Das Wagenrennen
aber Makri rührt keine Miene. Kemlath greift in irgendeine Falte seines gewaltigen Umhangs und zieht eine prall gefüllte Geldbörse heraus.
»Wie viel schuldest du ihnen denn?«
»Sechzig Gurans.«
»Eine Frau wie du sollte niemandem sechzig Gurans schulden!«, sagt Kemlath. Dann meint er noch, er habe eine solch beeindruckende Demonstration eines Kampfes mit bloßer Hand, wie Makri sie heute Abend in Mox’ Wettbude vorgeführt hat, nicht mehr gesehen, seit er selbst drei Orgks von den Zinnen der Stadtmauern geworfen hätte, weil ihm seine Zaubersprüche ausgegangen waren. Ohne zu zögern, zählt der Zauberer zwölf Fünf-Guran-Stücke auf den Tisch und reicht sie Makri. Die ist viel zu klug, um ein solches Geschenk abzulehnen. Sie schnappt sich das Geld, stopft es in ihre Geldbörse und schlängelt sich dann durch die Menge, um ihre Biere zu verteilen. Danach kämpft sie sich zu Marzipixa und ihren Freundinnen zum Tresen durch. Durch die Thazis-Schwaden sehe ich, wie sie das Geld übergibt. Marzipixas Reaktion und Makris Lächeln nach zu urteilen, scheint es zu funktionieren. Makri darf sich wieder in der Gunst der Vereinigung der Frauenzimmer sonnen.
Sie kämpft sich zu uns zurück.
»Danke«, sagt sie zu Kemlath. »Ich zahle es Euch irgendwann zurück.«
»Nur keine überflüssige Eile«, erwidert der Zauberer.
Ein misstrauischer Ausdruck huscht über Makris Gesicht, als sie überlegt, was genau Kemlath wohl für seine sechzig Gurans erwartet. Aber er sieht nicht so aus, als wollte er überhaupt etwas zurückhaben. Der Zauberer lässt sich einfach von der guten Atmosphäre in der Rächenden Axt mitreißen. So kann es einem manchmal gehen, wenn man nur die verfeinerten und eher langweiligen Vergnügungen der Oberklasse gewöhnt ist.
Jetzt ist also auch Makri glücklich. Es ist heiß in der Kaschemme, und der Schweiß läuft ihr über ihre nackte Haut. Makri hat festgestellt, dass schweißglänzende Haut anscheinend auch das Trinkgeld anschwellen lässt, und ist sofort auf die Idee gekommen, es zu ihrem Vorteil zu nutzen. Die Geldbörse, die an einer langen Schnur um ihren Hals hängt, platzt fast aus den Nähten.
»Ich wollte dir eigentlich Vorwürfe wegen meiner Verluste beim Wagenrennen machen«, verrät sie mir. »Darauf kann ich jetzt verzichten. Aber ein mieser Wetter bist du trotzdem.«
»Unsinn. Habe ich dir nicht auch eine ganze Menge Gewinner ausgesucht? Niemand hat immer nur Glück. Warte nur bis zum Turas-Gedächtnis-Rennen. An diesem Tag werde ich die Rennstrecke als ein reicher Mann verlassen. Die Verluste, die ich den Buchmachern an diesem Tag zufügen werde, hat das Stadion Superbius noch nicht erlebt.«
Makri grinst. »Wirst du nicht alle Hände voll zu tun haben, auf die Orgks aufzupassen?«
»Erinnere mich bloß nicht daran. Sie werden nicht einmal zum Rennen antreten, wenn ich diesen Gebetsteppich nicht bald finde. Aber da ich jetzt den ersten Schritt getan habe, kann es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis ich ihn aufspüre. Du kennst mich ja, ich bin sehr hartnäckig.«
Ghurd macht eine kleine Pause und leistet Kemlath und mir Gesellschaft. Wir tauschen Kriegsgeschichten aus. Die Ankunft von Lord Rezaz hat eine Menge Erinnerungen geweckt, und wir plaudern über dies und das, bis Ghurd ein neues Fass Bier aus dem Keller holen muss.
Eine Frau plumpst mir auf den Schoß. Es ist Sarija. Ihr Umhang ist nass und schmutzig, und sie steht vollkommen unter Boah.
»Ich dachte mir schon, dass Ihr Euch hier in ZwölfSeen zu amüsieren versteht«, sagt sie und rutscht von meinem Schoß auf den Boden. Kemlath hilft ihr auf einen Stuhl.
»Wo kann eine Frau hier ein Bier bekommen?«, ruft sie und hämmert mit der Hand auf den Tisch, bis Makri auftaucht.
»Eure Figur hätte ich auch gern«, bemerkt Sarija. »Aber bringt mir trotzdem ein Bier.«
Eine feuchte Hand klopft mir auf die Schulter. Sie gehört Kerk, der gerade hereingekommen ist. Er sieht ziemlich mies aus und hält sich nicht lange mit Förmlichkeiten auf, sondern drückt mir die kleine Büste eines Elfen in die Hand.
»Die stammt auch aus Mursius’ Kunstsammlung!«, schreit er, um sich in dem Lärm verständlich zu machen. »Ich habe sie bei Axa gefunden.«
Axa ist ein Hehler, der in der Hafengegend arbeitet.
Kerk streckt die Hand aus, um sich bezahlen zu lassen.
Auf seinem Gesicht malt sich der gehetzte Ausdruck ab, den Menschen tragen, die mehr als alles andere in der Welt eine Dosis Boah brauchen. Ich
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