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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Kälte zum Trotz.
    »Beschwere dich nicht, Bruder«, beschied Gaumardas ihm lachend. »Du hast uns untersagt, Unbeteiligte zu töten – vom Niederbrennen ihrer Häuser hingegen hast du nichts gesagt.«
    Kathan rang nach Worten. Menschen um diese Jahreszeit ihrer Behausung zu berauben würde sie vermutlich ebenso umbringen wie eine Schwertklinge, es würde nur länger dauern. Der Zorn über seine beiden Mitbrüder, die über der Erfüllung ihrer Mission jedes Mitgefühl verloren zu haben schienen, schoss Kathan in die Adern. Aber noch ehe er reagieren oder auch nur etwas erwidern konnte, überstürzten sich die Ereignisse.
    Augenblicke lang waren die Einwohner von Forêt vor Entsetzen wie erstarrt gewesen, hatten gebannt auf die orangeroten Flammen gestarrt, die aus dem Dach der Hütte schlugen. In diesem Moment jedoch überwanden die ersten ihre Lethargie, und einer von ihnen, ein grobschlächtiger Hüne, der mit einer langen Forke bewaffnet war, ging damit auf Gaumardas los.
    Der Templer hatte auf eine Gelegenheit wie diese nur gewartet. Schon hielt er die Klinge in den Händen und parierte den zwar wütend, aber mit wenig Verstand geführten Stoß. Ein Fußtritt brachte den Angreifer aus dem Gleichgewicht, und noch ehe er die Forke ein weiteres Mal zur Abwehr heben konnte, fuhr Gaumardas’ Stahl nieder und grub sich zwischen Schulter und Hals des Mannes.
    Ein Blutschwall brach hervor, als der Ritter seine Klinge zurückriss, und eine Frau, die nahe bei dem Hünen stand und vermutlich sein Weib war, verfiel in kreischendes Geschrei. Noch während der Verblutende niederging, war Gaumardas’ Schwert ein zweites Mal herabgefahren und hatte einem unbewaffneten Bauern den Schädel gespalten. Die Gurgel des Mannes färbte sich dunkelrot, leblos sank er nieder. Kathan trieb sein Pferd an, wollte es zwischen den wütenden Templer und seine wehrlosen Opfer bringen, aber es gab kein Fortkommen mehr. Die Menge war in Bewegung geraten, der Dorfplatz hatte sich in ein wogendes, schreiendes Chaos verwandelt.
    Einige der Bauern wandten sich zur Flucht, andere gingen zum Gegenangriff über, wobei sie Fackeln, Dreschflegel oder auch nur die Fäuste schwangen. Mit dem Mut der Verzweiflung gingen sie auf die drei Tempelritter los, denen nichts anderes übrig blieb, als sich ihrer Haut zu erwehren – wenn auch mit unterschiedlichem Eifer.
    Während Gaumardas seine blutige Klinge ein ums andere Mal niedergehen ließ und wie ein Berserker um sich hieb, begnügte Mercadier sich damit, jene Bauern abzuwehren, die ihn unmittelbar angriffen. Gnade kannte allerdings auch er dabei nicht. Ein Bauer, der seine Forke gegen ihn erhob, büßte beide Hände ein. Auch Kathan hatte sein Schwert gezogen, aber er vermied es, die Klinge zu gebrauchen. Indem er sein Pferd zur Seite ausbrechen ließ und es auf der Hinterhand herumdrehte, verschaffte er sich Luft und hielt die Angreifer auf Distanz. Einen Bauern, der ihn mit blanken Fäusten attackieren wollte, stieß er mit einem Fußtritt zurück. Wohin er auch blickte, sah er Furcht und Panik, schaute in die Mienen von Menschen, in deren Leben das nackte Grauen getreten war … in Gestalt dreier Tempelherren.
    »Haltet ein! So haltet doch ein!«, rief er ihnen wie seinen beiden Mitbrüdern gleichermaßen zu, aber niemand hörte ihn. Das blutige Handgemenge tobte weiter – und plötzlich sah sich Kathan einem weiteren Angreifer gegenüber.
    Es war Pater Edwin.
    »Warum?«, herrschte der Mönch ihn an, der seinen Stab mit beiden Händen ergriffen und wie ein Schwert erhoben hatte, bereit zum Schlag. »Warum nur konntet Ihr nicht von ihr lassen? Unheil, nichts als Unheil wird aus Eurem Handeln erwachsen, sie hat es vorausgesehen, schon vor langer Zeit!«
    »Es tut mir leid«, knurrte Kathan so leise, dass es durch den Kinnschutz nicht zu hören war. In diesem Augenblick stürzte sich der zornige Mönch bereits auf ihn.
    Wie zuvor wollte der Ritter sein Pferd herumdrehen, um dem Hieb zu entgehen, aber das Tier reagierte nicht schnell genug, und so traf ihn Edwins Schlag. Natürlich durchdrang er den Schutz des Kettenpanzers nicht, die Wucht des Aufpralls jedoch war beträchtlich, und sie brachte Kathan aus dem Gleichgewicht. Er wankte im Sattel, hätte sich jedoch auf dem Pferd halten können – hätte ihn nicht in diesem Moment jemand an seinem Waffenrock gepackt und ihn mit urtümlicher Gewalt aus dem Sattel gezogen.
    Einen Augenblick stand die Welt rings um Kathan kopf, dann landete er hart auf dem

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