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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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einer Weile klar, wer die Anruferin war. Sie telefonierte aus einer öffentlichen Sprechzelle in der Notaufnahme des Krankenhauses, und es piepte ständig in der Leitung, während Beryl weitere Münzen einwarf. Als Rawlings begriffen hatte, wer sie war, lauschte er der Mitteilung mit wachsender Verwirrung.
    »Mehr hat er nicht gesagt?... Nur die paar Worte? All right, Liebes, tut mir leid, tut mir wirklich leid. Ich komm' vorbei, wenn die Polente abgezogen ist. Sag, wenn ich irgend etwas tun kann. Oh, und Beryl... vielen Dank.«
    Rawlings legte den Hörer auf, überlegte eine Weile und tätigte dann nacheinander zwei Anrufe. Ronnie, der Mann vom Schrottplatz, kam als erster an, Syd traf zehn Minuten später ein. Beide hatten, wie befohlen, ihr Werkzeug mitgebracht. Es war höchste Zeit gewesen. Eine Viertelstunde später trampelten die ungebetenen Gäste die acht Stockwerke hinauf.
    Blondie hatte den zweiten Auftrag eigentlich nicht übernehmen wollen, aber das Sonderhonorar, das die Stimme am Telefon ihm zugesichert hatte, war zu verlockend gewesen. Seine Spießgesellen und er waren im East End zu Hause und überquerten nur widerwillig die Themse in Richtung Süden. Der unversöhnliche Haß zwischen den Banden des East End und dem Mob aus dem Süden der Hauptstadt ist in der Geschichte der Londoner Unterwelt ein Kapitel für sich, und ein South Ender, der sich ungebeten ins East End begibt oder umgekehrt, kann sich allerhand Unannehmlichkeiten zuziehen. Aber Blondie rechnete fest damit, daß um halb vier Uhr morgens alles reibungslos ablaufen und er nach getaner Arbeit wieder in seinem eigenen Revier sein könne, ehe der Gegner ihn entdeckt hatte.
    Als Jim Rawlings seine Wohnungstür öffnete, schob eine kräftige Hand ihn zurück in den Korridor in Richtung Wohnzimmer. Die beiden Schläger führten den Zug an, Blondie bildete das Schlußlicht. Rawlings ging rasch rückwärts durch den Korridor, bis alle in der Wohnung waren. Als Blondie die Tür hinter sich ins Schloß geworfen hatte, kam Ronnie aus der Küche zum Vorschein und legte den ersten Schläger mit einem Axtstiel auf die Bretter. Syd stürzte aus dem Garderobenschrank hervor und zog dem zweiten Mann eine Brechstange über den Schädel. Beide Besucher gingen zu Boden wie gefällte Ochsen.
    Blondie fummelte fieberhaft am Türschnapper, um hinaus ins sichere Treppenhaus zu gelangen, als Rawlings, der über die am Boden Liegenden hinweggestiegen war, ihn am Nackenfell erwischte und mit dem Gesicht voraus in ein glasgerahmtes Madonnenbild rammte. Es war die engste Berührung mit der Religion, die Blondie je gehabt hatte. Das Glas zerbrach, und Blondies Wangen bekamen mehrere Splitter ab.
    Ronnie und Syd fesselten die beiden Muskelmänner, während Rawlings Blondie ins Wohnzimmer schleifte. Minuten später ragte Blondie, von Ronnie an den Füßen und von Syd an der Taille festgehalten, ein gutes Stück weit aus dem Panoramafenster, acht Stockwerke hoch über dem Pflaster.
    »Siehst du den Parkplatz da unten?« fragte ihn Rawlings. In der dunklen Winternacht konnte der Mann gerade noch die schwachen Reflexe der Straßenbeleuchtung auf den Karosserien sehen, weit, weit unten. Er nickte.
    »In zwanzig Minuten ist da unten alles voller Polente. Stehen rings um eine Plastikplane. Und jetzt rat mal, wer unter der Plane liegt, bloß noch Brei und Lumpen?«
    Blondie, dem klar war, daß seine Lebenserwartung nur noch Sekunden betrug, rief in Todesnot:
    »All right, ich pack' aus!«
    Sie zogen ihn wieder herein und setzten ihn auf einen Stuhl. Er bemühte sich um mildernde Umstände.
    »Hören Sie, Chef, wir wissen doch, wie so was läuft. Ich bin bloß für den Job geheuert worden, ja? Was Geklautes wieder beibringen... «
    »Der alte Mann in Golders Green«, sagte Rawlings.
    »Yeah, also, er sagt, Sie haben's, drum bin ich zu Ihnen gekommen.«
    »Er war mein Freund. Er ist tot.«
    »Tut mir leid, Chef. Hab' nicht gewußt, daß er's am Herz hat. Die Jungs ham ihm bloß ein paar Klapse versetzt.«
    »Du Scheißkerl. Ihr habt ihm sämtliche Zähne eingeschlagen und die Rippen gebrochen. Also, was hast du hier holen wollen?«
    Blondie sagte es ihm.
    »Den was?« fragte Rawlings ungläubig. Blondie sagte es ihm noch einmal.
    »Fragen Sie nich mich, Chef. Ich werd' bloß bezahlt, damit ich'n zurückbringe. Oder rauskriege, was damit passiert is.«
    »Am liebsten«, sagte Rawlings, »würde ich dich und deine Kumpel in die Themse schmeißen, bevor es hell wird, alle drei in

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