Das vierte Protokoll
Fersen waren und subversive Organisationen infiltrierten. Harcourt- Smith war direkt von der Universität gekommen, mit einem erstklassigen akademischen Grad, war immer in der Zentrale gewesen und auf seinem Marsch durch die Abteilungen stetig die Beförderungsleiter hinaufgeklettert.
Er war wie immer tadellos gekleidet und bereitete Preston einen warmen Empfang. Preston mißtraute der Wärme. Andere, so hieß es, waren ebenso warm empfangen worden und eine Woche später aus der Dienststelle verschwunden. Harcourt- Smith bat Preston, vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen, und setzte sich selbst dahinter. Auf der Schreibunterlage lag Prestons Bericht. »Nun, John, zu Ihrem Bericht. Sie werden natürlich verstehen, daß ich ihn wie alles, was von Ihnen kommt, äußerst ernst nehme.«
»Danke«, sagte Preston.
»So sehr, daß ich einen guten Teil der Feiertage hier im Büro verbracht habe, um ihn wieder und wieder zu lesen und um darüber nachzudenken.«
Preston hielt es für besser, nichts zu sagen.
»Er ist - wie soll ich sagen - ganz schön radikal. Geht in die vollen, wie? Die Frage ist nur, und diese Frage muß ich mir selbst stellen, bevor unsere Abteilung irgendeine Strategie aufgrund Ihres Berichts vorschlägt: Ist das alles absolut wahr? Nachprüfbar? Denn genau das wird man mich fragen.«
»Hören Sie, Brian, ich habe zwei Jahre auf diese Nachforschungen verwendet. Meine Leute haben tief, sehr tief geschürft. Die Tatsachen sind, wo ich sie als solche ausgewiesen habe, absolut wahr.«
»Mein lieber John, ich würde nie irgendwelche Tatsachen in Frage stellen, die Sie eruiert haben. Aber die Folgerungen, die Sie daraus ziehen -«
»Beruhen auf Logik, denke ich«, sagte Preston.
»Eine großartige Disziplin, war einmal mein Studienfach«, spann Harcourt-Smith den Faden weiter. »Aber nicht immer durch harte Beweise untermauert, meinen Sie nicht auch? Zum Beispiel diese Sache da...« Er fand die Stelle im Bericht, und sein Finger fuhr die Zeile entlang. »Das Manifest der britischen Revolution. Ganz schön extrem, das müssen Sie doch zugeben.«
»Stimmt, Brian, es ist extrem. Diese Leute sind wirklich ganz schön extrem.«
»Das steht außer Zweifel. Aber wäre es nicht hilfreich gewesen, wenn Sie Ihrem Bericht ein Exemplar des Manifestes beigelegt hätten?«
»Soweit ich feststellen konnte, gibt es nichts Schriftliches. Es handelt sich um eine Reihe von Absichten, wenn auch sehr konkreten Absichten, in den Köpfen gewisser Leute.«
Harcourt-Smith saugte bedauernd an einem Zahn.
»Absichten«, sagte er, als mache ihm das Wort zu schaffen, »ja natürlich, Absichten. Aber sehen Sie, John, eine Menge Absichten spuken in den Köpfen einer Menge Leute herum, nicht immer sehr freundliche Absichten diesem Land gegenüber. Aber wir können keine Politik, keine Maßnahmen und Gegenmaßnahmen aufgrund dieser Absichten vorschlagen..«
Preston setzte zum Sprechen an, doch Harcourt-Smith stand auf, zum Zeichen dafür, daß die Audienz zu Ende war.
»Hören Sie, John, ich behalte Ihr Papier noch ein Weilchen. Muß es nochmals überdenken und vielleicht ein paar Sondierungen vornehmen, um rauszukriegen, wohin ich es am besten weiterleiten kann. Übrigens, wie gefällt es Ihnen bei F.1. (D)?«
»Großartig«, sagte Preston und stand ebenfalls auf.
»Ich könnte was für Sie haben, wo es Ihnen vielleicht noch besser gefällt«, sagte Harcourt-Smith.
Als Preston gegangen war, starrte Harcourt-Smith minutenlang auf die Tür, durch die sein Mitarbeiter verschwunden war. Er schien gedankenverloren.
Die Akte war lästig und konnte sogar eines Tages gefährlich werden. Die beste Lösung wäre der Reißwolf. Aber das war unmöglich. Sie war in aller Form von einem Sektionschef vorgelegt worden. Sie hatte eine Aktennummer. Er dachte lange und angestrengt nach. Dann nahm er seinen roten Filzstift und beschrieb sorgfältig den Umschlag des Preston-Reports. Er klingelte nach seiner Sekretärin.
»Mabel«, sagte er, als sie hereinkam, »tragen Sie das persönlich in die Registratur hinunter. Sofort, bitte.«
Das Mädchen warf einen Blick auf den Aktendeckel. Er trug über die ganze Breite die Buchstaben KWV und Brian Harcourt- Smiths Initialen. KWV bedeutet in der Dienststelle »Keine weitere Veranlassung«. Der Bericht sollte begraben werden.
2. Kapitel
Erst am Sonntag darauf, dem 4. Januar, erreichte der Inhaber der Wohnung in Fontenoy House die Nummer, die er drei Tage lang stündlich angerufen hatte. Es
Weitere Kostenlose Bücher