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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Verzückung seinen Stab in die immer größere Blutlache und fing sorgsam an, rund um Covenant auf dem Fußboden rote Linien zu ziehen. Teilnahmslos wie ein Sinnbild der Trostlosigkeit beobachtete Covenant, wie der na-Mhoram ihn mit einem Dreieck aus seinem eigenen Blut umgab. Der Gesang verstärkte sich zu deutlichen Worten, und Covenant konnte nicht verhindern, daß er sie verstand.
     
    »Macht und Blut, Blut und Flammen,
    Viel Wahrsag-Gesichte ohne Namen:
    Wahrheit so tief wie Schwelgenstein,
    Zeit und Gescheh'n soll'n zu sehen sein.
     
    Fliehe, Zeit, und weiche, Raum,
    Nichts trübe diesen wahren Traum.
    Blut enthülle aller Lüge Verderben:
    Wir wollen Wahrheit oder sterben.«
     
    Als Gibbon das Dreieck vollendet hatte, trat er zurück und hob seinen Eisenstab. Aus dessen oberem Ende schoß dunkelrote, übermächtige Glut.
    Und schlagartig überkam eine Vision Covenant. Er verlor jedes Bewußtsein seiner selbst. Die Flammen rings um ihn loderten unheimlicher, viel zwingender als zuvor; seine Arme fühlten sich so schwer wie Mühlsteine an; der Gesang glich dem wuchtigen Pochen seines Herzens. Aber hinter den Wällen und dem Stein, die er so gut kannte, wirbelten andere Ausblicke, strudelten andere Erkenntnisse, zerrten mit der Gewalt eines Mahlstroms an seinem Geist. Zuerst bestand die Vision aus undurchschaubarem Chaos. Bilder flatterten am Katafalk, an den Gefolgsleuten vorüber, brachen mit dermaßen fiebriger Flüchtigkeit über Covenant herein und zerfielen, daß er nichts davon begriff. Doch sobald er sich in seiner Bedrängnis ganz ihnen hingab, sich in den Mittelpunkt ihres Kreiselns ziehen ließ, gewannen einige von ihnen plötzlich an Klarheit.
    Als erhielte er drei Faustschläge, sah er Linden, Sunder und Hollian. Sie befanden sich in Zellen des verborgenen Kerkers. Linden lag, bleich wie der Tod, reglos auf ihrer Pritsche. Im nächsten Augenblick waren diese Bilder verschwunden. Mit einem Ruck, der Covenant bis ins Mark seiner Knochen drang, sammelte sich das Chaos um einen Brennpunkt. Vor ihm erschien der Stab des Gesetzes. Er erblickte Stätten und Ereignisse: Schwelgenstein durchs Heer des Verächters belagert; Fouls Hort, wie er zerbarst und ins Meer stürzte; Glimmermeres Wasser, die sich teilten und Loriks Krill aufnahmen. Er sah Gesichter: die tote Elena in Ekstase und Grauen; Hoch-Lord Mhoram, wie er den Krill schwang, um den Körper eines Wütrichs zu erschlagen; Schaumfolger, der froh dem Tod ins Angesicht lachte. Und hinter alldem sah er stets den Stab des Gesetzes. Durch alles und in allem eingeschlossen den Stab. Zerstört worden durch eine unbeabsichtigte Entfeßlung wilder Magie, als die tote Elena gezwungen gewesen war, ihn wider das Land zu verwenden.
    Indem er wie ein Selbstmörder in einem Dreieck aus Blut kniete, durch eherne Pein an den Steinboden geheftet, während das Leben ihm aus den Handgelenken sickerte, schaute Covenant die Vision.
    Der Stab des Gesetzes. Vernichtet.
    Die Wurzel all dessen, was er wissen mußte.
    Denn der Stab des Gesetzes war von Berek Halbhand geschaffen worden, um ein Werkzeug zu haben, mit dem sich das Gesetz des Landes aufrechterhalten, sich ihm dienen ließ. Er hatte den Stab aus einem Ast des Einholzbaumes gefertigt, um eine Möglichkeit zu besitzen, zur Verteidigung des Wohlergehens allen Landes, zur Bestärkung der natürlichen Ordnung des Daseins die Erdkraft anwenden zu können. Und weil die Erdkraft die Macht der Mysterien und des Geistes war, verwandelte sich der Stab in die Sache, der er diente. Er war das Gesetz; im Stab fand das Gesetz eine Verkörperung. Das Werkzeug und sein Zweck wurden eins. Und der Stab war vernichtet worden. Dieser Verlust hatte das Gesetz bis in sein innerstes Gefüge geschwächt. Eine seiner entscheidendsten Stützen entfiel, und das Gesetz geriet ins Wanken. Aus dieser Saat waren sowohl das Sonnenübel als auch die Sonnengefolgschaft hervorgegangen. Gemeinsam waren sie entstanden, sie errangen gemeinsam die Herrschaft über das Land, zusammen gediehen sie.
    Nach dem Untergang von Fouls Hort hatte sich der Großrat der Lords zu Schwelgenstein jahrhundertelang bis zur höchsten Blüte entfaltet. Zunächst geführt von Hoch-Lord Mhoram, dann durch gleichermaßen hingebungsvolle und idealistisch gesinnte Nachfolger, hatte der Großrat die Richtung und den Sinn seines Wirkens und Strebens gewandelt. Mhoram war zu der Einsicht gelangt, daß die Kenntnisse der Sieben Kreise des Wissens, der von Kevin Landschmeißer

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