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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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handelt sich um einen der russischen Horchposten, wo Funksignale von den Streitkräften des Warschauer Pakts und aus dem Ausland aufgefangen werden, aber man kann auch den Nachrichtenverkehr zwischen Teilnehmern weit außerhalb der sowjetischen Grenzen abhören. Ein Teil der Anlage ist dicht abgeschottet und ausschließlich dem KGB vorbehalten.
    Einer der Männer war Funker bei dieser Station.
    »Er ist mein Paradepferd«, klagte der kommandierende Oberst seinem Stellvertreter, als der Mann vom Zentralkomitee wieder fort war. »Gut? Was heißt hier gut? Mit entsprechendem Gerät hört er genau, wenn in Kalifornien eine Küchenschabe hustet.«
    Der zweite Mann, der abgestellt wurde, war Oberst der Sowjetarmee, und die Abzeichen an seiner Uniform - die er allerdings selten trug - hätten ihn als Artilleristen ausgewiesen.
    In Wahrheit war er mehr Wissenschaftler als Soldat und arbeitete in der Forschungsabteilung des Direktorats für Feldzeugwesen.
    »Also«, sagte General Pienaar, als sie in den Clubsesseln um den niedrigen Tisch saßen, »unser Diplomat Jan Marais. Ist er schuldig oder nicht?«
    »Schuldig«, sagte Preston, »hundertprozentig.« »Es wäre mir lieb, wenn Sie das beweisen könnten, Mr. Preston. Wo hat er Verrat geübt? Wo ist er umgedreht worden?«
    »Er hat nicht, und er ist nicht«, sagte Preston. »Er ist kein einziges Mal entgleist. Haben Sie seinen handschriftlichen Lebenslauf gelesen?«
    »Ja, und wie Ihnen Captain Viljoen vermutlich bereits gesagt hat, haben wir jeden einzelnen Schritt dieses Mannes nachgeprüft, von seiner Geburt bis zum heutigen Tag. Wir finden keine einzige Unstimmigkeit.«
    »Es gibt auch keine«, sagte Preston. »Die Geschichte seiner Kindheit und Jugend stimmt bis ins kleinste. Ich glaube, er könnte sie auch heute noch fünf Stunden lang beschreiben, ohne sich ein einziges Mal zu wiederholen und ohne sich in irgendeiner Kleinigkeit zu irren.«
    »Dann ist das Ganze auch wahr. Alles, was nachprüfbar ist, ist auch wahr«, sagte der General.
    »Alles, was nachprüfbar ist, ja. Alles ist wahr, bis zu der Stelle, wo diese beiden jungen Kriegsgefangenen in Schlesien von dem deutschen Lastwagen sprangen und die Flucht ergriffen. Alles spätere ist Lüge.
    Ich möchte jetzt mit dem anderen Ende beginnen, mit dem Mann, der zusammen mit Jan Marais flüchtete, mit der Geschichte des Frikki Brandt.
    1933 kam Hitler in Deutschland an die Macht. 1935 erschien ein deutscher Eisenbahnarbeiter namens Josef Brandt bei der Botschaft Südafrikas in Berlin und suchte um ein Einreisevisum nach - aus Gründen der Menschlichkeit; er werde verfolgt, sei in Gefahr, weil er Jude sei. Das Gesuch wurde anerkannt, und man bewilligte ihm und seiner jungen Familie die Einreise nach Südafrika. Das Gesuch und die Ausstellung des Visums sind in Ihren Akten vermerkt.«
    »Richtig«, nickte General Pienaar. »Während der Hitlerzeit kamen viele jüdische Einwanderer nach Südafrika. Unser Land kann sich in dieser Hinsicht sehen lassen, besser als manches andere.«
    »Im September 1935«, fuhr Preston fort, »gingen Josef Brandt, seine Ehefrau Ilse und der zehnjährige Sohn Friedrich in Bremerhaven an Bord und landeten sechs Wochen später in East London. Damals gab es dort eine große deutsche und eine kleine jüdische Gemeinde. Brandt blieb in East London und bekam Arbeit bei der Eisenbahn. Ein freundlicher Beamter der Einwanderungsbehörde benachrichtigte den Rabbi von der Ankunft der neuen Mitbürger.
    Der Rabbi, ein energischer junger Mann namens Solomon Shapiro, besuchte die Brandts und lud sie ein, am Leben der jüdischen Gemeinde teilzunehmen. Sie lehnten ab, und er vermutete, sie wollten versuchen, in der nichtjüdischen Bevölkerung aufzugehen. Er war enttäuscht, aber er schöpfte keinen Verdacht.
    1938 wurde der Junge, dessen Name jetzt auf afrikaans Frederik oder Frikki lautete, dreizehn Jahre alt. Zeit für seine har-mizwe oder bar-mitzwah, die Einführung in die religiösen Pflichten eines erwachsenen Israeliten. Selbst wenn die Brandts sich ihrer neuen Heimat anpassen wollten, so ist dies doch für einen Mann mit einem einzigen Sohn eine wichtige Sache. Obwohl keiner der Brandts jemals die Talmud-Schule besucht hatte, ging Rabbi Shapiro zu ihnen und fragte sie, ob er seines Amtes walten solle. Sie ließen ihn abblitzen, und jetzt wurde er hellhörig und gelangte zu einer ganz bestimmten Überzeugung.«
    »Zu welcher bestimmten Überzeugung?« fragte der General erstaunt,
    »Zu der

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