Das verplante Paradies
Entstehung neuen Lebens zum Thema dieser letzten Nacht gemacht hatten, war es nicht richtig, jetzt am Morgen die Begegnung mit dieser Zone des Todes zu suchen, die hinter dem weißen Streifen lag.
Simeon blieb bei ihr, aber seine Augen und seine Gedanken beschäftigten sich mit der unruhigen See.
„Es hat nicht lange gebraucht, um seine Launen zurückzugewinnen“, sagte er.
„Freu dich doch darüber.“
„Nein, das kann ich nicht. Nicht, solange es noch so krank ist, solange seine Bewohner hier an der Küste verenden müssen. Außerdem …“
Er war beunruhigt über diesen plötzlichen Herbst in einer Gegend, die so lange nur Sommer gekannt hatte. Wie schnell würde der Winter jetzt kommen? Zwei Wochen nachdem die Anlage abgeschaltet worden war, wurde das Meer bereits kalt und aufgewühlt? Und da bei blauer Himmel, der keinerlei Umschlag des Wetters erwarten ließ?
Was auch immer geschah, es geschah zu schnell. Die Dinge paßten nicht zueinander, ergaben keinen Zusammenhang.
Unter seinen Füßen spürte er die Straße. Julie hatte ihn wie einen Blinden über die Stufen heraufgeführt und lenkte ihn jetzt in Richtung auf den Yawning Room, der hundert Meter vor ihnen lag.
„Das geschieht alles zu schnell“, sagte er. „Die kalten Nächte und bedeckten Himmel sollten erst später kommen. Sieh dir mal den Himmel an.“
Julie schaute.
„Siehst du eine Änderung? Nein. Warum ist dann hier unten alles anders? Es scheint, als ob die Erde sich von den übrigen Vorgängen im Sonnensystem gelöst hätte. Julie, ich muß mich setzen. Ich spüre, wie die Erde sich schneller dreht unter meinen Füßen.“
Julie blieb stehen. Sie ließ seinen Arm los. Das Pflaster blieb ruhig.
„Ich spüre nichts“, sagte sie. „Hast du im Oktober noch nie blauen Himmel gesehen? Vielleicht ist es schon zu lange her? Der Herbst ist eine Jahreszeit der Widersprüche. Der Oktober macht Amerika zu einem völlig anderen Land.“
Er ging jetzt weiter. Sie schob ihre Hände unter seinen Arm, um sich zu wärmen.
Die Tür des Yawning Room war verschlossen. Sie schlugen mit den Fäusten dagegen und keuchten, bis ihnen der Atem wie Dampf vor dem Mund stand. Schließlich öffnete Joe.
„Bitte lassen Sie mich in Ruhe“, sagte er. „Ich muß hier raus .“
„Wieso?“
„Du meine Güte, haben Sie es nicht gehört? Nein, vielleicht wissen Sie es nicht. Sie waren –“
„Nun sagen Sie es schon, Joe. Kein Grund zur Verlegenheit – wir sind immer noch dieselben. Wenn Sie nur gerade Zeit genug hätten, uns ein bißchen Suppe oder Kaffee oder sonstwas zu geben, wir sind völlig durchfroren.“
„O. K. Ich –“ Er schaute hastig auf die Uhr und drehte dann sein Radio an. „Ich mache Ihnen die Suppe warm, aber wir haben nicht mehr viel Zeit …“ Mit ungewöhnlicher Eile verschwand er im Hinterzimmer.
Sie wandten ihre Aufmerksamkeit dem Radio zu.
„Sie spielen nur Musik “, rief Simeon.
Dann brach die Musik plötzlich ab.
„Hier ist Station KZ – NY“, sagte der Sprecher. „Der neueste Wetterbericht liegt jetzt vor. Die Wetterzentrale Ventura hat die Ankunft des Hurrikans Alma jetzt für 15 Uhr 30 vorausgesagt. Die Meldungen der automatischen Wetterbojen lassen erwarten, daß die Wellen eine Durchschnittshöhe von ca. 8 Metern erreichen werden, wenn sie das Festland erreichen.
Alle Einwohner werden aufgefordert, sich mit den Bekanntmachungen des Weather Bureaus vertraut zu machen, die in den Küstenorten angeschlagen worden sind, und alle Anweisungen genau zu erfüllen. Zur Zeit werden Truppen in die gefährdete Zone verlegt, die eine Evakuierung derjenigen organisieren, die das Gebiet zu verlassen wünschen, und Schutzräume für die anderen bereitstellen sollen. Bleiben Sie auf dieser Wellenlänge und hören Sie unseren detaillierten Bericht in dreißig Minuten …“
Als sie aufschauten, stand Joe hinter der Bar. Aber keine Suppe.
„Sie steht noch auf dem Herd“, sagte er. „Und Sie wissen jetzt genausoviel wie wir alle.“
Simeon war auf seinem Stuhl zusammengesunken, sein Kopf hing herunter. Julie stieß ihn an.
„Was werden Sie tun?“ fragte Simeon.
„Ich haue ab. Wellen von dieser Höhe zermatschen diese Bude hier einfach. Ich nehme alles Bargeld mit und lasse meine Vorräte im Empfangszentrum. Ich werde mir nicht ansehen, was passiert. Der letzte Hurrikan war 1933, und ich war noch ziemlich klein, aber ich hatte fürchterliche Angst. Einer ging knapp an uns vorbei im Jahre 1967 – Mexiko hat ihn
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