Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
als er ihr beinahe einen Arm ausrenkte. Unsanft zog er sie auf die Beine. Den Kopf gesenkt, wehrte sie sich gegen die Panik, die der Atemmangel ausgelöst hatte.
Nach ein paar qualvollen Sekunden füllten sich ihre Lungen langsam wieder mit Luft. Der Griff des Soldaten lockerte sich, während sie mühsam keuchte, die Hände auf ihre Knie gestützt. Schließlich ließ er ihren Arm los und packte ihr Haar.
Ohne Vorwarnung vollführte sie einen tour jeté, sprang in die Luft und wirbelte herum, die hochgereckten Beine parallel zum Boden. Ihr Stiefel prallte gegen das Kinn des Mannes. Die Augen weit aufgerissen, brach er zusammen.
Delanie ließ die reglose Gestalt nicht aus den Augen und wartete, bis sie vollends zu Atem kam. Brennender Schweiß rann ihr in die Augen und lockte alle gottverdammten Insekten von Südamerika an. In ihren Oberschenkeln und Waden brannten die Muskeln wie Feuer.
Aber sie stand auf beiden Beinen.
Und sie hatte gewonnen.
Zumindest diese Runde.
Jetzt musste sie irgendetwas unternehmen, damit der Mann den Mund hielt. Natürlich würde sie ihn nicht töten. Dazu fehlte ihr der Mumm, obwohl es die wirksamste Methode wäre, um ihn endgültig verstummen zu lassen.
Sie steckte sein Messer in einen ihrer Stiefel, dann schleifte sie seinen schweren Körper tiefer ins Unterholz hinein. Sobald sie glaubte, er wäre weit genug von der niedergetrampelten Vegetation entfernt, legte sie ihn ins Moos und holte das Klebeband aus ihrer Segeltuchtasche, die sie hinter dem Baum deponiert hatte. Ohne solche Utensilien konnten manche Frauen nicht leben. Das Klebeband war für alles zu gebrauchen, von Autoreparaturen bis zu Löchern im Pullover. Sie hatte es allerdings nie zuvor benutzt, um einen Mann zu fesseln, dem sie mit einem Ballett-Kick die Sinne geraubt hatte.
Mit zitternden Händen umwickelte sie seine Füße und die Handgelenke. Ein Streifen quer über seinem Mund müsste ihn für eine Weile zum Schweigen bringen. Allmählich flaute der Adenalinrausch ab. Ihr Magen drehte sich um. Unfassbar, was sie soeben getan hatte …
Während sie möglichst schnell zum Bunker zurückrannte, Ranken beiseite schob und über Wurzeln hinwegsprang, verschwammen Baumstämme und Blätter und Sonnenlicht in einem Schwindel erregenden Schleier.
Der plötzliche, atemberaubende Schmerz im Nacken überfiel sie völlig unerwartet. Ihr letzter Gedanke war heißer Zorn.
Dann färbte sich die Welt rabenschwarz.
Fünfzehn
D a gegen ein Uhr zahlreiche Anrufe erwartet wurden, servierten die Dienstboten den Lunch etwas früher. Kyle zog ein Bad im Swimming-Pool von Ehe er stundenlang untätig herumsitzen musste, wollte er einen Teil seiner angespannten, erwartungsvollen Energien abreagieren.
Endlich würde die harte Arbeit der letzten vier Jahre Früchte tragen. Dafür brauchte er einen klaren Kopf und geschärfte Sinne. Jetzt durfte er nicht an eine gewisse Nymphe mit braunen Augen denken. In Monteros kleinem Luftschutzbunker war sie sicher und außerdem klug genug, um dort zu bleiben, bis er sie herausholen würde.
Nach hundert Längen im Pool beruhigten sich seine Nerven, und er traf zur vereinbarten Zeit in einem großen Raum an der Rückfront des Hauses ein, den Montero zum Konferenzzimmer ernannt hatte. Hinter ihm stand der allgegenwärtige Bruno, mit leerem Blick, die Arme vor der Brust verschränkt ein stimmungsvolles Requisit.
Die anderen Mitglieder des elitären Kartells saßen am Tisch, in drückendes Schweigen versunken. Um belanglose Konversation zu machen, misstrauten sie einander viel zu sehr. Aber die allgemeine Vorfreude war fast greifbar. Zigarrenrauch füllte den Raum. Auf den Tisch fiel helles Sonnenlicht und spiegelte sich nach Kyles Meinung höchst signifikant in den Diamantringen an den kleinen Fingern.
»Komm,
amigo
, wir warten nur mehr auf dich. « Einladend klopfte Montero auf einen Lehnstuhl zu seiner Rechten.
Als Kyle in den bequemen, mit Rindsleder bezogenen Sessel sank, kehrte er der gläsernen Verandatür den Rücken. Nicht, dass er an diesem Tag einen günstigen Fluchtweg brauchen würde. Doch die Möglichkeit wäre erstrebenswert. Man kann nie wissen, dachte er ironisch.
Montero eröffnete die Sitzung, und alle spitzten die Ohren. »Inzwischen haben wir fünfundzwanzig Anrufe in der Leitung. « Lächelnd drehte er sich zu Bruno um. »Nimm sie entgegen, in der Reihenfolge, in der sie eingetroffen sind. «
Erstaunlich leichtfüßig eilte der muskulöse Leibwächter zu einem Schreibtisch
Weitere Kostenlose Bücher