Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
ihr die Nackenhaare. Man wurde schließlich nicht zur besten Spionin, ohne bestimmte Instinkte zu entwickeln. Und während sie ihre kurze Botschaft überbrachte, läuteten sämtliche Alarmglocken in Femkes Kopf.
»Die Situation, von der ich beim letzen Mal berichtet habe, spitzt sich zu, Eure Kaiserliche Majestät. Die Gerüchte verbreiten sich überall auf den Straßen, und ich befürchte, es wird nicht mehr lange dauern, bis die Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung offen ausbricht.«
Der Kaiser blickte kurz nachdenklich drein. »Das war wohl zu erwarten«, meinte er seufzend. »Hast du sonst noch etwas?«
Femke schüttelte langsam den Kopf. »Nicht zu dieser Angelegenheit, Eure Majestät. Falls Ihr den Aufenthaltsort der thrandorischen Frau und des Paars, das sie befreit hat, erfahren wollt – ich weiß, wo sie sich verstecken.«
»Ausgezeichnet! Wo sind sie?«
»Sie wohnen in einem kleinen Gästehaus in einer Seitenstraße nicht weit von der Arena. Sie haben bisher keine Anstalten gemacht, Shandrim zu verlassen, also ist anzunehmen, dass sie immer noch vorhaben, auch den letzten Thrandorier zu befreien. Möchtet Ihr, dass ich sie verhaften lasse?«
Vallaine dachte einen Moment nach. Er war heute in der Arena gewesen und hatte etwas von einer kämpfenden Frau aus Thrandor gehört, aber da er den echten Kaiser erst nach den letzten Spielen ersetzt hatte, wusste er weder, wie sie in die Arena gekommen, noch wie sie dann befreit worden war. Im Grunde hatte er wenig Interesse an den Kämpfen – außer an dem Thrandorier, den er heute dort erlebt hatte. Der
junge Mann könnte sich noch als sehr nützlich erweisen. Dennoch war es sicher nicht angemessen, diese Leute damit, was sie getan haben mochten, einfach davonkommen zu lassen. Zudem wollte Vallaine nicht riskieren, dass die drei ihm den jungen thrandorischen Kämpfer wegschnappten.
Da kam ihm eine andere Idee.
»Nein«, antwortete er nachdenklich. »Weise ein paar ausgewählte Kollegen an, die Gruppe zu beschatten, aber lass sie noch nicht verhaften. Ich werde später darüber entscheiden, was mit ihnen zu tun ist.«
»Natürlich, Eure Majestät. Und was die andere Sache betrifft, die ich für Euch erledigen sollte, so müsst Ihr Euch keine Sorgen mehr darüber machen.«
»Wirklich?«, meinte der Kaiser gelassen, schenkte sich ein wenig Rotwein ein und nippte kurz an dem Glas. »Wie hast du das angestellt?«
»Wollt Ihr wirklich Einzelheiten hören, Eure Majestät? Ich möchte lieber nichts über solche Dinge erzählen, wenn andere lauschen könnten. Es genügt wohl, wenn ich sage, dass die Tat vollbracht ist.«
»Sicher, Femke, sicher«, erklärte der Kaiser beschwichtigend. »Es beruhigt mich sehr, dass ich solche Angelegenheiten in deine fähigen Hände geben kann. Ich nehme an, du bist womöglich etwas erschöpft nach all diesen Aktivitäten, aber ich habe einen neuen Auftrag für dich. Es ist von großer Bedeutung für die Zukunft Shandars, dass eine bestimmte Person zu mir gebracht wird. Ich traue niemand anderem zu, diese Aufgabe schnell und diskret zu erledigen. Es bedarf jedoch einer recht langen Reise.«
»Das dürfte kein Problem sein, Eure Majestät«, antwortete Femke voll Neugier. Der Kaiser hatte sie noch nie außerhalb von Shandrim eingesetzt. Femke hatte nun schon so lange Zeit in den Schatten der Hauptstadt verbracht, dass sie gar nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, irgendwann einmal weiter
weg gebraucht zu werden. »Wen soll ich herbringen und welche Informationen brauche ich dafür?«
Der Kaiser sah Femke über sein Weinglas hinweg eindringlich an und nahm noch einen kleinen Schluck. Femkes Nackenhaare sträubten sich noch mehr. Was beunruhigte sie nur so? Irgendetwas lief hier ganz schrecklich falsch, aber sie konnte einfach nicht sagen, was es war.
Er stellte das Glas ab. »Sein Name ist Barrathos. Er ist ein sehr großer Mann, der – sagen wir, eine bestimmte Fähigkeit hat, die ich mir gern zunutze machen würde. Wegen dieser besonderen Fähigkeit möchte ich es möglichst nicht an die große Glocke hängen, dass er in den Palast kommt.«
»Selbstverständlich, Majestät«, versicherte Femke. Im Grunde hatte sie nichts verstanden und wollte auch nichts verstehen. Das unangenehme Gefühl, das sie im Gemach des Kaisers überkam, setzte ihr derart zu, dass sie bereitwillig zu allem Ja sagen würde, wenn sie nur bald hier herauskäme.
»Gut. Ich wusste, dass du mich verstehen würdest«, sagte der Kaiser befriedigt.
»Da
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