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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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eine große Hilfe.«
    »Sorry, Tobes. Ich will damit nur sagen: Streng dich mehr an.«
    »Ich gebe mir die größte Mühe!«, schrie ich, und meine Stimme hallte über das windgepeitschte Moor. »Ich spüre nun mal keine Nebel oder irgendwelche Zwischenräume oder sonst was! Das ist doch alles dummes Zeug! Verstehst du?«
    Egil starrte mich an, dann machte er einen Satz rückwärts und fuhr mit den Händen durch die Luft.
    »Entschuldige«, sagte er, »aber du hast gerade einen heillos verhedderten Luftknoten fabriziert.« Wahrscheinlich wollte er mich zum Lachen bringen, aber ich funkelte ihn nur umso wütender an, erst ihn, dann Emma, als wäre mein Scheitern ihre Schuld.
    »Lass mich allein mit ihm reden, Egil«, sagte Emma.
    Egil machte eine Verbeugung und ging ein Stück zur Seite, wo er etliche Finken um sich scharte und fütterte. Ich weigerte mich lange, Emma anzusehen.
    »Toby …«
    Ich ließ sie nicht zu Wort kommen.
    »Weißt du was, Emma, für jemanden, der noch vor Kurzem die Verwandlung von einer Gestalt in eine andere für die größte Schlechtigkeit und etwas absolut Böses gehalten hat, bist du eine ziemlich eifrige Schülerin«, sagte ich. »Oder du hast dich einfach in den Lehrer verliebt.«
    Ich sah sie an und bemerkte in ihrem Gesicht den Ausdruck von Verletzung, auf den ich gehofft hatte.
    »Toby, sei doch vernünftig!«
    »Nein!«
    »Du musst nur glauben , dass die Sache klappt. Du musst glauben , dass wir uns verwandeln können …«
    »Na klar!«, sagte ich laut genug, dass Egil es hören musste. »Wir verwandeln uns ganz einfach in irgendwelche … Vögel oder sonst was und fliegen davon.«
    »Warum auch nicht?«, sagte Emma. Ich sah sie ungläubig an.
    » Warum nicht? Weil es unmöglich ist! Es ist ganz und gar lächerlich, Menschen können nicht plötzlich …«
    »Wir sind nicht nur Menschen«, sagte sie energisch, und ihre Stimme hörte sich an, als würde irgendwo in der Ferne ein starker Riemen reißen. Einen Moment lang konnten wir einander nicht in die Augen schauen. Ein unerträgliches Schweigen hing zwischen uns, unterbrochen nur von Egils Witt-Witt-Witt-Rufen, mit denen er die ängstlichen Finken lockte.
    »Es ist so ähnlich wie manchmal nachts, wenn im Mondschein ein Zweig wie ein Löwe oder ein Monster aussieht«, sagte sie. »Dann wird auf einmal eine halbe Wahrheit zur ganzen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich glaube es.«
    »Schön für dich«, schnauzte ich.
    »Nimm mal meine Hand«, sagte Emma. Ich zögerte, dann griff ich nach ihrer Hand und sie drückte sie fest.
    »Wenn ich ausgerechnet das tun kann, was ich mein Leben lang gefürchtet habe, kannst du es auch«, sagte sie.
    »Dann erzähl mir wie«, sagte ich und setzte schnell nach: »Aber ohne das Wort Nebel zu benutzen.«
    Emma überlegte einen Moment.
    »Ich glaube, es ist wie … wie wenn man sich etwas vorstellt«, sagte sie.
    »Das ergibt schon mal keinen Sinn.«
    »Wenn du sagst, ich stelle mir vor , dann entsteht um das, was du dir vorstellst – eine Art …«
    »Nebel?«, sagte ich bissig.
    »Also noch mal … starre Dinge rechnen sozusagen damit, dass du sie auflöst. Du weißt einerseits, dass etwas nicht wirklich ist, und doch kannst du es andererseits auf deiner Handfläche spüren …«
    »Quatsch«, sagte ich.
    »Und dann, Toby … das, woran ich mich erinnere, was aber nie passiert ist … das alles hat irgendwie mit meinem Vater zu tun. Vielleicht ist es so, dass ich mich an Dinge erinnere, die er mir mal erzählt hat und an die ich nie wieder gedacht habe. Er hat zum Beispiel gesagt, dass es ganz in Ordnung ist, wenn man seine Seele durchforscht …«
    »Gut und schön, aber ich habe keinen Vater gehabt!«, rief ich und stand von meinem Steinblock auf. »Siehst du, du bist im Vorteil. Du stammst in langer Linie von … Gestaltenwandlern ab. Ich dagegen stehe am Ende einer langen Reihe von Leuten, von denen ich nichts weiß.«
    »In dir ist eine Erinnerung, Toby, an eine Zeit, in der du dich schon einmal verwandelt hast.«
    »Wovon redest du?«, sagte ich.
    »Verstehst du, meine Intuition sagt mir alles Mögliche. Und das ist bei dir genauso, du wehrst dich nur dagegen.«
    Sie sprach mit solcher Überzeugung, dass ich spürte, wie weit sie mit ihrer Kraft, meine Gedanken zu lesen, über mich hinausgewachsen war.
    »Ich kämpfe gegen gar nichts!«, sagte ich.
    Emma öffnete ihre rechte Hand und betrachtete sie. Ihr Wolf heulte lautlos, sein Rücken

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