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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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war immer noch in Kontakt mit einem anderen Magneten und meldete daher keinerlei Kontaktunterbrechung.
    Rawlings lächelte. Der Wandsafe war ein netter kleiner Hamber, Modell D. Er wußte, daß die Tür aus halbzölligem, zugfestem, gehärtetem Stahl bestand; die Angel war eine senkrechte Stange aus gehärtetem Stahl, die oben und unten von der Tür direkt in den Rahmen überging. Der Sicherheitsmechanismus bestand aus drei gehärteten Stahlbolzen, die aus der Tür ragten und eineinhalb Zoll tief in den Rahmen eindrangen. Innen an der Stahltür war ein zwei Zoll tiefes Weißblechgehäuse mit den drei Verschlußbolzen, dem senkrechten Bolzen zur Steuerung der drei Verschlußbewegungen und das dreischeibige Kombinationsschloß, dessen Vorderseite ihn nun anstarrte.
    Es war nicht Rawlings' Absicht, sich mit all diesen Verschlußraffinessen einzulassen. Es gab einen einfacheren Weg: die Tür von oben bis unten auf der Scharnierseite aufzuschlitzen. Das würde sechzig Prozent der Tür intakt lassen, und zwar den Teil, der das Kombinationsschloß enthielt, sowie die drei Verschlußbolzen, die im Rahmen steckten. Die anderen vierzig Prozent würden so weit aufgehen, daß er die Hand hinein- und den Inhalt herausbrächte.
    Er arbeitete sich in die Diele zurück, wo er seine Champagnerflasche gelassen hatte, und ging mit ihr wieder zum Safe. Auf dem Couchtisch kauernd, schraubte er den Boden der falschen Flasche ab und nahm sein Material heraus. Außer einem elektrischen Sprengzünder, der in einer kleinen Schachtel in Watte gebettet lag, einer Sammlung kleiner Magneten und einer gewöhnlichen Fünf-Ampere-Verbindungsschnur kam eine Länge CLC zum Vorschein.
    Rawlings wußte, daß man eine halbzöllige Stahlplatte am besten nach der Monroe-Theorie aufschlitzt, so benannt nach dem Erfinder des Prinzips der »geformten Ladung«. Was er in der Hand hielt, hieß im einschlägigen Handel »Charge-Linear- Cutting« oder kurz CLC; ein V-förmiges Metallstück, steif, aber gerade noch biegbar, eingebettet in Plastiksprengstoff. In England stellen drei Firmen CLC her, eine staatliche und zwei private. Man erhält es nur mit behördlicher Genehmigung, aber als Berufsschränker hatte Rawlings einen Kontakt in der Person eines bestechlichen Angestellten bei einer der Privatfirmen.
    Schnell und sachkundig fertigte Rawlings die Länge, die er brauchte, und befestigte sie von oben bis unten an der Safetür. In eines der CLC-Enden steckte er den Sprengzünder, aus dem zwei miteinander verflochtene Kupferdrähte ragten. Er entflocht die beiden Leiter und spreizte sie weit auseinander, um später einen Kurzschluß zu vermeiden. An jedem Draht befestigte er eine Litze seiner Verbindungsschnur, die ihrerseits in einem dreipoligen Stecker endete.
    Er spulte die Schnur sorgfältig ab, als er an der Wand entlang in den Korridor ging, der zu den Gästezimmern führte. Der Verbindungsgang würde ihm Schutz gegen die Explosion bieten. In der Küche zog Rawlings einen großen Polyäthylenbeutel aus der Tasche und füllte ihn mit Wasser. Diesen Beutel befestigte er mit Reißnägeln an der Wand über der Sprengladung vor der Safetür. Federkissen, hatte Onkel Albert gesagt, sind für die Katz oder fürs Fernsehen. Es gibt keinen besseren Stoßdämpfer als Wasser.
    Es war zwanzig Minuten vor Mitternacht. Die Party über ihm wurde immer lauter. Selbst in diesem Luxushaus, wo vornehme Ruhe oberstes Gesetz war, konnte er deutlich hören, daß alles tanzte und durcheinanderschrie. Bevor er sich in den Korridor zurückzog, drehte er den Fernseher an. Im Korridor suchte er nach einer Steckdose, versicherte sich, daß der Schalter an seiner Schnur auf »Aus« war und führte den Stecker ein. Dann wartete er.
    Ungefähr eine Minute vor Mitternacht war der Krach über ihm ohrenbetäubend. Plötzlich verstummte er, als jemand »Ruhe« brüllte. Rawlings konnte jetzt den Fernseher hören, den er im Salon eingeschaltet hatte. Das traditionelle schottische Programm mit seinen Balladen und Highland-Tänzen wich einem Bild von Big Ben auf dem Turm des Londoner Parlaments. Hinter der Uhrenfassade war die riesige Glocke Great Tom, die fälschlicherweise oft Big Ben genannt wird. Der Fernsehsprecher plauderte über die Sekunden bis Mitternacht hinweg, während alle Welt im Königreich die Gläser füllte. Dann erklangen die vier Viertelstundenschläge.
    Danach kam eine Pause. Dann BONG, das donnernde Dröhnen des ersten Mitternachtsschlags. Es hallte wider in zwanzig

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