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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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auf drei Beinen gestanden: den Gewerkschaften, den Wahlkreisverbänden (je ein Verband in den Stimmbezirken, aus denen sich das britische Wahlsystem zusammensetzt) und dem parlamentarischen Flügel, das heißt den Labour-Abgeordneten, die aufgrund der letzten Wahlen ins Unterhaus gekommen sind und aus deren Reihen der Parteiführer kommt.
    Die Gewerkschaften sind von diesen drei Stützen die mächtigste, und dies aus zwei Gründen. Zum einen sind sie die Zahlmeister der Partei, deren Kassen sie mit Abgaben aus der Lohntüte von Millionen von Arbeitern füllen. Zum zweiten verfügen sie auf dem Parteitag über ein riesiges Paket von »Blockstimmen«, die der Nationale Gewerkschaftsvorstand im Namen von Millionen unbefragter Mitglieder abgibt. Mit diesen Blockstimmen kann jeder Antrag durchgebracht und die Zusammensetzung von maximal einem Drittel des allmächtigen Nationalen Parteivorstands bestimmt werden.
    Die stimmberechtigten Gewerkschaftsvorstände sind von grundlegender Wichtigkeit; ihre hauptamtlichen Aktivisten und Funktionäre entscheiden über die Gewerkschaftspolitik. Sie bilden sozusagen die Spitze der Pyramide, gefolgt von den Landesverbandsfunktionären auf der mittleren Ebene und den Ortsverbandsfunktionären auf der unteren Ebene. Die Übernahme einer großen Anzahl von Funktionärsposten durch die Harte Linke war also unerläßlich, und unsere Freunde haben dies inzwischen auch geschafft.
    Ihr größter Verbündeter bei dieser Aufgabe war immer schon die Apathie der weitgehend gemäßigten Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder, denen man nicht zumuten kann, dauernd die Versammlungen der Ortsverbände zu besuchen. Die Aktivisten jedoch, die alles besuchten, konnten Tausende von Ortsverbänden, Hunderte von Landesverbänden und die wichtigsten Nationalen Vorstände vereinnahmen. Zur Zeit verfügen die zehn größten der achtzig an die Labour Party angeschlossenen Gewerkschaften über mehr als die Hälfte der Stimmen der Gewerkschaftsbewegung; neun dieser zehn haben an ihrer Spitze Leute der Harten Linken, gegenüber zwei in den frühen Siebzigern. Das alles haben nicht mehr als zehntausend zielbewußte Männer über die Köpfe von Millionen britischer Arbeiter hinweg zustande gebracht.
    Die Bedeutung der von der Harten Linken beherrschten Gewerkschaftsstimmen wird klar, wenn man bedenkt, daß der sogenannte Wahlausschuß den neuen Parteiführer bestimmt; die Gewerkschaften verfügen in diesem Ausschuß über vierzig Prozent der Stimmen.
    Nun zu den Wahlkreisverbänden. Kern dieser Verbände sind die Allgemeinen Lenkungsausschüsse, die außer der Erledigung der laufenden Parteigeschäfte innerhalb des Wahlkreises noch eine weitere ausschlaggebende Funktion haben: Sie bestimmen den Labour-Kandidaten für das Parlament. In der Zeit von 1973 bis 1983 sind junge Aktivisten der extremen Linken in die Wahlkreisverbände eingezogen, haben durch ihre eifrige Betriebsamkeit bei den langweiligen, spärlich besuchten Versammlungen die altgedienten Funktionäre verdrängt und so allmählich einen Allgemeinen Lenkungsausschuß nach dem anderen erobert.
    Bei dieser Lage der Dinge hatten die weitgehend der Parteimitte angehörenden Abgeordneten, welche die nun von der Harten Linken kontrollierten Wahlkreise vertraten, einen immer schwierigeren Stand. Sie konnten jedoch nicht ohne weiteres verdrängt werden. Um sich ein für allemal durchzusetzen, mußte die Harte Linke die Gewissensfreiheit der Unterhausabgeordneten schwächen und nach Möglichkeit völlig aushöhlen; sie von Sachwaltern der Wählerinteressen zu bloßen Vertretern der Allgemeinen Lenkungsausschüsse umfunktionieren.
    1979 war es soweit. Die Harte Linke drückte in Brighton die Bestimmung durch, nach der die Parlamentsmitglieder jährlich von ihrem Lenkungsausschuß wiedergewählt oder abgewählt wurden. Das bewirkte eine massive Verlagerung der Macht. Eine ganze Gruppe von Vertretern der Mitte verließ Labour und gründete die Sozialdemokratische Partei; andere wurden abgewählt und kehrten der Politik den Rücken; einige der fähigsten Leute der Mitte waren so zermürbt, daß sie resignierten. Doch bei aller Schwächung und Demütigung verblieb dem parlamentarischen Labour-Flügel noch eine vitale Funktion: Er und nur er allein konnte den Parteiführer wählen. Diese Macht mußte ihm unbedingt genommen werden, um die Herrschaft über die drei Pfeiler komplett zu machen. Das geschah, wiederum auf Betreiben der Harten Linken, im Jahr 1981 durch die

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