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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Kollegen möchte Sie nochmals sprechen«, sagte Banks vorsichtig.
    »Vielleicht am Montag?« fragte Preston. Am Sonntag würde seine Woche mit Tommy enden. Dann mußte er den Jungen nach Mayfair zu Julia bringen.
    »Eigentlich erwartet er Sie schon jetzt.«
    »Wieder auf dem Rücksitz eines Autos?« fragte Preston.
    »Ah, nein. Kleine Wohnung, die wir in Chelsea haben.«
    Preston seufzte.
    »Sagen Sie mir, wo es ist. Ich fahre hin, und Sie gehen inzwischen mit Tommy in der Nähe ein Eis essen.«
    »Muß erst nachfragen«, sagte Banks.
    Er betrat die nahe gelegene Telefonzelle. Preston und sein Sohn warteten beim Auto. Banks kam zurück und nickte.
    »Geht in Ordnung«, sagte er und gab Preston einen Zettel. Preston fuhr los, während Tommy Banks den Weg zu seiner Lieblings-Eisdiele zeigte.
    Die Wohnung war klein und diskret, in einem modernen Häuserblock nicht weit von der Chelsea Manor Street. Sir Nigel öffnete selber. Wie üblich war er ganz altväterliche Höflichkeit.
    »Mein lieber John, wie nett, daß Sie gekommen sind.«
    Wäre ihm von vier Muskelmännern ein Mensch, verschnürt wie ein Brathuhn, angeschleppt worden, er hätte gleichfalls gesagt: »Wie nett, daß Sie gekommen sind.«
    Als sie in dem kleinen Wohnzimmer saßen, brachte der Meister Prestons ersten Bericht zum Vorschein.
    »Aufrichtigen Dank. Außerordentlich interessant.«
    »Aber offenbar nicht glaubwürdig.«
    Sir Nigel warf dem Jüngeren einen scharfen Blick zu, wählte jedoch seine Worte mit Bedacht.
    »Das möchte ich nicht unbedingt sagen.«
    Dann lächelte er flüchtig und wechselte das Thema.
    »Bitte nehmen Sie es Barry nicht übel, ich habe ihn gebeten, ein Auge auf Sie zu haben. Es scheint, daß Sie bei Ihrer Arbeit zur Zeit nicht allzu glücklich sind.«
    »Ich arbeite zur Zeit nicht, Sir. Ich habe Zwangsurlaub.«
    »Wie ich vermutete. Hängt mit irgendwas in Glasgow zusammen.«
    »Haben Sie noch keinen Bericht über die Sache erhalten, die vergangene Woche dort passiert ist? Es ging um einen russischen Matrosen, den ich für einen Kurier halte. Das geht doch zweifellos Sechs an?«
    »Der Bericht wird bestimmt bald kommen«, sagte Sir Nigel. »Würden Sie so freundlich sein und mich ins Bild setzen?«
    Preston fing mit dem Anfang an und erzählte die ganze Geschichte, soweit er sie kannte. Sir Nigel wirkte sehr nachdenklich, und war es auch: Mit einem Teil seiner Aufmerksamkeit nahm er jedes Wort in sich auf, und mit dem anderen Teil stellte er Berechnungen an.
    Sie würden es nicht wirklich versuchen, oder doch? dachte er. Das vierte Protokoll würden sie nicht brechen? Oder doch? Verzweifelte Menschen greifen manchmal zu verzweifelten Maßnahmen, und er wußte aus verschiedenen Gründen, daß die UdSSR auf so manchem Gebiet, in der Nahrungsmittelproduktion, der Wirtschaft und in Afghanistan, in einer verzweifelten Lage war. Plötzlich wurde er gewahr, daß Preston aufgehört hatte zu sprechen.
    »Bitte verzeihen Sie«, sagte er. »Was schließen Sie aus alledem?«
    »Ich glaube, daß Semjonow kein Handelsmatrose war, sondern ein Geheimkurier. Es scheint mir unabweisbar. Er hat alles getan, um das, was er bei sich trug, zu schützen, und sich das Leben genommen, um dem zu entgehen, was er sich unter einem Verhör durch uns vorgestellt haben muß. Warum? Weil man ihm eingeschärft hatte, daß sein Auftrag von entscheidender Wichtigkeit sei.«
    »Leuchtet ein«, gab Sir Nigel zu. »Folglich?«
    »Folglich glaube ich, daß diese Poloniumscheibe für einen Empfänger bestimmt war, der sie entweder bei einem Treff oder aus einem toten Briefkasten bekommen sollte. Das bedeutet, daß dieser Mann sich hier aufhält, in England. Ich meine, wir sollten versuchen, ihn zu finden.«
    Sir Nigel verzog das Gesicht.
    »Wenn er ein Spitzenmann ist, dann könnten wir ebensogut eine Nadel im Heuhaufen suchen«, murmelte er.
    »Ja, das weiß ich.«
    »Um welche Befugnisse hätten Sie nachgesucht, wenn Sie nicht in Zwangsurlaub geschickt worden wären?«
    »Ich glaube, Sir Nigel, daß mit einer einzigen Poloniumscheibe niemand etwas anfangen kann. Was immer der Illegale vorhaben mag, er braucht noch weiteres Zubehör. Nun scheint es, daß derjenige - wer immer das sein mag -, der Semjonow herübergeschickt hat, aus ganz bestimmten Gründen entschlossen ist, nicht die Diplomatenpost der Sowjetbotschaft zu benutzen. Ich weiß nicht, warum, denn es wäre soviel einfacher gewesen, ein kleines bleigefüttertes Päckchen per Diplomatenpost nach England zu

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