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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Betonhöschen neuesten Zuschnitts. Bloß, mir liegt nichts an Zoff. Drum lass' ich euch laufen. Sagt euerm Kunden, er war leer. Vollständig leer. Und ich hab' ihn verbrannt... nur noch ein Haufen Asche übrig. Ihr glaubt doch wohl nicht, daß ich irgendwas aus einem Bruch zurückbehalte? Ich bin doch nicht total verrückt. Und jetzt raus mit euch.«
    Sie waren schon an der Tür, als Rawlings zu seinen Leuten sagte:
    »Schafft sie rüber aufs andere Ufer. Und, Ronnie, gib dieser verdammten Ratte ein Andenken von mir mit, für den alten Mann. O. K.?«
    Ronnie nickte. Minuten später wurde der bewußtlose East Ender, noch immer wie ein Paket verschnürt, auf den Rücksitz des Lieferwagens verfrachtet. Dem zweiten, halb Bewußtlosen wurden die Hände losgebunden, er kam hinters Steuer und mußte fahren. Blondie wurde auf den Beifahrersitz gestoßen, wo er sich zusammenkauerte und die gebrochenen Arme im Schoß barg. Ronnie und Syd folgten ihnen bis zur Waterloo-Brücke, dann machten sie kehrt und fuhren heim.
    Jim Rawlings schwirrte der Kopf. Er machte sich einen Espresso und dachte nochmals über alles nach.
    Er hatte tatsächlich den Diplomatenkoffer auf dem Trümmergelände verbrennen wollen. Aber es war ein so wundervolles handgearbeitetes Stück, das mattglänzende Leder glühte im Licht der Flammen wie Metall. Er hatte den Koffer gründlich auf irgendwelche Erkennungszeichen hin untersucht und keine gefunden. Entgegen seinem besseren Wissen und Zablonskys Warnung hatte er beschlossen, ihn zu behalten.
    Er ging zu einem hohen Schrankfach und holte den Koffer herunter. Diesmal inspizierte er ihn mit der Gründlichkeit des professionellen Schränkers. Es dauerte zehn Minuten, bis er neben den Scharnieren das kleine Plättchen entdeckte, das zur Seite glitt, wenn man mit dem Daumen fest daraufdrückte. Im Innern des Koffers klickte etwas. Als er den Koffer wieder öffnete, hatte der Boden sich an einer Seite ein wenig gehoben. Rawlings löste die Bodenplatte vorsichtig mittels eines Papiermessers und sah, was in dem flachen Hohlraum zwischen dem echten und dem falschen Kofferboden steckte. Mit einer Pinzette fischte er die zehn Papierbogen heraus.
    Rawlings war kein Experte für Regierungsdokumente, aber er sah den Briefkopf des Verteidigungsministeriums, und was TOP SECRET bedeutet, weiß jeder. Er lehnte sich zurück und pfiff leise vor sich hin.
    Rawlings war ein Einbrecher und ein Dieb, aber wie viele Angehörige der Londoner Unterwelt wollte er nicht zulassen, daß jemand sein Land verschaukelte. Es ist Tatsache, daß ein überführter Vaterlandsverräter, genau wie ein Kindsmörder, im Gefängnis in strengstem Einzelgewahrsam zu halten ist, da Berufsganoven einen solchen Zellengenossen womöglich in seine Bestandteile zerlegen würden.
    Rawlings wußte, in wessen Wohnung er eingebrochen war. Die Medien hatten nichts über den Raub gemeldet und würden es aus Gründen, die er erst jetzt verstand, vermutlich auch niemals tun. Also machte er am besten kein Aufheben von der Sache. Andererseits waren die Diamanten nun, nach Zablonskys Tod, wahrscheinlich für immer verloren und mit ihnen sein Anteil am Erlös. Rawlings begann den Mann zu hassen, dem die beraubte Wohnung gehörte.
    Er hatte die Dokumente mit bloßen Händen angefaßt, und er wußte, daß seine Fingerabdrücke kartiert waren. Folglich mußte er die Papiere mit einem Tuch sauber abreiben und damit auch die Fingerabdrücke des Verräters entfernen.
    An diesem Sonntagnachmittag warf er einen neutralen braunen Briefumschlag, wohlversiegelt und überreichlich mit Marken beklebt, in einen Briefkasten am Elephant and Castle. Die nächste Leerung war erst am Montag, und es wurde Dienstag, bis die Sendung beim Empfänger eintraf. An diesem Dienstag, dem 20. Januar, rief Brigadegeneral Bertie Capstick bei John Preston in Gordon an. Die trügerische Jovialität war aus seiner Stimme verschwunden.
    »Johnny, wissen Sie noch, was wir neulich ausgemacht haben? Wenn irgend etwas passiert?... Jetzt ist es soweit. Und es ist nicht die Weihnachtskasse. Ein dicker Hund, Johnny. Jemand hat mir etwas per Post zugeschickt. Keine Bombe, obwohl, die Wirkung könnte noch schlimmer sein. Sieht aus, als hätten wir ein Leck an Bord, Johnny. Und es muß sehr, sehr weit oben sein. Das heißt also, es fällt in Ihr Ressort. Am besten kommen Sie rüber und sehen sich die Sache an.«
    Am selben Vormittag erschienen, in Abwesenheit des Wohnungsinhabers, aber auf Anweisung und mit

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