Das Wagenrennen
benötige ein paar Sekunden, bis es mir auffällt. Dann nicke ich benommen und suche in meinem Geldbeutel nach ein paar Gurans. Vermutlich bezahle ich viel zu viel. Jedenfalls verschwindet Kerk wortlos. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Büste und stopfe sie dann in meinen Beutel.
»Noch ein Beweisstück?«, erkundigt sich Kemlath neugierig. »Soll ich es überprüfen?«
»Morgen«, antworte ich. »Bis dahin kann es warten.«
Kemlath drückt seine Verwunderung über meine Gelassenheit aus.
Ich hebe die Hände. »Das ist schon in Ordnung. Wisst Ihr, Kemlath, die Kriminellen in dieser Stadt sind nicht wirklich gerissen. Sie hinterlassen immer irgendeine Spur. Dann denken sie, dass ich irgendwas wahnsinnig Schlaues tun musste, damit ich sie erwische. Aus diesem Grund tue ich weiter so, als wäre ich ein magischer Detektiv, obwohl ich kaum der Zauberei mächtig bin. Es ist einfach gut für meinen Ruf. Es gefällt mir, dass die Leute glauben, ich würde Himmel, Erde und die drei Monde bewegen, um solche Ganoven hinter Gitter zu bringen. In Wirklichkeit folge ich einfach nur ihrer Fährte, bis ich sie eingeholt habe.«
»Und wenn du einmal auf jemanden triffst, der wirklich gerissen ist?«
»Das ist bis jetzt noch nicht vorgekommen. Noch ein Bier?«
Die Feier dauert die ganze Nacht. Kemlath zeigt mir den Trick, wie man Regenbogen aus einem Leuchtzauberstab zaubern kann. Daraufhin fülle ich die ganze Kaschemme mit Regenbogen, lasse sie die Beine der Leute hinauflaufen, in ihre Getränke scheinen und amüsiere mich königlich. Es ist schon Jahre her, seit jemand mir einen neuen Zaubertrick gezeigt hat. Sarija trinkt Bier bis zur Bewusstlosigkeit und schläft dann auf Kemlaths Schoß ein. Ich rauche so viel Thazis, dass ich nicht einmal mehr in die Trinklieder der Soldaten einstimmen kann, die Ghurd anstimmt.
»Du bist in Ordnung«, erzähle ich Kemlath lallend und lege ihm den Arm um die Schulter. »Du bist einer der Besten. Die anderen Zauberer sind alle verklemmte Snobs. Ich hasse sie. Aber du, du bist ein Soldat. Dich mochte ich immer schon.«
Auch Makri ist glücklich. Sie ist wieder in der Gnade der Vereinigung der Frauenzimmer und kassiert Unmengen von Trinkgeld. Sie gleitet mühelos durch die Menge, serviert den Gästen Bier und schlägt jedem auf die Finger, dessen Hände sich auf ihre nackte Haut zu verirren drohen. Aber das tut sie in einer für Makri beinah liebevollen Art und Weise. Sie bricht nämlich niemandem auch nur einen einzigen Knochen. In einer kleinen Pause setzt sie sich zu uns und plaudert mit Kemlath, der ziemlich von ihr angetan zu sein scheint. Und da der große Zauberer ganz eindeutig erheblich kultivierter ist als der gemeine ZwölfSeen-Säufer, findet Makri ihn ebenfalls interessant. Sie erzählt ihm von ihren aktuellen Projekten an der Innungshochschule und erwähnt auch die Pflanzen, die sie für ihren Naturkundekurs aus Ferias mitgebracht hat.
»Sie sind sehr merkwürdig«, sagt sie. »Selbst mein Tutor weiß nicht genau, was das für Pflanzen sind.«
Etwas regt sich in meinem Unterbewusstsein. Ich versuche, es zu ignorieren. Ich will nicht, dass irgendwo irgendetwas an mir nagt, wenn ich mich gerade amüsiere. Ich trinke noch ein Bier. Aber es nutzt nichts, es nagt weiter. Warum züchtete Mursius unbekannte Pflanzen auf seinem Fensterbrett? Vermutlich aus keinem besonderen Grund. Ich trinke noch ein Bier. Aber es hat keinen Sinn. Das Nagen hört einfach nicht auf. Manchmal hasse ich diese Intuitionen. Sie lassen es einfach nicht zu, dass ich mich amüsiere. Ich wuchte mich schließlich aus meinem Stuhl und schleppe mich nach oben in Makris Zimmer. Es ist extrem sparsam eingerichtet, weil Makri nur wenig besitzt. Eigentlich nennt sie nur einen Umhang, ein paar Bücher und jede Menge Waffen ihr Eigen. Im Gegensatz zu mir ist Makri sehr ordentlich und hat ihre wenigen Habseligkeiten fein säuberlich in dem Raum verteilt.
Die Pflanzen hat sie in kleine Blumentöpfe neben dem Fenster eingepflanzt. Ich nehme einen mit, trage ihn nach unten und kämpfe mich durch die Menschenmenge zu der Stelle, wo Chiruixa, die Heilerin, und die Kräuterfrau Cospali an einem Tisch sitzen. Es sind beides ungewöhnliche Frauen, weil sie eigene Geschäfte in ZwölfSeen führen. Das tun nur sehr wenige Frauen. Und beide haben von Anfang an die Vereinigung der Frauenzimmer unterstützt, wahrscheinlich, weil man ihnen die Aufnahme in die Handelsgenossenschaft verweigert, was schlecht für ihr Geschäft
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