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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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sich eine Zigarette an, stieg wieder in seinen Wagen und wartete.
    Um elf Uhr klopfte jemand ans Fenster. Der Motorradfahrer. Lundqvist drückte auf den Knopf, und die Scheibe senkte sich zischend.
    »Ja?«
    »Bedeutet das S auf Ihrem Kennzeichen Schweden oder Schweiz?« fragte der Engländer. Lundqvist lächelte erleichtert. Er hatte unterwegs haltgemacht, den Feuerlöscher aus dem Kofferraum entfernt und in einen Rupfenbeutel gesteckt, der jetzt auf dem Beifahrersitz lag.
    »Es bedeutet Schweden«, sagte er. »Ich bin soeben aus Göteborg angekommen.«
    »War nie dort«, sagte der Mann. Dann fuhr er, ohne die Stimme zu heben, fort: »Haben Sie was für mich?«
    »Ja«, sagte der Schwede. »In dem Beutel neben mir.«
    »Mehrere Fenster gehen auf den Parkplatz hinaus«, sagte der Motorradfahrer. »Fahren Sie rund um den Parkplatz ohne anzuhalten an dem Motorrad vorbei und werfen Sie mir den Beutel durch Ihr Fenster zu. Ihr Wagen muß sich zwischen mir und den Fenstern befinden. In genau fünf Minuten.«
    Er schlenderte wieder zu seinem Motorrad und bastelte weiter. Nach fünf Minuten rollte der Saab an ihm vorbei, der Beutel glitt zu Boden; noch ehe der Saab an den Hotelfenstern vorüber war, hatte Petrofski den Beutel aufgehoben und in seiner geöffneten Satteltasche verschwinden lassen. Den Saab sah er nie wieder, und wollte es auch gar nicht.
    Eine Stunde später war er in einer verschlossenen Garage in Thetford, vertauschte das Motorrad gegen das Familienauto und verstaute beide Lieferungen im Kofferraum. Er hatte keine Ahnung, was sie enthielten. Das war nicht seine Sache.
    Am frühen Nachmittag war er zu Hause in Ipswich; die beiden Sendungen lagen im Schrank seines Schlafzimmers. Die Kuriere Nummer zehn und sieben hatten geliefert.
    John Preston hätte seinen Dienst in der Gordon Street am 13. Mai wieder aufnehmen müssen.
    »Ich weiß, es ist frustrierend, aber ich möchte, daß Sie weitermachen«, sagte Sir Nigel Irvine bei einem seiner Besuche. »Sie müssen anrufen und sagen, Sie hätten eine böse Grippe. Wenn Sie ein Attest brauchen, lassen Sie es mich wissen.«
    Am 16. war Preston endgültig klar, daß er so nicht weiterkommen würde. Zoll und Einreisebehörden hatten, obwohl kein landesweiter Großalarm gegeben wurde, das Menschenmögliche getan. Doch das gewaltige Verkehrsaufkommen an der Grenze machte eine intensive Durchsuchung jedes einzelnen Reisenden unmöglich. Es war nun fünf Wochen her, seit der russische Matrose in Glasgow überfallen worden war, und Preston war überzeugt, daß die übrigen Kuriere ihm durch die Lappen gegangen waren. Vielleicht waren sie alle schon vor Semjonow im Land gewesen, und der Matrose war der letzte. Vielleicht...
    Mit wachsender Verzweiflung vergegenwärtigte er sich, daß er nicht einmal wußte, ob es überhaupt einen Stichtag gab, und wenn ja, wann würde er sein?
    Am Donnerstag, dem 21. Mai, legte das Fährschiff aus Ostende in Folkestone an und entließ seine übliche Ladung von Touristen zu Fuß und mit Wagen sowie den donnernden Strom von TIR-Brummis, die das Frachtgut der Europäischen Gemeinschaft von einem Ende Europas zum anderen transportieren.
    Sieben der riesigen Laster hatten deutsche Nummernschilder, denn Firmen aus dem norddeutschen Raum bevorzugen den Hafen Ostende für ihre Lieferungen nach England. Der große Hanomag-Sattelschlepper mit seiner Containerfracht unterschied sich in nichts von allen anderen. Das dicke Bündel Papiere, dessen Durchsicht eine Stunde dauerte, war tadellos in Ordnung, und nichts wies darauf hin, daß der Fahrer etwa für jemand anderen arbeitete als für die Speditionsfirma, deren Name an der Tür des Fahrerhauses aufgemalt war. Auch bestand kein Anlaß zu der Vermutung, der Laderaum könnte etwas anderes enthalten als die im Frachtbrief angegebenen deutschen Kaffeemaschinen für englische Frühstückstische.
    Hinter dem Fahrerhaus ragten zwei dicke senkrechte Auspuffrohre zum Himmel, die die Abgase des Dieselmotors von den übrigen Straßenbenutzern fernhielten. Es war schon Abend, die ermüdete Tagschicht schleppte sich nur noch dahin, und der Laster wurde zur Straße nach Ashford und London durchgewinkt.
    Niemand in Folkestone hatte wissen können, daß in einem dieser senkrechten Auspuffrohre, die beim Verlassen des Zollschuppens dunkle Rauchwolken ausspuckten, ein zweites Rohr steckte, durch das die Gase abzogen, und in dem Getöse der startenden Motore fiel es auch niemandem auf, daß die Auspufftöpfe entfernt

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