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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der dritten Welt bei der Paßkontrolle vorgezeigt werden, kommen bei Leuten aus dem Ostblock niemals vor. Nicht einmal abgelaufene Pässe, die den häufigsten Grund für eine Zurückweisung durch die Einreisebehörde bilden. In den kommunistischen Ländern werden die Pässe der Ausreisenden so gründlich überprüft, daß eine Panne bei der Einreise in England kaum möglich ist.
    »Und somit«, sagte Preston finster, »bleiben nur noch die Nichtüberprüfbaren. Die Handelsmatrosen, die, ohne kontrolliert zu werden, in über zwanzig Handelshäfen an Land gehen; die Besatzungen der schwimmenden Fischfabriken, die jetzt vor Schottland schippern; die Crews der Luftfahrtgesellschaften, die kaum jemals überprüft werden; und die Einreisenden mit Diplomatenstatus.«
    »Ganz wie ich dachte«, sagte Sir Nigel. »Nicht leicht. Haben Sie denn eine Ahnung, wonach Sie suchen?«
    »Ja, Sir. Am Montag habe ich einen Ihrer Jungens nach Aldermaston zu den Atomphysikern geschickt. Nach deren Ansicht dürfte die Poloniumscheibe sich zur Zündung einer Bombe eignen, die zugleich klein, unkompliziert in der Bauart und von relativ geringer Brisanz ist; wenn man bei einem atomaren Sprengkörper überhaupt von >relativ geringer Brisanz< sprechen kann.«
    Er reichte Sir Nigel eine Liste.
    »Das dürften in etwa die Dinge sein, die wir suchen.«
    »C« studierte die Liste der Zubehörteile.
    »Ist das alles, was man dazu braucht?« fragte er schließlich.
    »Für das Baukastenmodell, ja. Ich hatte keine Ahnung, wie einfach die Dinger hergestellt werden können. Abgesehen vom spaltbaren Uran und dem Stahlpanzer könnte das Zeug fast überall versteckt werden, ohne aufzufallen.«
    »Und wie soll es jetzt weitergehen, John?«
    »Ich suche nach einem Bewegungsmuster, Sir Nigel. Die einzige Möglichkeit. Ein Muster aus Ein- und Ausreisen derselben Paßnummer. Wenn ein oder zwei Kuriere verwendet werden, so müssen die häufig ein- und ausreisen und dabei verschiedene Ein- und Ausreiseorte benutzen, wahrscheinlich auch verschiedene Abreiseorte im Ausland; sollte sich dabei ein Muster zeigen, so könnten wir eine landesweite Fahndung nach einer beschränkten Anzahl von Paßnummern auslösen. Es ist nicht viel, aber mehr habe ich nicht.«
    Sir Nigel stand auf.
    »Bleiben Sie dran, John. Ich verschaffe Ihnen Zugang zu allem, was Sie wollen. Inzwischen wollen wir beten, daß, wer immer unser Gegner sein mag, er nur einen einzigen Fehler macht, indem er denselben Kurier mehrmals einsetzt.«
    Aber dazu war Major Wolkow zu gut. Er machte keinen Fehler. Er hatte keine Ahnung, was die Zubehörteile waren, noch wozu sie dienen sollten. Er wußte nur, daß er Befehl hatte, sie sicher nach England zu schaffen und rechtzeitig für eine Reihe von Treffs auf der Insel zu sorgen; er wußte, daß jeder Kurier Zeit und Ort seines ersten Treffs und des Ausweichtreffs im Kopf haben mußte und daß nichts über die KGB-Rezidentura an der Londoner Botschaft gehen durfte.
    Er mußte neun Sendungen und zwölf wohl vorbereitete Geheimkuriere ins Land schmuggeln. Einige der Männer waren keine Profis, das wußte er, aber wenn ihre Tarnung hieb- und stichfest und ihre Reise Wochen und Monate im voraus arrangiert war, wie bei dem Tschechen Lichka, hatte er nichts dagegen.
    Um Generalmajor Borisow nicht durch die Entnahme weiterer zwölf Illegaler und deren Legenden argwöhnisch zu machen, hatte er seine Netze über das Gebiet der UdSSR hinaus ausgeworfen und drei der »Schwester«-Dienste eingespannt: den tschechoslowakischen Geheimdienst StB, den polnischen SB und den alleruntertänigsten und blindlings gehorchenden Geheimdienst der DDR, die Hauptverwaltung Aufklärung, kurz FTVA.
    Die Ostdeutschen hatten gegenüber den Polen und Tschechen in der Bundesrepublik Deutschland, in Frankreich und England einen großen Vorzug. Wegen der ethnischen Identität von Ost- und Westdeutschen und der Tatsache, daß bereits Millionen früherer Ostdeutscher nach Westdeutschland geflohen sind, führt die HVA von ihrer Ostberliner Basis aus weit mehr Illegale im Westen als irgendein anderer Geheimdienst des Ostblocks.
    Wolkow hatte nur zwei Russen einsetzen wollen, und zwar sollten sie als erste hinübergehen. Er konnte nicht wissen, daß einer von ihnen von Rowdys überfallen werden würde, und er hatte keine Ahnung, daß die Lieferung des falschen Matrosen nicht mehr in dem Glasgower Polizeirevier unter Verschluß lag. Er wandte stets dreifache Vorsichtsmaßnahmen an, weil das seiner Natur

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