Das Wagenrennen
also habe ich getan, als hätte ich zehn extra gesammelt.«
Makri zieht ein Blatt Papier aus ihrem Wams. Es ist ein Formular von Mox.
»Leih mir dreißig«, sagt sie. »Und such diesmal einen guten Wagen aus.«
»Ich habe nur noch zwanzig«, gestehe ich.
»Und was ist mit deiner Notfallreserve?«
»Ich rede von meiner Notfallreserve.« Ich spüre, dass Makri mir vorwerfen will, dass ich mein Geld vertrinke. Also erkläre ich ihr, dass ich am Hafen ein saftiges Bestechungsgeld zahlen musste. »Und zu allem Überfluss sind meine Stiefel im Regen kaputtgegangen. Weißt du, wie teuer ein paar Stiefel sind? Außerdem kann ich dir nur zehn leihen. Nicht zu vergessen die vierzig, die du mir schon schuldest.«
Makri nickt und fährt sich mit den Fingern durch ihr nasses, zerzaustes Haar.
»Kennst du einen guten Anwalt?«
»Keinen, der mir einen Gefallen tun würde«, gebe ich zu.
»Was ist mit Zitzerius?«
»Der ist Vizekonsul.«
»Aber ist er nicht auch Anwalt? Ich bin sicher, dass mir einige seiner Plädoyers in meinen Rechtsvorlesungen untergekommen sind.«
Ich erkläre ihr, dass Zitzerius zwar ein sehr guter Anwalt ist, aber dass man einen solchen Mann nicht einfach nach ZwölfSeen schleppen kann, damit er einen aus dem Kerker holt.
»Er übernimmt nur Fälle von nationaler Bedeutung.«
»Mal sehen, was ich tun kann«, sagt sie.
Ich überfliege derweil das Formular mit den heutigen Rennen in Juval. Der beste Wagen ist Orgk-Zertrümmerer, ein guter Wagen, der mir in der Vergangenheit einige Gurans eingebracht hat. Bedauerlicherweise ist er haushoher Favorit, und die Wetten stehen fünf zu vier. Als ich Makri erkläre, dies bedeutet, sie gewinnt nur vier Gurans, wenn sie fünf einsetzt, ist sie etwas enttäuscht. Aber meiner Meinung nach lohnt es sich nicht, auf einen anderen Wagen zu setzen, vor allem nicht, weil wir es uns nicht leisten können, ein Risiko einzugehen.
»Ich hoffe, diesmal liegst du richtig. Thraxas. Ich werde meine zehn Gurans setzen. Wenn ich acht gewinne, ist es immerhin ein Anfang.«
Ich bitte sie, die gleiche Wette auch für mich abzugeben. Makri hämmert an die Tür, um den Gardisten zu rufen. Er lässt sie hinaus.
»Wie ist es denn so, mit einer Halb-Orgk verheiratet zu sein?«, fragt er mich, als sie weg ist.
»Sie ist nur ein Viertel-Orgk«, gebe ich zurück.
»Vermutlich bist du besser dran, wenn du hingerichtet wirst«, meint er und schlägt die Tür zu.
Ich schmore einige Stunden in der Zelle. Niemand lässt sich blicken. Schließlich hungert mich so nach Gesellschaft, dass ich schon froh wäre, wenn sie mich wieder verhören würden. Doch es geschieht nichts weiter, als dass mir ein Gardist mit unbewegtem Gesicht Brot, Käse und Wasser bringt. Vielleicht versuchen Sie ja, mich durch Langeweile zu einem Geständnis zu bringen.
Schließlich kommt Drinius wieder. Er sieht aus, als hätte er große Sorgen, und betrachtet mich einige Sekunden, bevor er etwas sagt.
»Euer Anwalt ist da.«
»Gut.«
»Ich wusste gar nicht, dass Ihr von Vizekonsul Zitzerius vertreten werdet.«
Ich auch nicht. Ich kann es nicht fassen, dass Makri es geschafft hat, ihn hierher zu bringen. Kein Wunder, dass Drinius besorgt wirkt. Wenn man am Anfang seiner politischen Karriere in Turai steht, möchte man nicht ausgerechnet vom Vizekonsul dabei erwischt werden, wie man einen Gefangenen misshandelt. Zitzerius ist zwar nicht gerade sehr herzlich, dafür hält er sich strengstens an die Buchstaben des Gesetzes.
Der Präfekt geht hinaus, und Zitzerius kommt herein. Er trägt die grün gesäumte Toga, die seinen Rang anzeigt. Seine Sandalen sind trotz des Regens ziemlich trocken. Natürlich wird ein Mann wie Zitzerius von einer Kutsche hierher gefahren und von einem Lakaien mit einem Regenschirm bis zur Tür begleitet. Vielleicht haben sie sogar einen Teppich ausgelegt, damit er sich die Füße nicht schmutzig macht.
»Wie ich höre, braucht Ihr einen Anwalt.« Irgendwie klingt er ironisch.
Vizekonsul Zitzerius ist der bei weitem beste Redner in der Stadt und hat als Verteidiger vor Gericht zahllose sensationelle Fälle gewonnen. Er ist zwar nicht der Liebling der Massen, aber alle respektieren ihn wegen seiner unnahbaren Aufrichtigkeit. Obwohl er eine Bastion der Traditionalisten und ein glühender Anhänger der königlichen Familie ist, hat er nie gezögert, auch Gegner des Königshauses vor Gericht zu verteidigen, wenn sie unschuldig waren. Aber auch wenn alle Zitzerius vertrauen, ist er trotzdem
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