Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
in einem Unternehmen, dessen Kerngeschäft der ständige Wandel in der Gesellschaft ist.
So wehmütig der Abschied von Herrn Lorentz aber auch ist, so groß ist auch die Chance, die sein Ausstieg für Paul bedeutet. Den freien Posten in der obersten Riege gilt es neu zu besetzen und als einer der erfolgreichsten Juniorarchitekten ist Paul guter Hoffnung.
Für einen kurzen Augenblick gibt sich Paul seinen Träumen hin. Ein schönes Büro, mehr Verantwortung und weniger Arbeit, das wäre toll! Der karge Zustand in seinem Liebesleben würde sich wieder normalisieren und von dem zusätzlichen Gehalt könnte er Kim für die Strapazen der letzten Monate entschädigen. Ihm würde da schon etwas Schönes einfallen, zum Beispiel dieser kleine Sportflitzer, von dem Kim schon so lange träumt. Nur zu gerne würde Paul seinem Schatz den Schlüssel hierfür überreichen.
Von dieser Idee beflügelt, startet Paul seinen Wagen und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Als ein schönes Lied im Radio läuft, pfeift Paul lauthals mit und muss über sich selber lachen. Bei näherer Betrachtung gibt es in seinem Leben keinen Grund für Beschwerden. Mit Kim hat er das große Los gezogen und auch sein Job macht ihm Spaß. In wenigen Stunden findet die große Präsentation vor den Vertretern von China-Aerotec statt und womöglich gibt es anschließend sogar etwas zu Feiern. Paul hat hart in den vergangenen Wochen an den Entwürfen des neuen Bürokomplexes gearbeitet und nun summt sein Magen vor nervöser Vorfreude.
Mit Herzklopfen betritt er kurze Zeit später den Eingang von Plan4Good und das Ziehen in seinem Bauch verstärkt sich. Als sich ein flaues Gefühl in seiner Magengegend dazu gesellt, bleibt Paul stehen. Skeptisch betrachtet er die vor ihm liegende Halle. Irgendetwas ist heute anders als sonst, das kann er deutlich spüren. Er kommt jedoch zu keinem Ergebnis.
Mira, die hübsche Dame am Empfang, schaut freundlich auf und grüßt kopfnickend in seine Richtung, während sie weiter in das Telefon spricht. Das kennt Paul schon, Mira ist eben ein wahres Multitasking-Talent. Mit dem Hörer zwischen Schulter und Hals geklemmt, neigt sie sich zur Seite und überreicht Paul seine morgendliche Post. Der knallgelbe Zettel auf der obersten Seite des Stapels springt ihm augenblicklich ins Auge und Paul muss den Inhalt zweimal lesen, um zu begreifen was dort steht. "Aerotec-Telko morgen 05.30 Uhr, Zimmer 3.1. Bitte pünktlich, sehr wichtig!!!"
Ein kalter Schauer kriecht über Pauls Rücken, während er fassungslos auf die Uhr an der Wand starrt. Seit einer Stunde findet DIE entscheidende Telefonkonferenz mit DEM größten und wichtigsten potenziellen Auftraggeber statt und er hat den Termin einfach verschlafen. Harte Arbeit und bitteren Schweiß hat er in zahlreichen Überstunden in dieses Projekt investiert und nun, wo es um die Lieferung der ersten Ergebnisse geht, kommt er zu spät. Warum hat man ihn nicht rechtzeitig informiert? Und woher zum Teufel stammt dieser gelbe Zettel?
Fragend blickt Paul zu Mira, aber die zierliche Dame ist zu sehr in ihr Telefonat vertieft.
"Aber natürlich, Herr Grossmann, das verstehe ich sehr gut. Am besten suchen wie gleich nach einem zeitnahen Termin für Sie."
Unruhig hüpft Paul auf und ab, während er den Anrufer verflucht. Er kann unmöglich warten, bis das Gespräch beendet ist und spurtet kurzentschlossen zur Treppe. Schlagartig wird ihm klar, woher die ungewohnte Atmosphäre rührt: Es ist die Stille. Keine murmelnden Gespräche, nicht ein energisches Telefongeklingel, keine Türen die ins Schloss fallen. Nur diese verdammte Stille. Es scheint als wäre das ganze Haus in der Besprechung. Alle außer Paul eben.
Auf dem Weg in das Sitzungszimmer durchwühlt dieser seine Tasche nach dem Handy. Als er es hervorzieht, blickt er erschüttert auf das schwarze Display und schnaubt laut auf. Das blöde Ding hat offensichtlich mal wieder den Geist aufgegeben, einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte es sich dafür nicht aussuchen können. Paul wird immer wütender. Warum wurde überhaupt ein derart wichtiges Meeting so kurzfristig einberufen, dahinter konnten nur die wankelmütigen Vertreter von China-Aerotec stecken.
Er muss an seinen Chef denken und ihm wird heiß und kalt. Herr Kreisig muss außer sich sein, und das aus gutem Grund! Was sollte dieser dem Kunden auch präsentieren, wenn die neuesten Entwürfe gut verschlossen in Pauls Schreibtisch liegen? Für einen kurzen Moment klammert sich Paul an die
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