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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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oft.
    Während Louis Zablonsky in Belgien war, richtete John Preston sich in seinem neuen Büro in der zweiten Etage ein. Er war froh, daß er nicht aus »Gordon« in ein anderes Gebäude übersiedeln mußte.
    Sein Vorgänger war zum Jahresende ausgeschieden, und der stellvertretende Leiter von C.1. (A), der nur ein paar Tage im Amt gewesen war, hatte zweifellos gehofft, selbst nachzurücken. Doch er trug die Enttäuschung mit guter Haltung und wies Preston in alle Obliegenheiten ein, die hauptsächlich in nervtötender Routine zu bestehen schienen.
    Als Preston am Nachmittag allein war, überflog er die Liste der Regierungsgebäude, die zu seiner Sektion A gehörten. Sie war länger, als er vermutet hatte, aber die meisten Bauten waren nicht sicherheitsempfindlich, es sei denn wegen undichter Stellen, die politisch peinliche Folgen haben könnten. Eine Veröffentlichung von Geheimdokumenten, etwa über geplante Abstriche an den Sozialleistungen, lag immer im Bereich des Möglichen, da die Beamtengewerkschaften viele Mitglieder mit extrem linken politischen Ansichten geworben hatten, aber diese Sorge konnte man im allgemeinen den hauseigenen Sicherheitskräften des Ministeriums überlassen.
    Prestons große Brocken waren das Auswärtige Amt, das Cabinet Office und das Verteidigungsministerium, die sämtlich Material astronomischer Geheimhaltungsstufen bergen. Aber sie verfügen auch alle über recht zuverlässige Sicherheitseinrichtungen, für die hauseigene Teams zuständig sind. Preston seufzte. Er griff zum Telefon und traf eine Reihe von Verabredungen mit den Sicherheitschefs aller wichtigen Ministerien, damit man sich kennenlernte.
    Zwischendurch warf er immer wieder einen Blick auf den Stapel von Unterlagen, den er aus seinem zwei Stockwerke höher gelegenen alten Büro mit heruntergenommen hatte. Während er auf den Rückruf eines der Sicherheitschefs wartete, der gerade nicht erreichbar gewesen war, stand er auf, öffnete seinen neuen Bürosafe und legte die Akten Stück für Stück hinein. Die letzte enthielt seinen Bericht vom Vormonat, seine persönliche Kopie. Abgesehen von dem Exemplar, das, wie er wußte, im Archiv zur letzten Ruhe gebettet war, existierte keine weitere Kopie. Er zuckte die Achseln und legte den Bericht ganz hinten in den Safe. Vermutlich würde ihn niemand mehr sehen wollen, aber er wollte ihn verwahren, als Erinnerung an alte Zeiten. Schließlich hatte er höllisch lang über der Fertigstellung geschwitzt.

 
3. Kapitel
     
    Moskau
    Mittwoch, den 7. Januar 1987 Von: H. A. R. Philby An: Generalsekretär der KPdSU
    Darf ich, Genosse Generalsekretär, zu Beginn ganz kurz die Geschichte der britischen Labour Party skizzieren sowie ihre stetige Unterwanderung und allmähliche Beherrschung durch die Harte Linke im Lauf der letzten vierzehn Jahre.
    Die Partei wurde ursprünglich von der (Labour-) Gewerkschaftsbewegung gegründet, als politischer Arm der erst kurz zuvor organisierten britischen Arbeiterklasse. Von Anfang an verfocht die Partei einen gemäßigten bürgerlichen Sozialismus, der mehr auf Reform ausgerichtet war als auf Revolution. Die Heimat des wahren Marxisten-Leninisten war damals die Kommunistische Partei.
    Wenn auch das Fundament des Marxismus-Leninismus in England immer in der Gewerkschaftsbewegung verankert war, so blieben die »Rechtgläubigen« von jeher aus der Partei ausgeschlossen. Einigen unserer Freunde von der prosowjetischen Linken gelang es zwar, ab 1930, durch Täuschung in die Partei aufgenommen zu werden, doch sie mußten, sobald sie Mitglieder waren, sich äußerst unauffällig verhalten. Andere Moskaufreunde wurden aufgrund ihrer Ansichten gar nicht erst aufgenommen oder aber aus der Partei wieder ausgestoßen. Warum unsere wahren Freunde in England so viele Jahre keinen Zutritt zu Labour, dieser großen Volkspartei, hatten, läßt sich mit zwei Worten sagen: wegen der schwarzen Liste.
    Diese Liste führte die geächteten Organisationen auf; sie verbot jeden brüderlichen Kontakt zwischen der Labour Party und den kleineren Gruppen wahrhaft revolutionärer Sozialisten, den Marxisten-Leninisten. Ferner konnte nach den Bestimmungen dieser schwarzen Liste kein Anhänger der Harten Linken der Labour Party beitreten. Diese Bestimmungen wurden von den diversen Führern der Labour Party fünfzig Jahre lang stur aufrechterhalten.
    Da die Labour Party die einzige Volkspartei der Linken war, die hoffen konnte, in England an die Macht zu kommen, blieb die

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