Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Etage persönlich dabei? Das könnte man nahezu meinen, so hoch wie die ihren operierten Zinken trägt. Bedröppelt schaue ich auf meinen weit darunter liegenden leuchtenden Knopf und verstehe sofort. Daher weht also der blasierte Wind, ich werde als Vierling abgewertet. Mir wird flau im Magen, aber außergewöhnliche Situationen bewältigt man am besten mit außergewöhnlichen Maßnahmen.
Also räuspere ich mich kurz und ehe ich nachdenken und mich bremsen kann, höre ich mich sagen: "Na so was, habe ich etwa die falsche Etage gedrückt? Oje, das Treffen mit den Vorständen am Wochenende hat mich wohl doch etwas mitgenommen."
Siegesgewiss drücke ich den obersten Knopf. Das Leuchten der Acht steht dem meines hochroten Kopfes in nichts nach und die Bohnenstange lächelt nun schmallippig.
"Ja, das ist jedes Mal eine Farce, vor allem der Schlummertrunk bei Herrn Brunner. Ich glaube dieser Mann schläft nie, was?"
Dabei lacht sie laut und perlend. In meinen Ohren klingt es wie das Scheppern meines alten Weckers, was aber auch am lauten Rauschen meines Blutes liegen kann. Hölzern lache ich zurück und nestle an meiner Bluse, bis wir ihre Etage erreichen und die Frau selbstzufrieden hinaus tänzelt. Ich schaue ihr nach, bis sich die Türen wieder schließen, mit diesem Verlauf hatte ich nicht gerechnet. Ob es sich um die Verwandte eines Vorgesetzten handelte? Angewidert rümpfe ich die Nase, ich halte nicht viel von Vitamin B, hauptsächlich weil ich keines besitze.
Es "plingt" erneut und ich zucke erschrocken zusammen. Zaghaft betrete ich das achte Stockwerk und sehe mich ehrfurchtsvoll um. Seit damals hat sich einiges verändert. Nach meinem beruflichen Abstieg war ich nur selten hier oben und wenn, dann stets in Begleitung, da möchte man natürlich nicht gaffen. Mit skeptischem Blick mustere ich nun ungestört die teuren Skulpturen, edlen Gemälde und den künstlichen Wasserfall. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht, denn es ist auch mein Geld, welches in dieser Firma steckt. Mein Wissen, meine Strebsamkeit, mein Engagement, jawohl. Jeder Handgriff, den ich mache, steuert unmittelbar zum Erfolg der Agentur bei und wenn ich mich hier so umsehe, wird mir auch klar wohin der Rest meines mir zustehenden Gehaltes fließt. Muss der Teppich so edel sein, genügt nicht auch eine Kopie der Bilder und ist in unseren AGBs etwa verankert, dass die teuersten Polstermöbel für die Ausstattung verwendet werden müssen? Ich wette, selbst diese Pflanzen kosten mehr als meine gesamte Büroeinrichtung.
So langsam gewinne ich an Fahrt. Fast wünsche ich mir, dass jemand meinen Weg kreuzt und mich nach meinen Absichten fragt. Dem würde ich etwas erzählen, der würde was erleb…
Hoppla, da kommt Herr Weber um die Ecke. Nichts wie auf die Damentoilette!
Ich sprinte als ginge es um mein Leben und erreiche nur knapp die schützenden Hallen. Keuchend lehne ich mich von innen gegen die Tür. Das war haarscharf. Voller Adrenalin trete ich an die Waschbecken und lasse mir kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Dann will ich das Schicksal nicht weiter herausfordern, nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel schleiche ich zur Tür, um schnellstmöglich diesen gefährlichen Ort wieder zu verlassen. Plötzlich wird es draußen laut und ich lege verstört mein Ohr an die Wand. Was ist das für ein Tumult, der übrigens immer näher kommt?
Fluchtartig flitze ich in eine der Kabinen. Ich fühle mich wie einem James-Bond-Film entstiegen, als ich auf den Rand der Toilette steige und atemlos in die Stille lausche. Mein Rückzug war keine Sekunde zu früh, wie vermutet öffnet sich die Tür und ein Pulk Damen spaziert herein.
"Sagt sie doch zu mir, Ocker kommt diesen Herbst wieder in Mode, pah!"
"Als ob die etwas von Mode verstehen würde."
"Und überhaupt, diese Farbe sieht eher aus wie der Durchfall meines Neffen.”
Neben mir klappen zwei Kabinentüren und ich bete zu Gott, dass mein Versteck unentdeckt bleibt. Das Herz schlägt mir mittlerweile bis zum Hals und es würde mich nicht wundern, wenn der Kragen meiner Bluse dem Pulsieren nachgeben und sich mit einem lauten Ratsch verabschieden würde.
"Wisst ihr eigentlich das Neueste?", kreischt es links aus der Nachbartoilette. Stille breitet sich aus und nur das Klappern von hochhackigen Schuhen hallt durch den Raum.
"Ich habe brandneue Informationen von dem wichtigen Meeting am Wochenende.”
Oha, jetzt wird es interessant. Ich verlagere mein Gewicht nach vorn und warte auf weitere
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