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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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ist wie ein junger Baum, und die breiten grünen Blätter spenden ihm Schatten vor der Sonnenglut. Er schließt die Augen. Als er sie wieder öffnet, ist das Geräusch sehr viel lauter, und die Luft ist voll von Staub ...
    »Bitte. Bitte.«
    »Du mußt ein letztes Mal dort hingehen. Aber ich bin bei dir. Es ist der einzige Ausweg für dich.«
    ... Verwunderung wird zu Unbehagen, wird zu Furcht, als der kleine Junge ein orangefarbenes Ungeheuer erblickt, das sich zu ihm durchkaut. Das Robotgehirn sucht die Furchen gewissenhaft nach den Signalen ab, die eine sofortige Notbremsung auslösen würden. Aber da ist kein Signal. Die Maschine fährt weiter. Der Junge läuft vor ihr her. Bei dem stetigen Tempo von einem Kilometer pro Stunde, das die Erntemaschine einhält, kann er ihr leicht entkommen ...
    »Sie dachte es sich! Sie sah zur Lunchzeit auf dem Monitor nach mir und fand nur den Hund im Hof, der zwei Signale statt einem aussandte. Sie wußte, ich mußte draußen auf dem Feld sein. Sie rief Daddy an. Er sollte die Erntemaschine anhalten und nach mir suchen, aber er antwortete nicht. Er war außer Reichweite des Farmturms, weil er einen verklemmten Rotor an einer der Antennen reparierte.«
    »Ja. Weiter. Du siehst sie, wie sie mit ihrem Ei nach dir sucht.«
    ... Der kleine Junge rennt weiter, zu unerfahren, um sich klarzumachen, daß er zur Seite, der Maschine aus dem Weg springen müßte, statt direkt vor ihr in der Furche geradeauszulaufen. Er rennt schneller, und er bekommt Seitenstechen. Er beginnt zu wimmern und läuft langsamer. Er stolpert, fällt, steht auf und taumelt weiter. Tränen blenden seine leuchtend blauen Augen. Oben in der Luft schwebt ein Ei über ihm. Er bleibt stehen und schwenkt die Arme, ruft nach seiner Mutter. Die Erntemaschine fährt weiter, schneidet die Stengel dicht über dem Boden ab, zieht sie auf einem mit Dornen versehenen Förderband in ihr Maul, hackt, zerfetzt, pflückt die Körner aus den Kolben, reduziert die Reihen riesiger Pflanzen zu ordentlichen Paketen mit Maiskörnern und feingemahlener Zellulose-Pulpe ...
    »Nein. Bitte, nicht weiter!«
    »Du mußt. Wir müssen. Noch einmal, und dann ist es für immer vorbei. Vertraue mir!«
    ... Das Ei landet, und das Kind steht stockstill. Es wartet darauf, daß die Mutter es rettet, es weint und streckt seine Arme nach ihr aus, die auf ihn zurennt, ihn hochreißt. und das Geräusch wird lauter und lauter, und der Staub umwirbelt sie in der heißen Sonne. Sie zwängt sich schräg durch die zähen, hinderlichen Stengel und drückt das Kind fest an sich, während das große orangefarbene Ding weiterwalzt, Schneidstrahlen und Förderdornen und wirbelnde Messer in vollem Betrieb. Aber die fünfzehn Meter, die sie überqueren muß, sind zuviel. Sie keucht, stemmt den Jungen hoch und wirft ihn, so daß die grünen Maispflanzen und die orangefarbene Maschine und der blaue Himmel sich alle ganz langsam um ihn drehen. Er fällt zur Erde, und die Erntemaschine rumpelt vorüber. Ihr emsiges Klicken übertönt ein anderes Geräusch, das nicht sehr lange anhält ...
    »O Jesus, ich kann sie noch hören bitte nein die Maschine hält und er kommt und schreit mich an mörderisches kleines Tier Cary Cary o mein Gott nein Daddy Daddy Mommy ist gefallen hilf ihr o mein Gott Cary du hast es getan um ihn zu retten und er hat dich getötet und es ist seine Schuld das mörderische kleine Tier nein nein was sage ich denn Gott mein eigener kleiner Junge Steinie es tut mir leid ich habe es nicht so gemeint o Gott Cary Steinie ... Daddy bitte halt mich fest.«
    »Das hat er getan, Stein.«
    »Jetzt weiß ich es.«
    »Du hattest alles gehört? Alles, was er sagte?«
    »Ja. Armer Daddy. Er konnte nicht anders, als es zu sagen. Jetzt weiß ich es. Zornig und verängstigt und hilflos. Ich verstehe. Er hat jedoch den Hund erschossen ... Aber ich brauche keine Angst zu haben. Er konnte nicht anders. Armer Daddy. Ich verstehe. Ich danke dir. Ich danke dir.«
    Stein öffnete die Augen.
    Das Gesicht einer unbekannten Frau war ihm sehr nahe sonnengerötete runde Wangen, eine Stupsnase, forschende indigoblaue Augen, die ein bißchen zu nahe beieinanderstanden. Sie lächelte.
    Er sagte: »und ich brauche auf keinen von uns mehr böse zu sein.«
    »Nein«, antwortete Sukey. »Du wirst dich erinnern und traurig sein können. Aber du wirst imstande sein, es zu akzeptieren. Du wirst nie wieder Schuldgefühle, Furcht oder Zorn über diesen Teil deines Lebens empfinden.«
    Stein

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