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Das verwunschene Tal

Das verwunschene Tal

Titel: Das verwunschene Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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schlüpfte hinein. Waffen schlugen gegen Mauerwerk und Holz. Überall standen Weinfässer und lange Regale mit umgedrehten Krügen.
    Ein etwa fünfzigjähriger Mann schob einen armdicken Eisenriegel vor und wandte sich an die alte Frau. Er flüsterte: »Ich habe schon gehört, dass Caer überfallen werden. Ich dachte an Dhorkan... aber wer bist du?«
    Sie legte die einzelnen Waffen auf Tische und lehnte sie gegen Fässer. Hier befand sich bereits ein kleines Waffenarsenal. Sie ließ sich nicht stören, und erst als sie fertig war, schlug sie im Licht der dicken, tropfenden Kerze den Umhang zurück.
    Der weißhaarige Mann starrte unsicher in ein schmales Gesicht. Graues Haar war mit hölzernen Kämmen hochgesteckt und bildete im Nacken einen Knoten. Bernsteinfarbene Augen blitzten ihn an. Er kannte diese mandelförmigen Augen! Aber die Haut des Gesichts, das durch die starken Wangenknochen und das energische Kinn harte Konturen erhielt, war braun und grau wie das einer alten Frau. Im rechten Ohrläppchen war ein nicht zu übersehendes Loch, in dem einmal ein goldener Ring.
    Er hob den Kopf und flüsterte erschrocken: »Königin Elivara!«
    Sie nickte und lächelte kurz. »Ich bin es. In dieser Maske wird mich kein Caer aufhalten. Wie du siehst, hat die Verkleidung ihr Gutes. Wo sind die anderen?«
    »Woher weißt du.?« stotterte der Bruder des Wirtes, einer der treuesten Männer, einer, der bis zuletzt an den Mauern gefochten hatte.
    »Ich habe euch genau beobachtet. Es verschwinden so viele Männer im Haus nebenan. Weißt du etwas von Dhorkan?« »Nein. Wir sind zehn Männer. Hier ist der Treffpunkt. Sie sind in allen Teilen der Stadt unterwegs. Interessante Dinge erzählen sie, Königin. Nahe Fordmore geht etwas vor!«
    »Auch ich habe davon gehört. Noch diese Nacht sehe ich es mir an.«
    Die Färbung der Haut und die Runzeln, die sie alt erscheinen ließen, stammten von Kräutersäften. Das Wissen über die Blätter, Wurzeln und Früchte hatte Elivara von ihrer Amme. Sie trug keinen Schmuck. Er war unter der Nordmauer vergraben. Der Schenkenwirt zapfte einen silbernen Becher seines besten Roten ab und reichte ihn der Königin.
    »Was weißt du von Hester, außer dass er die Königsmarionette von Feithearn, diesem Schakal, ist?«
    »Nichts, Königin. Er hat, soviel wir wissen, Schloss Fordmore nicht verlassen. Das Schloss wird stark bewacht.«
    »Ich weiß. Ich bin seit Tagen in der Stadt. Aber ich konnte mich dem Schloss nicht nähern. Ich habe sieben Männer, die mir helfen.«
    »Dann sind wir siebzehn. Achtzehn mit dir!« sagte der breitschultrige Mann. Auch ihm waren die Runen der Sorge ins Gesicht gegraben. »Für eine Armee im Untergrund ist das verdammt wenig.«
    »Mit der Zeit werden mehr Krieger zu uns stoßen. Aber wir werden die Caer nicht aus Nyrngor jagen, sondern wir wollen ihnen den Aufenthalt zur bleibenden Erinnerung werden lassen. Zur sehr bösen Erinnerung!« Elivara trank den Wein in großen Schlucken. »Hat der Keller noch einen Zugang?«
    »Ja. Einen Fluchtweg. Dort, hinter dem großen schwarzen Fass. Willst du hier schlafen?«
    »Ist es sicher?«
    »Ja. Noch. Ich bin den Rest der Nacht hier. Komm, wann du willst, und klopfe wieder in der gleichen Weise!«
    Elivara leerte den Becher, nickte dem Wirt dankend zu und verließ den Keller. Sie sicherte nach allen Seiten, ehe sie das halb ausgebrannte Haus verließ. Dann schlug sie den Weg nach Fordmore ein. Über ihr flatterte ein Schwarm Wasservögel zielbewusst über die Dächer. Es schien, als hätten Elivara und die Vögel dasselbe Ziel.
    Seit der Ritter Coerl O'Marn mit seinen besten Kriegern die Stadt verlassen hatte, waren zwei Änderungen deutlicher geworden: Solange er auf seinem schweren Ross durch die Gassen sprengte, gab es so etwas wie Zucht und Ordnung auch für die Sieger. Jetzt aber leisteten sich die Soldaten Übergriffe. Sie verhielten sich wie der neue Herrscher über Nyrngor. Dieser Herrscher hieß Feithearn.
    Das alles wusste Elivara längst. Auch dass der Dämonenpriester ein grausames Verhältnis zu den Beherrschten hatte, konnte niemandem entgehen. Jeder seiner Befehle, die im Namen Hesters in den Gassen verkündet wurden, bestätigte seine Absicht, die Stadt völlig unter seine Gewalt zu bringen. Während Elivara durch die Stadt schlich, sah sie immer wieder Zeichen dafür. Aber auch ferner Lärm wurde lauter. Sie unterschied Kommandos, knallende Peitschen und das Klirren von Steinmeißeln. Zwei Hunde, ein kleiner und ein

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