Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
oder zwei Jahren mit den ersten magischen Formeln beginnen.«
»In ein oder zwei Jahren?« Calvyn war entsetzt. »Das ist doch lächerlich! Ich habe nicht eingewilligt hierzubleiben, um jahrlang mit Theoriewissen ohne jede Praxis vollgepumpt zu werden. Ich beherrsche bereits einige Formeln, und ich hatte mich darauf gefreut, auf dem aufzubauen, was ich bereits gelernt habe.«
»Dann solltest du möglichst schnell die Prüfungen in allen grundlegenden theoretischen Fächern ablegen«, schlug der Schüler vor. »Nur so wirst du für den weiterführenden Unterricht zugelassen.«
»Das verdanke ich dem guten alten Therone Jexis, was?«
Der Junge nickte.
»Also schön. Sag mir, was man für die Prüfungen alles gelesen haben muss«, meinte Calvyn. »Wenn sie Prüfungen wollen, sollen sie Prüfungen bekommen.«
9
»Morgen finden Spiele statt«, sagte Fesha mit leiser Stimme und tat, als sei er wie gebannt von den aufsteigenden Blasen in seinem Bierkrug. »Die Tore der Arena öffnen zur zehnten Stunde und das Eintrittsgeld beträgt drei Kupferpfennige für jeden.«
Derra und Eloise nippten an ihrem Wein und fühlten sich furchtbar unwohl in ihren tief ausgeschnittenen Oberteilen und kurzen Röcken. Es war sicher nicht in ihrem Sinne, dass die meisten männlichen Augenpaare in der Schenke so oft und so lang auf ihnen verweilten, wie es die Höflichkeit zuließ – oft auch länger. Eloise fand ihre Aufmachung schlimmer als die Blicke. Die außergewöhnlich hübsche Gefreite war es gewohnt, angestarrt zu werden. Indes fand Derra, dass die ganze Situation nicht zu ihrem militärischen Rang passen wollte.
»Wenn der Kerl da hinten mir noch einmal zuzwinkert, stech ich ihm die Augen aus und quetsch ihm seine fette rote Knubbelnase platt«, zischte Derra wütend.
Eloise verschluckte sich an ihrem Wein, schnappte sich eine Serviette vom Tisch und versuchte, sich das Lachen möglichst graziös zu verkneifen. Die Aufmerksamkeit der Einheimischen unnötig auf sich zu ziehen, wäre für die drei Thrandorier mit Sicherheit nicht von Vorteil.
Derra warf Eloise einen dieser Blicke zu, für die sie auf der Burg Keevan berüchtigt war. »Was hast du, Eloise? Ist dir der Wein in die falsche Kehle geraten? Brauchst du Hilfe?«, erkundigte sich Derra zuckersüß und betont damenhaft.
Eloise starrte auf Derras Hand, die bereits zu einem Schlag
auf ihren Rücken ansetzte. Es war nicht gut, wenn sie durch ihr Gehuste ungewollt Aufmerksamkeit auf sie lenkte, aber ein Schlag von Derra wäre garantiert noch schlimmer.
»Nein, danke«, krächzte sie also und hielt sich die Serviette vor den Mund. In ihren Augen standen Tränen.
»Ladys, Ladys! Könnten wir bitte bei der Sache bleiben?«, ermahnte Fesha sie leise und grinste dabei. »Vielleicht sollten wir morgen zu den Spielen gehen und herausfinden, wie es um die Sicherheit des Gefängnistraktes bestellt ist. Ich weiß mittlerweile, dass sich die Kerkerzellen unter der Nordtribüne befinden. Auf der Südseite der Arena liegen die Unterkünfte der Profikämpfer und im Westteil sind wilde Tiere eingesperrt.«
»Wilde Tiere?«, fragte Derra erstaunt.
»Ja, Derrania. Bären, Raubkatzen und so was. Offensichtlich werden sie in die Arena gelassen, damit die Kämpfer gegen sie antreten. Das ist alles Teil der Spiele. Aufregend, nicht?«, erzählte Fesha. Er hob leicht die Stimme und bedeutete Derra mit Blicken, dass jemand am Nachbartisch auf ihr Gespräch aufmerksam geworden war.
»Ja, wirklich aufregend, Feshanoire. Und von wo, meinst du, haben wir den besten Blick?«
»Das weiß ich auch nicht so genau …«, erwiderte Fesha unsicher.
»Entschuldigt, aber es war nicht zu überhören, worüber Ihr gesprochen habt«, schaltete sich da ein Mann vom Nebentisch ein. Er war offensichtlich der Grund gewesen, warum Fesha so unpräzise Auskunft gegeben hatte. »Wenn ich Euch in dieser Angelegenheit behilflich sein darf? Ich bin ein großer Anhänger der Spiele und schaue sie mir seit Jahren an. Ihr wart also noch nie in der Arena von Shandrim?«
»Das stimmt, Sir. Wir sind zum ersten Mal in Shandrim und wir haben schon so viel über die Arena und die Spiele gehört. Dort, wo wir herkommen, gibt es so etwas nicht, und
wir dachten, wir sollten uns wenigstens einen Kampf ansehen, solange wir in der Stadt sind.«
»Recht so. Die Spiele gehören meiner Ansicht nach zum Besten, was Shandrim zu bieten hat. Das sollte man auf keinen Fall verpassen. An Eurer Stelle würde ich mich morgen auf die
Weitere Kostenlose Bücher