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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ein, inwiefern Morinmoss' Niedergang Caer-Caveral nach Andelain vertrieben hatte, und wieso der letzte Forsthüter zum Scheitern verurteilt sein mußte. In ihrem Ursprung war die Macht des Forsthüters ein Ausdruck des Gesetzes, so wie Andelain die Quintessenz des Gesetzes war; und das Sonnenübel war ein Mißbrauch der natürlichen gesetzmäßigen Ordnung des Landes, dem Caer-Caveral zwar Widerstand entgegensetzen, gegen den er sich auf lange Sicht jedoch nicht behaupten konnte.
    Covenant erfuhr, was aus den Ranyhyn geworden war, den großen Rössern, und den Ramen, die ihnen dienten. Als sie das Unheil des Sonnenübels – bereits in seinen kleinsten Anfängen – bemerkt hatten, waren sowohl die Ranyhyn wie auch die Ramen ganz einfach aus dem Land geflohen, an der Küste des Meers der Sonnengeburt entlang nach Süden gezogen, um sichereres Weideland zu suchen.
    All diese Erkenntnisse suchten Covenant bruchstückhaft heim, in blitzartigen Erhellungen, die den zentralen Sachverhalt seiner Situation flüchtig überlagerten. Doch es gab auch Dinge, die er nicht sehen konnte: Dunkelheit herrschte dort, wo Caer-Caveral an seinen Geist gerührt hatte; Verwaschenheit war, wo die Erklärung für Hohls Existenz stak; Leere verbarg den Grund für Lindens Auserwählung. Ein Verlustgefühl packte Covenant; ein Gefühl der Niederlage; die Verheerung des Landes, das er liebte, all die grenzenlose Schädlichkeit des Sonnenübels und der Sonnengefolgschaft waren seine Schuld, gingen auf ihn zurück.
    Er wußte auf die Logik seiner Schuld keine Antwort. Der Stab des Gesetzes war vernichtet – und er war durch ihn vernichtet worden. Wilde Magie war aus seinem Ring geschossen, hatte ihm das Leben gerettet; ein Energieausbruch jenseits aller Einflußnahme oder Beherrschungsmöglichkeit hatte den Stab zerstört, und nichts war übriggeblieben außer den eisernen Enden. Für eine solche Tat verdiente er den Tod. Die nachgerade feierliche Gemächlichkeit seines Verblutens wirkte angemessen und bewunderungswürdig. Sein Pulsschlag drohte zu verebben. Seine Schuld überstieg jedes vorstellbare Maß, stand außerhalb aller Reue, Vergebung und Wiedergutmachung; er besaß keinerlei Mut mehr zum Weiterleben.
    Aber da vernahm er unvermutet in seinem Bewußtsein eine Stimme. Ur-Lord . Es war eine lautlose Stimme, eine Übertragung von Denken zu Denken. Sie kam von Brinn. Covenant hatte noch nie irgendwelche Erfahrungen mit der Gedankenverständigung der Haruchai gesammelt; doch er erkannte den Urheber an der Eindringlichkeit von Brinns Blick. Die Machtentfaltung der Wahrsagung ermöglichte Dinge, die unter anderen Umständen ausgeschlossen gewesen wären. Zweifler. Thomas Covenant.
    Zweifler, ja, sagte sich Covenant. Es ist meine Schuld. Ich trage die Verantwortung.
    Du mußt kämpfen!
    Die Bilder vor Covenant wirbelten und stoben zurück ins Chaos. Verantwortung. Ja. Sie ruht auf mir. Doch er konnte nicht kämpfen. Wie sollte ein einzelner Mensch hoffen dürfen, der Verwüstung einer ganzen Welt etwas entgegensetzen zu können? Aber es waren die Worte der Sonnengefolgschaft, der Gefolgsleute und Wütriche, die derartige Greuel begingen, die von Schuld sprachen. Brinn stemmte sich gegen seine eisernen Fesseln, als wolle er sich lieber die Sehnen zerreißen als aufgeben. Linden lag noch im Kerker, besinnungslos oder tot. Und das Land ... Ach, das Land! Daß es unverteidigt untergehen sollte!
    Kämpfe!
    Irgendwo tief in seinem Innern fand Covenant die Kraft für Verwünschungen. Bin ich denn nichts als ein Leprotiker? Doch nicht einmal Leprotiker mußten kapitulieren.
    Zerfledderte Bilder trudelten durch die Luft. Das scharlachrote Leuchten verglomm, während Gibbon die Wahrsagung beendete. Halt! Er brauchte noch immer Antworten. Was ließ sich gegen das Sonnenübel unternehmen? Er mußte verstehen, wie das Gift in ihm wirkte, wie er es loswerden konnte. In rasender Hast wühlte er gleichsam unter den Bildern, die ihm zusehends entglitten, mühte sich überstürzt ab, sich über das, was er wissen mußte, Klarheit zu verschaffen. Aber es blieb ihm unmöglich. Auf einmal konnte er nichts mehr sehen als die Schnittwunden, die an seinen Handgelenken klafften, den Blutstrom, der sich bereits gefährlich verlangsamte. Die Gefolgsleute entzogen ihm die Vision, bevor er die Erkenntnisse gewinnen konnte, die er am dringendsten benötigte. Sie verringerten ihren Aufwand an Energie ... Nein, sie verringerten ihn nicht, sie veränderten die Energie,

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