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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gestützt und in die schlichte Kleidung der Cluniazenser gehüllt. Ein einfaches Holzkreuz hing um seinen Hals.
    »Seid gegrüßt, Brüder im Herrn«, rief er den Besuchern zu und neigte respektvoll das geschorene Haupt. Er war noch nicht sehr alt, vielleicht dreißig Winter, und seine blassen Züge waren ebenso ausgezehrt wie die der Dorfbewohner, was vermuten ließ, dass er ihr karges Leben teilte. »Ich bin Pater Edwin von der Abtei von Cluny.«
    Mercadier verzichtete darauf, den Kinnschutz seiner coif zu lösen, wie es die Höflichkeit geboten hätte. »Seid auch Ihr gegrüßt, Pater«, erwiderte er durch das Kettengeflecht hindurch, ohne sich oder seine Begleiter namentlich vorzustellen. »Wie kommt es, dass wir hier inmitten der Einöde, fernab von jedem Kloster, einen Anhänger der Bruderschaft von Cluny antreffen?«
    »Der Hirte dient seinen Schafen, wo immer er benötigt wird«, entgegnete der Mönch ausweichend, wobei sein Blick fest auf den Templer gerichtet blieb.
    »Natürlich – und als Hirte all dieser Schafe«, Mercadier ließ seinen Blick über die versammelte Menge gleiten, »seid Ihr wohl auch ihr Wortführer?«
    »Man bat mich, die Verhandlungen mit Euch zu führen, edle Herren«, erwiderte der Cluniazenser erneut ausweichend.
    »Demnach wusstet Ihr, dass wir kommen würden?«
    »Es wurde uns gesagt.«
    »Von wem?«
    Auf Mercadiers Frage hin schien Edwins Gesicht noch ein wenig blasser zu werden. Kathan entgingen nicht die verstohlenen Blicke, die einige der Dorfbewohner dem Pater zuwarfen.
    »Spielt das denn eine Rolle?«, fragte er schließlich. »Ich stehe hier, um Euch zu sagen, dass Eure Mission beendet ist. Es gibt hier nichts für Euch zu tun, meine Brüder.«
    »Wer sagt das?« Gaumardas lenkte sein Pferd nach vorn.
    »Ich sage das«, bestätigte der Mönch unter Andeutung einer weiteren Verbeugung, »und ich bitte Euch in aller Demut, meinen Worten Glauben zu schenken.«
    »Ich bedaure«, entgegnete Mercadier, »wir haben unseren Auftrag vom Großmeister unseres Ordens erhalten, folglich kann nur er ihn für beendet erklären. Sagt uns also, wo sie sich aufhält, Pater, und wir werden nicht …«
    »Sie?« Mit Augen, die vor Staunen geweitet waren, blickte der Mönch an den drei Tempelrittern empor. »Von wem sprecht Ihr?«
    Mercadier holte tief und hörbar Luft. Sein Pferd begann hin und her zu tänzeln, ein Zeichen dafür, dass es den wachsenden Zorn seines Reiters spürte. »Ihr wollt behaupten, Ihr wüsstet nicht, nach wem wir suchen? Nachdem Ihr soeben angedeutet habt, den Grund unserer Mission zu kennen? Wollt Ihr tatsächlich die Sünde einer so offenkundigen Lüge auf Euch laden, Pater?«
    Edwin wirkte verunsichert, schien sich für einen Moment zu besinnen. »Was, wenn Ihr richtig vermutet hättet?«, fragte er dann. »Wenn sich diejenige, nach der Ihr sucht, tatsächlich hier befände? Was dann, Ihr hohen Herren?«
    »In diesem Fall würde ich Euch auffordern, uns die betreffende Person umgehend zu übergeben.«
    »Das kann ich nicht«, entgegnete der Mönch, während die Menschen ringsum enger zusammenrückten.
    »Nein?« Gaumardas lenkte sein Pferd noch weiter vor, sodass es unmittelbar vor dem Cluniazenser stand, und griff mit einer ebenso langsamen wie drohenden Bewegung nach seinem Schwert. »Ich muss Euch sagen, Pater, dass dies ein grober Fehler wäre.«
    »Gaumardas«, rief Kathan ihn zur Ordnung.
    »Was denn?«, wiegelte der andere spöttisch ab. »Ich würde doch niemals Hand an einen Glaubensbruder legen, mein guter Kathan.«
    Auf seinen Stock gestützt, wich Pater Edwin einige Schritte zurück. Dabei konnte Kathan erkennen, dass er das rechte Bein nachzog. Die Beiläufigkeit, mit der er dies tat, verriet, dass er dieses Gebrechen schon lange hatte, vermutlich seit seiner Geburt.
    »Geht, ich bitte Euch«, sagte er, wobei seine Blicke flehend zwischen den drei Templern hin und her huschten.
    »Das werden wir«, versicherte Mercadier, »aber erst, wenn wir bekommen haben, wonach wir suchen.« Kurzerhand drehte er sein Pferd herum und dirigierte es zu einem Dorfbewohner, der eine Fackel in der Hand hielt. Noch ehe der verblüffte Mann reagieren konnte, hatte der Templer ihm bereits die Fackel entwunden und warf sie von sich – geradewegs auf das Dach des am nächsten stehenden Hauses.
    »Nein!«, rief Pater Edwin fassungslos.
    Auch in Kathan stieg blankes Entsetzen hoch. »Was soll das?«, herrschte er Mercadier an, während das Stroh bereits Feuer fing, der klammen

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