Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
heraus, um Chance zu erklären, wonach er Ausschau halten sollte, während ich meine Wandleraugen schärfte um den Berggrat abzusuchen, der sich dunkel vor dem Sternenhimmel abhob. »Nördlich«, zischte ich. Wir ritten in rasendem Galopp durch die Nacht, die Pferde stolpernd und vor Dingen scheuend, die sie nicht sehen konnten.
Fast hätte ich die Wölbung der Knochen oben auf der Höhe übersehen. Sie waren kleiner als in der Vision und sahen ein bißchen anders aus, weil ich sie nun von der Seite sah. Außerdem standen die Sterne tiefer, doch es waren zweifelsohne dieselben. Ein heller, mit zwei schwächeren daneben. Wir verlangsamten den Ritt und arbeiteten uns weiter nach Norden vor. Die Nußgärten um uns herum hatten trockenerem Land Platz gemacht, die Pflanzen selbst wuchsen spärlicher, verstreut, seltsam mißgeformt. Als ich zu der richtigen kam, hätte ich sie fast übersehen, bis mir der Pflock auffiel. Nur diese Pflanze hatte einen geschlitzten Pflock.
Mit donnernden Hufen galoppierten wir hin, sprangen noch während des Rittes vom Pferd und begannen sofort, gegen den Pflock zu hämmern, bis mir die Klauen von Pombis einfielen und ich mich rasch in einen verwandelte. Dann löste sich der Pflock, und ich lehnte mich in die feuchte, nach Nüssen riechende Finsternis hinab und rief: »Jinian! Jinian!«
Eine Antwort war zu hören, rauh und so flüchtig wie ein Atemzug. Wir wollten in den Gang hineinklettern, aber ich hörte das Mahlen der Grole. Sie kümmerte es nicht, was sie aßen. Sie liebten den Geschmack von Knochen. Ich stieß Chance beiseite. »Bleib draußen«, flüsterte ich grimmig. »Bleib, wo du bist! Rufe aber weiter nach ihr. Ich muß sie hören, damit ich zu ihr finden kann.« Dann kroch ich in den Hügel, der von Grolgängen durchtunnelt war wie die Innenseite eines riesigen Käses, und WANDELTE mich.
Wollt Ihr unbedingt wissen, wie es ist, ein Wurstgrol zu seih? Es ist unersättlicher Hunger, verbunden mit einer unaufhörlichen Zufuhr an Nahrung. Es ist glückliches Mahlen, das dem Kratzen an einer nicht allzu unangenehm juckenden Stelle gleicht. Ich begann als undeutliches Grolwesen. Als ich aber gleich darauf einen Nußgrol trat, glitt mein langer, pulsierender Körper in einer angenehm sinnlichen Umarmung über diesen Kameraden, umschlang ihn, halb spielerisch, halb tanzend, und kurz darauf glich ich weitaus mehr einem Wurstgrol als zuvor. Ich hörte von irgendwo her ein Rufen, dem ein anderes antwortete. Es war mir gleichgültig. Nichts kümmerte mich mehr außer Essen und Tanzen.
Wahrscheinlich befand sich tief in mir noch ein Überbleibsel von Peter, das mich aus diesem zufriedenen Leben herausriß, ein Kniff vielleicht, den er in Schlaizy Noithn gelernt hatte oder die Berührung der Spieler in ihm. Nach einer kurzen Dauer dieser himmlischen Existenz jedenfalls setzte sich dieser Grol, der ich war, mit zweckgerichtetem Schmatzen in Bewegung, in Richtung des Rufes innerhalb der Nuß. Grole besitzen keine Augen, was ich sehr bedauerte. Es gab kein Licht. Das bedauerte ich ebenfalls und stellte eine Art phosphoreszierendes Licht auf meiner Hautoberfläche her. Schließlich entdeckte ich Jinian, hoch oben auf einem vereinzelten Berg Nußfleisch, dicht unter die Schale gekauert, während drei Grole ihre Stütze wegnagten. Wäre es hell genug gewesen, hätte sie ihnen vielleicht entkommen können, doch bei dieser Dunkelheit? Ich bezweifelte es.
Jinian war also oben auf der Säule, Peter in phosphoreszierender Pracht unten. Und wie weiter? Sie löste das Problem, indem sie sich halb fallend, halb über die protestierenden Körper trampelnd, auf meinen Rücken plumpsen ließ, wo ich rasch ein Paar Griffe und einen kleinen Schutzschild für sie wachsen ließ. Das war nicht schwierig, und ich beglückwünschte mich zu der Idee. In kriechender, windender Manier suchten wir den Ausgang, und als wir aus der Schale glitten, war ich noch nicht ganz voll mit Nußfleisch. Ich gab Masse ab, um wieder Peter zu werden. Sie blieb hinter mir liegen, dampfend in der kühlen Nachtluft, und ich fragte mich, was die Grolzüchter am nächsten Morgen davon halten würden.
Dann erst merkte ich, daß Jinian weinte. Ich legte meine Arme um sie und sie zitterte, an meine Nacktheit geschmiegt, beruhigte sich jedoch langsam, während ich mir Kleider wachsen ließ. Ich gab sie nicht frei, sondern stand einfach nur in einer grolähnlichen dumpfen Ruhe da, strich Jinian übers Haar und murmelte Tröstendes wie zu
Weitere Kostenlose Bücher