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Das Verschwinden der Frauen: Selektive Geburtenkontrolle und die Folgen (German Edition)

Das Verschwinden der Frauen: Selektive Geburtenkontrolle und die Folgen (German Edition)

Titel: Das Verschwinden der Frauen: Selektive Geburtenkontrolle und die Folgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Hvistendahl
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und Spitzenpreise für jedes kleine Stück Geschichte zahlen. Dieses Geld wird Wu dann in Autos und Häuser fließen lassen, um jeden seiner Söhne zu einer guten Partie zu machen. Also bewahrt er im Interesse seiner Söhne die Anstecknadeln, nachdem er sie in mit rotem Samtausgepolsterten Dokumentenmappen verstaut hat, in einer Schublade auf, in der sie vor Licht geschützt sind.
    ***
    Und wie steht es mit den Frauen, die abtreiben? Von Organisationen, die aktiv für die Stärkung der sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen kämpfen, ist häufig zu hören, die Männer seien schuld an der Geschlechtsselektion. Seien doch sie es, die den Sexismus am Leben erhielten und für den Fortbestand der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ungleichheiten sorgten, aufgrund deren Frauen Töchter als Belastung empfinden. Und nicht selten monieren diese Organisationen auch handfestere Formen der Unterdrückung, sprechen von Ehemännern und Vätern, die Frauen brutal unter Druck setzen, damit sie abtreiben. »In Guajarat entscheidet nicht die Frau, ob sie ein männliches oder ein weibliches Kind haben wird«, sagte die Frau an der Spitze einer feministischen Gruppierung in Indien. »Offen gesagt wird sie niemals gefragt, ob sie mit dem Mann ins Bett gehen will oder nicht. Von Entscheidungsfreiheit kann also keine Rede sein. … Es sterben so viele Frauen oder begehen Selbstmord, weil sie Töchter zur Welt bringen. Ehemänner, die ihre Frau wegen der Geburt einer Tochter quälen, sind nichts Ungewöhnliches.« 12
    In Wirklichkeit jedoch machen solche Fälle nur einen kleinen Teil der geschlechtsselektiven Abtreibungen aus, die in Asien vorgenommen werden. In China und Indien, in Südkorea, Vietnam und Aserbaidschan wird die Entscheidung für eine Abtreibung oft von einer Frau getroffen – entweder von der Schwangeren selbst oder von ihrer Schwiegermutter, die ihr eigenes Motiv hat, sich für den Nachwuchs ihres Sohns zu interessieren. In einem Report der indischen nichtstaatlichen Organisation
Centre for Women’s Development Studies
(auf Deutsch etwa: Zentrum für Studien zur Lage der Frauen und deren Entwicklung) wird eine Frau vorgestellt, die ihrem Mann zwei Abtreibungen verheimlichte. Als ihr Mann ihr verbot, den weiblichen Fetus abzutreiben, mit dem sie schwanger ging, versteckte sie sich bei ihren Eltern und kehrte erst, nachdem sie dieProzedur hinter sich gebracht hatte, zu ihrem Mann zurück; die nächste Schwangerschaft verlief nach dem gleichen Szenario. 13 Geschlechtsselektion, das sollte man nicht vergessen, findet in einem gesellschaftlichen Klima statt, in dem jedermann vorwärtskommen will, und Frauen sind gegen Statushunger wohl kaum gefeit, selbst wenn er auf Kosten des eigenen Geschlechts geht. In einem kürzlich in der Zeitschrift
Reproductive Health Matters
abgedruckten Artikel heißt es: »Für Frauen, die in dem Versuch begriffen sind, einen Sohn zu bekommen, und unter dem Druck stehen, ihrer ›weiblichen Pflicht‹ mit der Geburt eines männlichen Kindes zu genügen, kann geschlechtsselektive Abtreibung eine eminente Stärkung ihrer Position bedeuten.« 14 Der andere, eher tragische Aspekt – und da hat eine Frau in Suining viel mit der afrikanischen Großmutter gemein, die ein junges Mädchen niederdrückt, während ihm die Klitoris abgeschnitten wird –, dieser andere Aspekt ist, dass Frauen am besten wissen, wie schwierig es doch ist, eine Frau zu sein.
    In der Beziehung Liao Li/Wu Bing zum Beispiel ist sie diejenige, die das Sagen hat. Die resolute Frau mit der unbestimmbaren Taille und dem kurz gestutzten dünnen Haar behält das Mobiltelefon ihres Mannes ein, wenn der anderswo als Wanderarbeiter beschäftigt ist, sodass er jedes Mal, wenn er telefonieren will, sich aus dem Arbeiterschlafheim hinauswagen muss, um ein Münztelefon zu benutzen. Während meiner Besuche bleibt Wu Bing die meiste Zeit stumm; den Mund macht er nur auf, um die Antworten seiner Frau zu ergänzen. Liao Li sagt mir, dass ihr Töchter lieber sind. »Mädchen sind sehr gut«, meint sie. »Sie sind sanft. Und sie können sich um dich kümmern, wenn du älter bist.« Aber sie lässt durchblicken, dass sie zwei Mal einen weiblichen Fetus abgetrieben hat, weil einen Sohn zu haben unendlich wichtig dafür sei, dass man sein Gesicht wahrt: »Wenn du keinen Sohn hast, verlierst du dein Gesicht.«
    Frauen sind in gewisser Hinsicht ihre eigenen ärgsten Feinde geworden. Erinnern wir uns: Frauenförderung sollte das Los der Frauen

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