Das Wagenrennen
nicht riskieren, den Ruf zu ignorieren. Ich würde sicher angezeigt und vor den besonderen Gerichtshof des Klerus gezerrt werden, von dem gottloses Verhalten geahndet wird. Bischof Gabrielius, der Kopf der hiesigen Wahren Kirche, würde die Gelegenheit nur allzu gern nutzen, mich auf eine ausgedehnte Reise auf einer Strafgaleere zu schicken. Er hat mir noch nicht verziehen, dass ich Anfang des Jahres ein ruchloses Unternehmen zum Scheitern gebracht habe, in das er verwickelt war.
Als ich mich hinknie, fängt es wieder an zu regnen. Ich ziehe meinen Regenmantel fester um mich. Wie soll jemand unter solchen Bedingungen beten? Endlich sind die Gebete vorbei. Ich gehe rasch zum Lagerhaus und dränge mich durch die Tür. Drinnen gibt es zwar Ställe und Futtertröge für das Vieh, aber es sind keine Tiere da. Ich folge meinem Instinkt und steige die Metalltreppe hoch, an deren Ende sich das Büro des Lagerverwalters befinden sollte. Das liegt auch dort, aber von einem Verwalter fehlt jede Spur. Es ist überhaupt niemand zu sehen.
Die Tür ist abgeschlossen. Ich stoße den üblichen Öffnungszauber aus, und sie fliegt auf. Ich trete ein. Bis auf einen schmalen Lichtstrahl, der durch die Fensterläden dringt, ist es dunkel. Ich reiße die Läden auf. Licht strömt herein, und ich sehe mich um. In dem Raum stapeln sich Kunstwerke. Etwa zehn Skulpturen stehen da, einige Gemälde und etwas, das wie eine sehr schöne antike Kiste aussieht. Sie hat Intarsien aus Gold und Elfenbein. Ich nicke und kann eine gewisse Befriedigung nicht unterdrücken. Wenn es um Ermittlungen geht, bin ich eindeutig der Beste. Man engagiert Thraxas, um verschwundene Kunstwerke wiederzubeschaffen, und was tut er? Er findet die verschwundenen Kunstwerke gleich am nächsten Tag.
Die Sachen sehen kostbar aus. Die kleine Statue eines Elfenmädchens könnte sogar von Xixias sein, dem berühmten turanianischen Bildhauer, der im letzten Jahrhundert lebte und dessen Werke jetzt einen hohen Wert haben. Ich betrachte die Gemälde. Auch sie sind wertvoll. Eines fällt mir sofort ins Auge. Es ist das Bild, auf dessen Wiederbeschaffung Mursius besonderes Gewicht legte. Es zeigt eine Gruppe junger Männer, von denen Mursius einer ist. Er trägt eine Hauptmannsuniform und steht mitten in einer Gruppe von Soldaten. Sie sind alle uniformiert, haben Schwerter an ihren Hüften und Speere über ihren Schultern. Die Bildunterschrift lautet: Offiziere des Vierten Regiments des Königs nach der erfolgreichen Verteidigung von Turai gegen die Orgkischen Eindringlinge.
Ich war auch dabei und habe meinen Beitrag bei der Verteidigung geleistet. Mich hat hinterher keiner gemalt.
Wenn ich auch nur im Geringsten mit dieser Möglichkeit gerechnet hätte, hätte ich mir einen Tragezauber ins Gedächtnis geladen. Dann wäre ich in der Lage gewesen, die Beute mit nach Hause zu schleppen. Habe ich aber nicht. Was bedeutet, dass ich ein Transportmittel brauche, und zwar schnell. Ich stürme aus dem Lagerhaus und sehe mich um. Die Hafenarbeiter entladen gerade Kisten mit Elfenwein aus einem kleinen Schiff, das an der Pier festgemacht hat. Ich gehe zum Vorarbeiter, den ich flüchtig aus der Rächenden Axt kenne, und frage ihn, ob ich seinen Pferdewagen borgen kann.
Er schüttelt den Kopf. Ich ziehe zehn Gurans aus der Tasche. Er schüttelt den Kopf. Ich zaubere zehn weitere Gurans aus derselben Quelle. Er befiehlt seinen Männern, eine Pause zu machen.
»Bring ihn in einer halben Stunde zurück«, sagt er und verstaut die zwanzig Gurans in seiner Tasche. Das ist ein ganz schönes Sümmchen, um sich einen Pferdewagen auszuleihen. Aber ich bin sicher, dass Senator Mursius diese Spesen nicht beanstandet. Als ich mit dem Gespann zum Warenhaus kutschiere, spüre ich plötzlich etwas Ungewöhnliches. Ich kann es nicht benennen, es ist einfach ungewöhnlich. Ich halte an und versuche, es zu identifizieren. Zauberei? Ich weiß es nicht, die Spur ist zu schwach für meine Sinne. Ein Donnerschlag stört meine Konzentration, aber das Gefühl überkommt mich sofort wieder, nachdem ich das Lagerhaus betreten habe, und es wird schnell stärker. Alles sieht aus wie vorher, aber ich weiß, dass etwas passiert ist. Hier riecht es nach Magie. Ich ziehe mein Schwert und schleiche leise die Treppe hinauf.
Vor der Bürotür bleibe ich stehen. Meine Sinne spielen verrückt. Ich hole tief Luft, trete die Tür mit aller Kraft auf und stürme mit erhobenem Schwert hinein. Aber es ist niemand da. Der Raum
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