Das viel zu heiße Spiel
sobald wir deine Sachen eingeladen haben? Er verbringt manchmal ein Wochene nde auf der Ranch und erledigt dort Arbeiten als Ausgleich für sein zusätzliches Training.”
„Natürlich nicht.” So viel also zu dem angeblich selbstsüchtigen Interesse, das Luke an seinen Schülern hatte. So viel aber auch zu ihrem Plan, in einem aufregenden Neglige durchs Haus zu laufen. „Jeremy ist der mit dem finsteren Blick, richtig?”
„Genau den meine ich. Du hast ihm übrigens schon so oft ein Lächeln entlockt, dass du damit einen neuen Rekord aufgestellt hast. Normalerweise zeigt er nur eine finstere Miene oder ein abfälliges Grinsen, bis er jemanden richtig gut kennt.”
„Er ist niedlich. Ich bin aber bestimmt nicht so dumm, ihm das zu sagen.”
„Solltest du es doch tun, macht er dich bestimmt an.”
„Luke!” rief sie betroffen. „Er ist erst zwölf!”
„Er ist nicht wie die Kinder, an die du gewöhnt bist. Er ist unter anderen Bedingungen aufgewachsen. Ein Onkel von ihm sitzt im Gefängnis. Seine Mutter wurde von einem ihrer Freier erschlagen. Sie hat für Jeremy getan, was sie konnte. Mit vierzehn wurde sie schwanger. Als sie fünfzehn war, hat ihre Mutter sie mit dem Baby auf die Straße gesetzt.
Irgendwie ist es ihr ge lungen, Jeremy daran zu hindern, sich einer Gang anzuschließen. Ich weiß nicht, wie sie es angestellt hat - Mut, Liebe, Drohungen, irgendwie.”
Maggie war sprachlos. Und sie schämte sich sogar, als sie sich das Leben dieses Jungen vorstellte. Wie oft hatte sie selbst sich über ihre Eltern beklagt! „Was passierte nach dem Tod seiner Mutter?”
„Seine Großmutter wollte ihn nicht. Daher kam er zu verschiedenen Pflegeeltern. Die ersten Pflegeeltern haben ihn gleich wieder abgeschoben. Sie hielten ihn für unerziehbar.
Jeremy ist zwar voll Wut und Hass, aber er ist kein hoffnungsloser Fall.”
„Wie kommt es, dass du ihm das Reiten beibringst?”
„Zu seinem Glück betreut ihn eine der besten Sozialarbeiterinnen, die es gibt. Sie hat herausgefunden, dass er schon immer reiten wollte, und sie wusste, dass ich über ,Big Brothers’ mit einigen Jungs arbeite. Darum hat sie ihn zu mir gebracht.”
„Er ist ein guter Reiter.” Sie hatte den Jungen auf dem Quarter Horse gesehen, das Luke für den Unterricht bereitstellte. „Er hat eine ausgezeichnete Haltung und ein sehr gutes Gefühl für Bewegung. Allerdings lenkt er das Pferd zu sehr über den Biss.”
„Er saß erst vor zehn Monaten zum ersten Mal in seinem Leben auf einem Pferd.”
„Das ist nicht dein Ernst! Ich dachte, er würde seit zwei oder drei Jahren reiten.”
„Jeremy lebt für die Pferde”, erwiderte Luke stolz. „Reiten ist für ihn alles. Er könnte in die Weltklasse aufsteigen, wenn es ihm die Pearsons nicht verderben.”
„Wer ist das?”
„Seine derzeitigen Pflegeeltern. Gute Leute, würde ich sagen”, räumte er ein. „Sie achten auf ihn, und das braucht er auch. Solange er in der Schule mitkommt und keinen Ärger kriegt, darf er Reitunterricht nehmen. Sie ermutigen ihn allerdings nicht, weil sie fürchten, er könnte sich zu hohe Ziele stecken und enttäuscht werden. Und sie meinen, dass sie sich die Ausgaben nicht leisten können, die mit den Wettbewerben verbunden sind. Dabei verlangt das niemand von ihnen. Ich kann mir das leisten. Sie müssen gar nichts zahlen.”
„Du willst ihn sponsern?” fragte Maggie erstaunt. „Wie weit?”
„So weit er will. Das ist nichts Besonderes, Maggie. Trainer verlangen oft als Ausgleich für ihren Unterricht nur Stallarbeit von ihren Schülern.”
Stimmt, aber Trainer zahlten nicht für das Zaumzeug, den Sattel, das Startgeld, die Reisen und schon gar nicht für das Pferd. Ein gutes Pferd kostete etwa so viel wie ein neues Auto.
„Willst du ihn für Turniere ausbilden?”
„Wenn er möchte. Im Moment arbeitet er mit Samson, aber er interessiert sich fürs Springreiten.” Luke bog in eine Wohnstraße ein. „Damit locke ich ihn, damit er die Grundausbildung macht. Er möchte sich unbedingt im Geländeritt versuchen, ausprobieren, das ja als schwierige Disziplin gilt. Aber je härter, desto besser. Das passt mehr zu einem Macho-Image”, fügte er amüsiert hinzu. „In erster Linie braucht er allerdings eine Menge Training und Erfahrung.”
Maggie nickte. Samson war eine gute Wahl. Er war ein geduldiger Wallach, der sich tadellos verhielt und dabei doch so eigenwillig war, dass der Junge bei ihm eine Menge über den Umgang mit Pferden
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