Das Wagenrennen
eine dicke Kerze, und es sieht so aus, als wäre er damit zu Boden geschlagen worden. Ich taste nach seinem Puls und untersuche seine Wunde.
»Halb so schlimm.«
Litanex stöhnt wieder und versucht, die Benommenheit abzuschütteln.
»Hatte dieser Überfall mit einem bestimmten orgkischen Gebetsteppich zu tun?«, frage ich ihn schneidend.
Der Pontifex tastet nach dem Stuhl hinter sich. Aber er ist leer. »Er ist weg«, sagt er und bricht wieder auf dem Boden zusammen.
»Wer hat Euch befohlen, ihn zu stehlen?«, frage ich, aber Litanex antwortet nicht mehr, sondern wird wieder ohnmächtig. Ich sehe mich kurz um, kann aber nichts Interessantes entdecken.
»Zu spät«, sage ich leise zu Makri. »Wenigstens sind wir auf der richtigen Fährte.«
Ich lasse dem Bischof durch einen Boten eine Nachricht überbringen, in der ich ihn darüber informiere, dass sein Pontifex möglicherweise ein oder zwei Tage keine Gottesdienste abhalten kann. Einen anderen Boten schicke ich mit der ausführlichen Schilderung der Ereignisse zu Zitzerius. So erfährt der wenigstens, wie fleißig ich bin.
»Wer hat ihn deiner Meinung nach gestohlen?«, erkundigt sich Makri.
»Keine Ahnung. Ich denke morgen darüber nach. Jetzt wird es Zeit für Essen, Bier und die Feier.«
Nach dieser klugen Ermittlung habe ich wohl ein Anrecht auf eine kleine Entspannung. Also gehen wir zurück zur Rächenden Axt. Ich genehmige mir ein frühes Bier und einen Happen zu essen. Dann mache ich ein Nickerchen, um mich auf die zweifellos anstrengende Nacht vorzubereiten.
Als die Mitternacht den letzten Tag der Heißen Regenzeit beschließt, sind überall in der Stadt die Feierlichkeiten in vollem Gange. Und nirgendwo versteht man sich besser darauf als in der Rächenden Axt. Genau genommen vor allem an einem Tisch der Kaschemme. Cimdy und Bertrax hocken mit Flöte und Mandoline auf dem Tresen und spielen auf. Sie sehen so merkwürdig aus wie immer. Niemand sonst in Turai kann sich gepiercter Augenbrauen rühmen, und sie färben sich sogar ihr Haar bunt. Ich wusste gar nicht, dass so etwas möglich ist, bis die beiden damit ankamen. Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, war das ein ganz schöner Schock für mich. Jetzt singen sie mit den Zechern derbe Kehrreime beliebter Lieder, während Ghurd, Makri, Tanrose und zwei weitere Kellner, die speziell für diesen Abend engagiert worden sind, ein Bier nach dem anderen zapfen.
In der Bar drängeln sich grölende Söldner, tanzende Hafenarbeiter, betrunkene Fischverkäufer und fröhliche Arbeiter. Alle, einschließlich meiner Person, vergessen in dieser Nacht ihre Sorgen. Draußen prasselt immer noch der Regen, aber morgen werden die Wolken verschwinden, die Sonne wird scheinen, und die Vorbereitungen für das Turas-Gedächtnis-Rennen sowie die Feierlichkeiten für die Dreifach-Mond-Konstellation werden beginnen. Ich denke nicht mehr an Mursius, an Orgks, Gebetsteppiche, Todesdrohungen und irgendwelche Verbrechen im Allgemeinen, sondern konzentriere mich darauf, so viele Krüge »Zünftiger Zunftmann« wie nur möglich in mich hineinzuschütten.
Neben mir sitzt Kemlath. Er ist so wohlgemut wie ein Elf im Baum. »Seit den Feierlichkeiten zum Ende des Krieges habe ich mich nicht mehr so gut amüsiert«, erklärt er mir. »Ich habe ganz vergessen, wie schön so eine ausgelassene Nacht in einer Kaschemme eigentlich ist.«
Eine junge Prostituierte sitzt auf seinem Schoß und bewundert seinen Regenbogenumhang und seinen kostbaren Schmuck. Kemlath nimmt eines seiner Armbänder ab und schenkt es ihr. Der große Zauberer ist sehr großzügig, und er spendiert allen Getränke. Natürlich lieben ihn alle dafür. Die einzige Person, die nicht lächelt, ist Makri. Sie hat kein Geld, und Marzipixa, die Bäckerin, sitzt unübersehbar an der Bar. Das ist sehr peinlich für Makri.
»Was ist denn deiner Freundin über die Leber gelaufen?«, erkundigt sich Kemlath.
Ich erkläre ihm, dass Makri das Geld verwettet hat, das sie für die Vereinigung der Frauenzimmer gesammelt hatte.
Kemlath grölt vor Lachen. »Die Vereinigung der Frauenzimmer!«, dröhnt er. »Eine Bande von alten Vetteln. Sie sind die reinste Plage!« Er lacht noch mehr und hält Makri an, als die gerade mit einem Tablett voller Bierkrüge an unserem Tisch vorbeirauscht. Sie runzelt die Stirn.
»Kein Grund, ärgerlich zu sein!«, ruft Kemlath. Er stößt mit seinem Leuchtzauberstab auf den Boden und zaubert damit einen Regenbogen in den Schankraum. Alle jubeln,
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