Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
schaute sie mich an und meinte bestimmt: "Mein Onkel bevorzugt vor zwölf Uhr nur Tee, aber woher sollten Sie das auch wissen?"
Damit schnappte sie sich die Tasse und eilte in Richtung Vorstandsbüro. Ich blieb allein zurück und begann verwirrt ein paar Krümel mit der Hand zusammen zu fegen. Vor meinem geistigen Auge konnte ich sehen, wie Herr Brunner sein geliebtes Familienmitglied in die Arme schloss und ihr mit fragendem Blick die Tasse aus der Hand nahm. Was das Fräulein Nichte von ihrem Empfang so berichtete, mochte ich mir lieber nicht ausmalen.
Dieser Moment liegt lange Zeit zurück, doch auch jetzt stellen sich mir die Haare bei der Erinnerung daran auf. Zwischenzeitlich wurde unser Fräulein Neumann eingestellt, natürlich auf Grund der überragenden Zeugnisse und Referenzen und nicht etwa, weil sich Mami und Herr Brunner zusammen das Töpfchen teilten. Ich muss mich schütteln, meine Meinung zu dieser Vetternwirtschaft ist nicht die beste.
Doch genug der Vergangenheit, zurück zum Hier und Jetzt und mir, wie ich zitternd auf dem Klodeckel stehe. Während mein Herz lautstark von innen gegen die Rippen pocht, höre ich draußen eine Tür klappen und der Raum atmet auf. Nach ein paar Schrecksekunden beginnen die Gänse wild durcheinander zu schnattern.
"Oje, die hatte uns gerade noch gefehlt."
Meine Rede, denke ich.
"Wieso hat mich keiner von euch gewarnt?", jammert Frau Eber aus der Kabine. "Jetzt rennt sie bestimmt gleich wieder zu Onkelchen Brunner und stellt meine Integrität in Frage."
Die letzten Worte spricht sie näselnd und etwas zu laut, keine Frage im Imitieren ist Frau Eber einfach unschlagbar. Ich grinse und der Geflügelverein
gackert hysterisch.
"Wenn sie auf dem Weg nicht wieder auf ihrem Hintern landet", kichert eine der Damen und erntet lautes Gelächter.
"Nun erzähl endlich die super Neuigkeiten", wispert die Runde jetzt aufgeregt.
"Seid ihr verrückt, nach der Nummer gerade? Nee, das machen wir nachher in Ruhe beim Mittag", entgegnet Frau Eber sichtlich noch beleidigt und der Pulk wandert maulend wieder ab.
So etwas blödes aber auch, denke ich, während ich von der Schüssel klettere. Dies ist nur ein weiterer Grund, Frau Neumann zu hassen. Allerdings hätte es für mich auch weitaus schlimmer enden können.
Als ich mich ein wenig beruhigt habe, lächle ich meinem Spiegelbild zu. Jetzt sollte ich aber dringend gehen, schließlich muss ich der armen Emma noch ihre Zeitung vorbeibringen.
Lieber Gott,
heute war es wieder besonders schlimm. Klara lag den ganzen Tag nur in ihrem kleinen Bett, eingehüllt in dicke Decken, ich weiß nicht ob sie mich überhaupt bemerkt hat. Es braucht meine ganze Kraft, in solchen Momenten nicht die Beherrschung zu verlieren und einfach loszuheulen.
Zum Glück war Frauke an meiner Seite. Sie meint, wir sollen dankbar sein. Dankbar für jeden schönen Augenblick, den wir der Kleinen noch bereiten können. Doch Dank zu empfinden fällt mir schwer. Und mit ansehen zu müssen, wie es Klara stetig schlechter geht, fällt mir noch viel schwerer.
Es macht mich fertig. Und wütend. Ich weiß nicht wie Frauke diese Last tagtäglich auf sich nehmen kann, sie ist so ein wundervoller Mensch.
Lieber Gott, ich weiß, dass ich mir das folgende weder wünschen kann noch darf, aber wenn es dir irgendwie möglich ist, mach bitte, dass Klara wieder gesund wird. Ich weiß, du bekommst täglich Millionen Gebete dieser Art und ich weiß, du kannst nicht jedes Leben retten, aber sie ist doch noch so jung.
So jung. Und sie ist eine von den Guten.
Warum trifft es eigentlich immer die Guten?
Amen.
Pauls Wecker klingelt an diesem Morgen sehr früh. Das blecherne Geräusch wirkt um diese Uhrzeit fremd und er benötigt einige Sekunden, um zu begreifen, wo er sich befindet. Mechanisch stellt er das Schrillen aus und reibt sich stöhnend die müden Augen. Noch vor einem Jahr war er alles andere als ein Frühaufsteher, doch die letzten Monate in seinem neuen Job ließen ihm keine andere Wahl. Inzwischen hat Paul sich ein wenig daran gewöhnt und manchmal kann er die Ruhe am Morgen sogar genießen. Wenn die Dämmerung noch wie ein Schleier über der Stadt liegt und selbst die Vögel zu müde zum Tschilpen sind.
"Autsch!"
Mit schmerzverzerrtem Gesicht reibt Paul sich seinen großen Zeh. Wie gesagt, manchmal genoss er die frühen Stunden sogar, heute ist allerdings kein solcher Morgen. Suchend schaut er sich um. Wo ist bloß seine andere Socke abgeblieben, er hatte seine Kleidung
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