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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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ging es um materielle Dinge, um Leistung, um Erfolg. Wie kommt dann aber plötzlich wieder die Stummer ins Spiel? Was ist der Grund, dass er sich von Hatice abwendet?«
    Hölzinger schob nachdenklich die Unterlippe vor. »Vielleicht ist es die Schwangerschaft. Plötzlich merkt er, dass diese Frau ihn nun im Griff hat. Sie erwartet von ihm Verantwortung, Präsenz und Zukunftsplanung – wie seine Eltern. Er will aber endlich frei sein. Da trennt er sich von ihr, denn jetzt ist es doch bequemer, sich mit der Stummer einzulassen. Er geht dadurch dem möglichen Ärger mit seinen Eltern aus dem Weg und denkt, er kann in der lauen Beziehung zur Stummer mehr Abstand und Freiraum für sich erreichen.«
    Stephan verzog die Mundwinkel. »Und was treibt ihn dann wieder von der Stummer weg?«
    Hölzinger antwortete: »Ganz einfach: Er merkt eben doch, dass ihm die Ciftci emotional viel mehr bedeutet und die Stummer ihn zunehmend nervt.«
    In Stephans Ohr hallte die Erinnerung an eine Stimme wider. »Wie hat die Stummer von dem Aufenthaltsort des Kindes erfahren und von wem?«
    Hölzinger stand auf und goss Kaffee nach.
    »Sie hat sich mit Florian Sauer gestritten, nachdem sie von dir auf die Idee gebracht worden ist, dass er ein Verhältnis mit der Ciftci gehabt haben könnte und dass das Kind von ihm ist. Vielleicht gibt er es im Verlauf des Streits mit ihr sogar zu. Er macht reinen Tisch, sagt ihr die Wahrheit, um sie loszuwerden. Konsequenterweise fragt sie ihn, wo das Kind ist. Sie verdächtigt ihn, dass er es ermordet hat, und er sagt ihr, dass es lebt und wo es ist, damit sie endlich Ruhe gibt.«
    »Zu dem Zeitpunkt war das Kind aber längst nicht mehr bei der Schröder. Wenn er es von dort weggeholt hat, wo ist es jetzt? Hat er es doch noch umgebracht?«, fragte Stephan.
    Hölzinger zuckte mit den Schultern. »Irgendwie macht das alles keinen Sinn. Warum hat er es überhaupt an sich genommen? Angeblich wollte er es nicht, da hätte er doch zufrieden damit sein können, dass es weg ist.«
    Stephan nickte. Hölzinger hatte recht. Das war eine Ungereimtheit, der man nachgehen musste. Mit Hölzinger gemeinsam zu überlegen, brachte sie voran. Er sah den Kollegen an.
    »Warum hat Svenja Stummer diese SMS an mich geschrieben?« Hölzinger antwortete sofort: »Sie fühlte sich betrogen und wollte dem Sauer eins auswischen. Also hat sie dir die SMS geschickt. In der Praxis hat er das Handy aus deiner Jacke gezogen, die SMS gelesen und ist zur Stummer und …« Hölzinger fuhr sich mit der Handkante über die Kehle.
    Stephan schüttelte nachdenklich den Kopf. »Dass er die Stummer umbringt, macht nur Sinn, wenn er das Kind umgebracht hat und befürchtet, von ihr verraten zu werden. Aber hätte sie dann eine SMS mit diesem Text geschrieben? In dem Fall hätte sie doch schreiben müssen, dass sie weiß, wer das Kind umgebracht hat. Ihre SMS klingt aber so, als wisse sie, wo das lebende Kind untergebracht ist.«
    »Und wenn die Stummer wusste, dass er auch die Ciftci umgebracht hat? Sie weiß, dass er es war, und hält zu ihm. Als sie erfährt, dass er der Vater des Kindes ist, will sie nichts mehr mit ihm zu tun haben und droht damit, ihn anzuzeigen.«
    »Dann wäre er ihr gleich während des Streits an die Gurgel gegangen. Er hat weder die Ciftci noch die Stummer umgebracht. Ernestine hat Sauers Alibi noch einmal überprüft. Nicht nur dieser Mohamed Irgendwas, sondern auch andere haben ihn im Kino gesehen.« Hölzinger gab noch nicht auf. »Vielleicht gibt es doch eine Lücke?«
    Stephan machte eine abwehrende Handbewegung.
    Hölzinger verzog das Gesicht. Es fiel ihm schwer, sich von seiner schönen Theorie zu verabschieden. Stephan schnippte mit den Fingern.
    »Denk doch einmal anders! Das Kind ist nicht verschwunden, weil jemand es loswerden wollte, sondern weil jemand es unbedingt haben wollte. Um jeden Preis!«
    »Und das bedeutet?«, fragte Hölzinger.
    Stephan atmete hörbar ein. »Es bedeutet, dass es eine Person gibt, die diese starke Motivation hat. Und ich habe einen Plan, wie wir den Fuchs aus dem Bau locken.«
    »Aha, und womit?«
    »Das ist eine gute Frage. Du müsstest Sümeyye um einen großen Gefallen bitten.«

[home]
    Freitag, der 9. November
    H eck ging es wieder ein wenig besser. Er hatte darauf bestanden, mit dabei zu sein. Gemeinsam mit Ernestine Hoff saß er im Auto und wartete unweit des Hauses in der Tulpenhofstraße. Hölzinger hatte sich unter Verwendung von Stephans Stock-Trick bereits Zugang zum

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