Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
ich nicht noch einmal. Bitte, Rhonan, ohne dich sterbe ich vor Angst.« Weinend klammerte sie sich an ihn.
Er presste die brennenden Augen zusammen, wiegte sie sanft in seinen Armen und spürte dabei nur allzu deutlich die Hitze ihres Körpers. Erneut überfiel ihn eine unglaubliche Angst um sie, und nur mit Mühe gelang es ihm, halbwegs gefasst zu erklären: »Niemand stirbt vor Angst, Kätzchen, schon gar nicht du, die tapfere Tochter der Wildnis. Außerdem wirst du doch nicht allein sein. Gideon, Marga und Hylia werden bei dir sein. Wir sind so kurz vor unserem Ziel und dürfen jetzt nicht aufgeben. Du hast mir nach unserem Sohn noch eine Tochter versprochen. Um dein Versprechen zu halten, musst du aber erst einmal wieder gesund werden, und niemals würde ich dich zu diesem Zweck in der Obhut dieser Nebelhexen lassen. Ich verspreche dir, dass wir uns bald wiedersehen. Hör bitte auf zu weinen, Prinzessin. Wir sind bis hierher gekommen, wir kommen weiter. Wir schaffen das schon. Denk an unser Kind!«
»Das tu ich doch. Ich habe nur so schreckliche Angst, es zu verlieren«, hauchte sie mit erstickter Stimme. »Mir geht es furchtbar schlecht, Rhonan. Ich brauche dich, ich brauche dich ganz dringend. Du musst mir beistehen, du musst mich halten und kannst mich nicht ausgerechnet jetzt wieder allein lassen. Das darfst du mir nicht antun. Das darfst du uns nicht antun.«
In seinem Gesicht spiegelte sich nur noch Verzweiflung. »Caitlin, bitte nicht!«
Hylia wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, atmete tief durch, straffte ihre Schultern und griff ein.
Grob zog sie Caitlin aus Rhonans Armen und schüttelte sie leicht. »Das ist jetzt nicht nett, meine Liebe. Ich hoffe für dich, du sprichst im Fieber. Dein Mann eilt unmittelbar vom Schlachtfeld hierher, um dich und das Kind zu retten, und du redest ihm dafür auch noch ein schlechtes Gewissen ein. Pfui, schäm dich! Du wirst dich jetzt zusammennehmen, ihm danken und alles Gute wünschen, und dann werde ich dich zu Gideon bringen, damit Rhonan nicht länger als nötig hier warten muss und Klein Rhonan noch die Möglichkeit hat zu wachsen. Hast du mich verstanden?«
Caitlin zitterte immer noch, und ihre glänzenden Augen waren riesengroß, aber sie nickte und drehte sich zu ihrem Mann um. »Verzeih mir! Ich danke dir, und ich liebe dich, ich liebe dich über alles.«
Er nahm sie erneut in den Arm und küsste sie leidenschaftlich. »Ich liebe dich auch. Versprich mir, gesund zu werden!«
»Ich verspreche es, Mann meines Herzens.« Sie versuchte zu lächeln, aber es sah nur furchtbar verzerrt aus.
Er lächelte ebenso verzerrt zurück und sah dann die Priesterin unglücklich an. »Du bist eine wahre Freundin, Hylia. Ich danke dir für alles. Ihr werdet die ganze Nacht und den halben Tag unterwegs sein. Glaubst du, ihr steht das durch?«
»Wenn wir nicht unbedingt wach bleiben müssen?!«
»Müsst ihr nicht. Ihr werdet nicht auf ihrem Rücken sitzen müssen, sondern in Tücher gebettet und getragen. Wir wussten ja, dass ihr in schlechter Verfassung seid. Hab keine Angst, die Echsen werden gut auf euch achtgeben. Pass bitte weiter auf Caitlin auf, ja!«
»Das werde ich tun. Hab Dank, mein Freund. Du bist zur rechten Zeit gekommen.«
Sie lächelte ihn warmherzig an und drückte so fest, wie es ihr, kraftlos wie sie war, möglich war, seine zitternde Hand. »Mach dir keine unnötigen Gedanken, Rhonan! Caitlin fiebert und ist zurzeit durcheinander, aber sie ist nach wie vor viel zu eigensinnig, um etwas so unglaublich Schönes wie euer Kind zu verlieren. Und da ich Patin werden soll, bin ich wild entschlossen, dieses Kind irgendwann auch gesund auf die Welt zu holen.«
Er gab Caitlin an sie weiter, drückte auch Hylia einen Kuss auf die Stirn und gab seiner Frau einen Abschiedskuss. »Leb wohl, mein Herz!«
Sie schluckte die Tränen, die erneut in ihr aufstiegen, hinunter und nickte. »Auf bald!«
Die Frauen machten sich gemeinsam auf den Weg. Caitlin sah sich noch einmal nach ihrem Mann um, der mit hängenden Schultern mitten im Thronsaal stand.
»Sieh nach vorn und halt dich gerade«, forderte Hylia leise, aber streng. »Mehr Kummer musst du ihm nun wirklich nicht bereiten.«
Die Prinzessin unterdrückte aufwallendes Schluchzen und drückte ihren Rücken durch, selbst als sie die frostige Stimme ihrer Mutter hörte. »Nun denn! Das war ja eine herzergreifende Vorstellung, aber jetzt bringt ihn in den Kerker! Martha wollte sich noch mit ihm über Ligurius’
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