Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
ertönte lauter Jubel, und eine Wache, die an einer Beobachtungsluke neben dem Tor zur Arena stand, winkte den Kämpfer herbei, der immer noch seine Muskeln dehnte.
»Du bist dran, Charis. Viel Glück!«
Charis nickte und zog sein Schwert. Der Wachmann spähte noch einmal kurz durch die Luke, dann öffnete er das Tor, um Charis in die Arena zu lassen.
Das Tosen der Menge brach über den Vorplatz herein wie eine Flut, und Derra spürte, wie ihr ein plötzlicher Adrenalinstoß durch den Leib fuhr. In wenigen Minuten würde sie durch dieses Tor schreiten und kämpfen müssen. Der Lärm in der Arena war damit, was sie während einer Schlacht erlebte, nicht zu vergleichen. Schlachten waren laut, wild und chaotisch. Aber diesen Lärm hier konnte man beinahe wohlorganisert nennen. Die Leute brachen gleichzeitig in Jubel aus und so entstand im Wechsel mit heftiger, stummer Anspannung ein gewaltiges Crescendo in ohrenbetäubender Lautstärke.
Unerwartet rief die Wache als Nächstes Derra auf. Ihr drehte sich der Magen um.
»Okay, Lady, nun bist du an der Reihe. Viel Glück – du wirst es brauchen.«
Derra knurrte zwischen zusammengebissenen Zähnen und schnappte sich das Schwert und den Dolch, den ihr die Wache hinhielt. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie versucht, den Mann auf der Stelle zu töten, aber ihre Vernunft siegte. Als sich das Tor öffnete, schritt Derra so selbstbewusst wie möglich auf den Kampfplatz.
In der Arena war es hell, viel heller als auf dem Vorplatz. Derra blinzelte und blieb kurz stehen, um sich umzusehen. Ihr Gegner befand sich links von ihr und bewegte sich auf die Mitte der mit Sandstaub ausgelegten Arena zu. Ein junger Mann, bemerkte Derra, der ganz den Eindruck eines gestandenen Arenakämpfers machte.
Der Mann lief auf den Fußballen, und sein federnder Gang strahlte eine Energie und einen Tatendrang aus, der ihn entweder als besonders guten oder als besonders unerfahrenen Kämpfer kennzeichnete. Wenn sie sich ihn so ansah, setzte Derra eher auf das Letztere, aber sie war entschlossen, ihren Gegner nicht zu unterschätzen, bis sich ihre Schwertklingen gekreuzt hätten.
Der Mann zog sein Schwert und salutierte vor der kaiserlichen Loge. Derra hatte nicht die Absicht, hier irgendjemanden zu grüßen, konnte aber nicht widerstehen, einen Blick nach oben zu werfen. Der Kaiser saß leicht vorgebeugt da und musterte Derra. Wahrscheinlich reizte ihn die Vorstellung, eine Frau kämpfen zu sehen.
»Du willst einen Kampf? Den sollst du haben«, knurrte Derra im Stillen und musterte erneut ihren Gegner.
Mit einem verärgerten Knurren stellte sie fest, dass sie es mit einem Linkshänder zu tun hatte. Derra konnte mit beiden Armen effektiv kämpfen, aber sie bevorzugte doch den rechten. Rechtshändig gegen einen linkshändigen Gegner zu kämpfen, war immer eine heikle Angelegenheit. Wenn sie
aber nun gleich den Kampfarm wechselte, würde sie ihn später nicht mehr damit überraschen können. Also trat sie ihrem Gegner mit dem Schwert in der rechten und dem Dolch in der linken Hand entgegen.
Der Mann grüßte sie, indem er mit seinem Schwert laut gegen das kleine runde Schild schlug, das er statt eines Dolches trug. Derra nickte bloß als Antwort auf seine Geste und sprang ihm gleich entgegen, um seine Reaktion zu testen. Das Schwert des Mannes tanzte empor, um sich ihrem entgegenzustellen, und einige Sekunden lang war nur das Klirren der Klingen inmitten des anfeuernden Gebrülls der Menge zu hören.
Gleich in den ersten Sekunden erfuhr Derra genug, um zu erkennen, dass ihr Verdacht stimmte. Der Mann besaß viel ungehobeltes Talent, aber er war so grün hinter den Ohren wie ein junger Frühlingstrieb, der eben durch die Erde stieß. Derra musste sicherlich auf der Hut sein, aber sie wusste nun, dass sie keinem Schwertmeister gegenüberstand.
Mit rasch aufblitzenden Hieben drängte Derra weiter vor und stellte die Verteidigung ihres Gegner in jedem Winkel auf die Probe. Der junge Kämpfer wehrte ihre Schläge im raschen Abtausch ab, und einige seiner Gegenhiebe waren durchaus schnell und gut durchdacht, stellte Derra grimmig fest. Dies war kein Kampf, den Derra in die Länge zu ziehen wünschte.
Plötzlich setzte der Mann zum Angriff an und Derra sah sich einem wahren Hagel schwerer Hiebe gegenüber. Die Schläge kamen schnell, hart und regelmäßig. Derra wehrte sie ruhig ab, obwohl sie zurückgedrängt wurde. Innerhalb weniger Augenblicke hatte sie einen wirkungsvollen Rhythmus für
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