Das vierte Protokoll
Fahrerflucht aussah. Danach ging alles glatt. Der junge Mann konnte nicht zur Beerdigung nach Hause fahren, was die Leute in Duiwelskloof einsahen, und Rechtsanwalt Benson schöpfte keinerlei Verdacht, als er Anweisung erhielt, den Besitz zu verkaufen und den Erlös nach Kapstadt zu überweisen.«
Im Büro des Generals herrschte Totenstille, nur eine Fliege stieß summend gegen die Fensterscheibe. Der General nickte mehrmals vor sich hin.
»Es klingt einleuchtend«, gab er schließlich zu. »Aber es liegen keine Beweise vor. Wir können nicht beweisen, daß die Brandts keine Juden, und schon gar nicht, daß sie Kommunisten waren. Haben Sie irgend etwas, was dies zweifelsfrei belegt?«
Preston griff in die Tasche und zog das Foto heraus, das er vor den General auf den Tisch legte.
»Hier ist ein Foto, das letzte Foto des echten Jan Marais. Wie Sie sehen, war er als Junge ein recht guter Kricketspieler. Er war Werfer. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie, daß er den Ball so hält, als wolle er einen Flugball werfen. Außerdem sehen Sie, daß er Linkshänder ist.
Ich habe mir in London Jan Marais eine Woche lang gründlich angesehen, aus nächster Nähe, durch einen Feldstecher. Beim Autofahren, Rauchen, Essen, Trinken - er ist Rechtshänder. Herr General, man kann alles mögliche mit einem Menschen anstellen, um ihn zu verändern; man kann sein Haar ändern, seine Sprache, sein Gesicht, seine Gewohnheiten. Aber aus einem linkshändigen Kricketwerfer wird nie und nimmer ein Rechtshänder.«
General Pienaar, der sein halbes Leben lang Kricket gespielt hatte, starrte das Foto an.
»Was haben wir also dann droben in London, Mr. Preston?«
»Herr General, Sie haben einen überzeugten, in der Wolle gefärbten kommunistischen Agenten, der seit über vierzig Jahren innerhalb des Auswärtigen Dienstes der Republik Südafrika für die Sowjetunion arbeitet.«
General Pienaar hob den Blick von der Tischplatte und richtete ihn über das Tal hinweg auf das Voortrekker-Denkmal.
»Ich zerreiße ihn«, murmelte er, »ich zerreiße ihn in kleine Fetzen und stampf sie ins Bushveld.«
Preston räusperte sich.
»Dürfte ich Sie, eingedenk der Tatsache, daß dieser Mann auch für uns Probleme aufwirft, noch um Zurückhaltung bitten, bis Sie persönlich mit Sir Nigel Irvine gesprochen haben?«
»Sehr richtig, Mr. Preston«, sagte General Pienaar, »ich werde zuerst mit Sir Nigel sprechen. Und wie sind nun Ihre Pläne?«
»Heute abend geht eine Maschine nach London, Sir. Ich möchte mit ihr fliegen.«
General Pienaar stand auf und reichte Preston die Hand.
»Leben Sie wohl, Mr. Preston. Captain Viljoen wird Sie zum Flugzeug begleiten. Und vielen Dank für Ihre wertvolle Hilfe.«
Vom Hotel aus, wo er seine Sachen packte, rief Preston bei Dennis Grey an, der von Johannesburg herüberfuhr und eine codierte Nachricht nach London übermittelte. Zwei Stunden später traf die Antwort ein. Sir Bernard Hemmings werde am morgigen Samstag in seinem Büro auf Preston warten.
Preston und Viljoen standen in der Abflughalle, als kurz vor zwanzig Uhr der letzte Aufruf für die Passagiere des SAA-Flugs nach London über den Lautsprecher kam. Preston wies sein Flugticket vor und Viljoen seinen Allzweck-Ausweis. Sie gingen durch die Sperre in die kühlere Dunkelheit des Flugfelds.
»Eines muß ich Ihnen lassen, Engelsmann, Sie sind ein verdammt guter jagdhond.«
»Vielen Dank«, sagte Preston.
»Kennen Sie den südafrikanischen jagdhond?«
»Soviel ich weiß«, sagte Preston vorsichtig, »ist er langsam, linkisch, aber sehr zielstrebig.«
Zum erstenmal in dieser ganzen Woche warf Captain Viljoen den Kopf zurück und lachte lauthals. Dann wurde er ernst.
»Darf ich Sie etwas fragen?«
»Bitte.«
»Warum haben Sie dem alten Mann eine Blume aufs Grab gelegt?«
Preston blickte hinüber zu der wartenden Maschine, deren Kabinenlichter im Halbdunkel blinkten. Die letzten Passagiere kletterten an Bord.
»Sie haben ihm den Sohn genommen«, sagte er, »und ihn dann selber umgebracht, damit er es nicht herausfinden konnte. Ich mußte es einfach tun.«
Viljoen reichte ihm die Hand.
»Leben Sie wohl, John, und viel Glück.«
»Leben Sie wohl, Andries.«
Zehn Minuten später reckte der fliegende Springbock auf dem Leitwerk der Düsenmaschine die vorwitzige Nase zum Himmel und entschwebte in nördlicher Richtung, mit Kurs auf Europa.
3. Kapitel
Sir Bernard Hemmings, der neben Brian Harcourt-Smith saß, hörte sich schweigend Prestons
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