«, sagte Emma.
    Wir sahen einander an. Ich musste an die sagenhaften Waffen und die Kräfte denken, mit denen sie uns, wenn sie uns die Fel-Magie lehrten, ausstatten

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