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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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männlich harte Kontur seiner Erscheinung wirkte verschwommen, seine Lippen besaßen keinen Schwung, die Augen funkelten nur schwach. Der Mann, der vor mir saß, hätte Kelvers älterer, kränklicher Bruder sein können.
    Ich kehrte zu unserem Feuer zurück, tröstete Seidenhand, so gut es ging, und wartete, bis sie Queynt auf dem Kutschbock Gesellschaft leistete, bevor ich zu Chance sagte: »Das ist nicht Kelver.«
    »Wandler?« fragte er.
    »Nein, das glaube ich nicht. Nur wenige Wandler können die Gestalt eines anderen Spielers annehmen. Mavin natürlich, und ich. Vielleicht die meisten aus Mavins Familie. Es ist nicht einfach, aber diejenigen von uns, die es könnten, hätten eine bessere Arbeit abgeliefert als das dort drüben.«
    »Vielleicht jemand, der weniger talentiert ist als Mavins Familie, aber mehr als andere Wandler?«
    »Kaum«, sagte ich. »Das sagt mir mein Instinkt. Gibt es keine andere Antwort?«
    Chance nickte und kaute auf seinen Wangen wie immer, wenn er ernsthaft nachdachte. »Ha, Bursche! Es gibt noch einen anderen Weg, wie man es recht gut bewerkstelligen kann! Gefällt mir aber viel weniger wie Wandeln, soviel kann ich dir sagen.«
    »Ach? Laß mich nicht raten wie ein kleines Kind, Chance. Was ist es?«
    »Spiegelmänner«, sagte er. »Noch niemals hat ein Spiegelmann etwas aus ehrenhaften Gründen getan. Wo immer du auch Spiegelmänner triffst, folgt ihnen Schlechtigkeit auf dem Fuß, Schlechtigkeit und verdecktes Spiel, üble Machenschaften, Regelverletzungen. Spiegelmänner sind nun einmal so.«
    Fieberhaft kramte ich in meinem Gedächtnis danach, was ich in der Schule über Spiegelmänner gelesen hatte. Es war nur wenig. Trotzdem …
    »König Kelver muß hier in der Nähe sein und unverletzt«, sagte ich. »Sie müssen sein Abbild ungefähr jeden Tag erneuern, also dürfen sie ihm kein Leid zufügen oder ihn sehr weit fortbringen.«
    »Das stimmt zwar«, sagte Chance, »aber nur wenn du unter unverletzt Verstümmelung oder permanenten Schaden verstehst. Um zu verhindern, daß er seine Betörung gegen sie benutzt, müssen sie aber irgend etwas mit ihm angestellt haben. Schließlich ist er ein König. Auch wenn er sich nicht bestens fühlt, wird er doch noch eine recht passable Reflektion abgeben. Soviel laß dir gesagt sein.«
    »Es muß sich zum zwei Spiegelmänner handeln«, sagte ich. Langsam kehrten meine Erinnerungen zurück.
    »Ja«, stimmte Chance zu. »Einer, der das Abbild nimmt, das spiegelverkehrt ist, ein zweiter, der die Reflektion des ersten auffängt, das dann richtig aussieht. Deshalb ist es auch etwas verschwommen. Es sieht einfach nie so aus wie die Wirklichkeit. Wo immer aber Kelver jetzt auch ist, es kann nicht weit von hier sein.«
    Also beschlossen wir beide, König Kelver ausfindig zu machen, sobald es wieder dunkel sein würde. Da wir die ganze vergangene Nacht wachgeblieben waren, schliefen wir jetzt den ganzen Tag über im Sattel, immer wieder aus dem Schlaf hochschreckend und erneut einnickend, während wir Leamer hinter uns ließen und schließlich zu der Gabelung kamen, von der aus wir nach Südwesten zurückblicken, den hochansteigenden Engpaß im Hochland sehen und den warmen Hauch des Windes, der von dort kam, auf unseren Gesichtern spüren konnten. »Das ›Tor des Windes‹«, sagte Chance.
    »Das ›Tor des Windes‹«, rief Queynt vom Kutschbock herüber. »Ein großartiger, einmaliger Anblick, meine Herren, werte Heilerin, dort oben, wo das Hochland langsam in die Ebene übergeht und der Wind denselben Weg nimmt. Oh, wie viele Geschichten könnte ein Reisender vom ›Tor des Windes‹ erzählen, wie viele Legenden weben sich um diesen Ort! Seht nur, wie Yittleby und Yattleby ausholen, wie sie sich freuen, ihre Verwandten dort oben wiederzutreffen! Ihr werdet erstaunt sein, Heilerin, liebe Herren, über die Wunder, die Euch erwarten.«
    Es gab eigentlich keinen Grund mehr für König Kelver, uns zu begleiten, jetzt, da Jinian fort war. Ein kleiner boshafter Geist trieb mich dazu, ihn Rechenschaft über seine Anwesenheit abgeben zu lassen.
    »Es war außerordentlich freundlich von euch, König, uns so weit auf unserer Reise zu begleiten! Wir wissen natürlich, daß diese Freundlichkeit vor allem unserer jungen Jinian galt, die Euch ja versprochen war, und vielleicht zögert Ihr einfach, diese Freundlichkeit uns gegenüber aufzugeben, jetzt, da Jinian fort ist. Ich möchte jedenfalls nicht versäumen, unser aller Dank auszudrücken und unsere

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