Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent
über die Methoden, die Barish gewählt hatte, und ich drängte ihn, die Tausende von gelagerten Spielern aufzuwecken und von ihnen zu lernen; er aber sagte, es wären noch nicht genug, ich sollte ihm noch ein weiteres Jahrhundert Zeit lassen …«
»Und dann?« fragte ich, wohl wissend, daß seine Erzählung sich dem Ende näherte.
»Vor ungefähr achtzig Jahren kam ich nach Leamer, fand dort aber nur noch Ruinen vor. Kein Barish weit und breit. Bis ich hier hoch kam, zu seinem Hort, wo ich nur ein einziges Mal zuvor gewesen war und nur zertrümmerte Steine und die Knochen des Windes fand, Schluchten und stürzenden Fels. Ich ging nach Dindindaroo, um Rätsel – den damaligen Rätsel – zu fragen, wo Barish sei. Dindindaroo lag ebenfalls in Schutt und Asche, Rätsel war tot, sein Sohn hatte den Namen Barish noch nie gehört.
Ich war außer mir vor Kummer. Entgegen meiner Überzeugung versuchte ich, Barishs Werk weiterzuführen. Ich wurde zum neuen ›Rat‹. Ich schickte Spieler zu Hunderten in die eisigen Höhlen. Ich wartete auf Barish. Er tauchte nicht wieder auf. Und dann, es ist etwa ein Jahr her, ging der Berg der Zauberkünstler in Flammen auf, und mir wurde klar, daß Barish aus eigener Kraft nie mehr wiederkommen würde.
Er liegt entweder hier oben auf dem Berg, oder er ist für immer verschollen. Ich suche ihn. Ihr sucht ihn. Und wir müssen ihn finden, denn dort, wo Barish liegt, befindet sich die einzige Maschine, die die unzähligen Spieler wieder zum Leben erwecken kann. Und wenn das nicht geschieht, ist Barishs Leben und sein Tod umsonst gewesen, und ich war Teil eines einzigen großen, tragischen Irrtums …«
Ich glaubte ihm. Wir alle glaubten ihm. Es gab keinen falschen Schein mehr an ihm, keine aufgeplusterte Selbstverliebtheit. Er war nur noch jemand, der wie wir auch, durch alte Loyalitäten gebunden und mit einem Gefühl für Recht und Unrecht ausgestattet war. Wäre Windlow dazu imstande gewesen, hätte er den Mann einfach bei der Hand genommen und ihn beruhigt, und das tat ich auch, ohne Worte, in der Hoffnung, daß er verstand. Es schien so, denn er sagte: »Ihr habt das gleiche Ziel wie ich. Wenn Ihr durch Lieder, durch Seher, durch eine riesenhafte Gestalt, die nach Norden wandert, hierhergeführt worden seid … Wenn noch irgend etwas von Barish übrig ist, wird er versuchen, mit mir Verbindung aufzunehmen.«
»Wie Thandbar seine Familie erreichen will«, sagte ich. »Er ist der einzige Spieler, dessen Figur ich niemals berührt habe. Es ist mein eigenes Talent, also habe ich ihn nie gerufen.«
»Ich hatte keine Ahnung, daß irgendein Lebewesen oder eine Maschine mit dem, was sich in den Blauen befindet, Kontakt aufnehmen könnte«, erklärte Queynt. »Obwohl man einst behauptet hat, Reisende zwischen den Sternen erwachten manchmal mit einer Erinnerung an Träume. Schon möglich … Ich weiß es nicht. Ich weiß nur sehr wenig.«
»Wißt Ihr denn, wie Ihr diese tausend Jahre zugebracht habt?« fragte Jinian. »Obwohl ich sehr dazu neige, Euch zu vertrauen, Vitior Queynt, finde ich Eure Behauptung doch unglaubhaft.«
»Ich habe so lange gelebt, weil ich mir Wissen angeeignet habe«, erwiderte er. »Von den Schattenmenschen, Gnarlibaren und Krylobos. Von den Eesties. Ihr habt noch keine Eesties gesehen, aber sie lebten bereits hier, bevor wir kamen, und würden Euch auch lehren, falls Ihr wolltet. Barish hatte nicht die Geduld dazu, sagte er. Aber er dachte ja auch, ich würde sterben. Er wird pikiert sein, wenn er merkt, daß dem nicht so ist.«
Für diese Nacht hatten wir genug Stoff zum Nachdenken. König Kelver begab sich auf den Weg, um seine Rolle als Spiegelmann zu spielen. Er brachte die Kappe mit zurück, und meine Hilfe war nicht nötig. Anscheinend hatten weder der Portierer noch der Spiegelmann irgendeinen Verdacht geschöpft.
Als der Morgen anbrach, schlug Queynt vor, daß Jinian und ich Yittleby und Yattleby nehmen und unsere Suche jenseits der Schlucht fortsetzen sollten. »Die Vögel können den Abgrund überspringen«, sagte er.
»Wenn wir übrigen hier bleiben oder einige Zeit damit zubringen, einen Weg zu suchen, der hinüberführt, wird das unsere Verfolger Zeit kosten. Wir brauchen vielleicht ein oder zwei Tage, um in verschiedenen Richtungen zu suchen, während Jinian und Ihr bereits auf dem richtigen Pfad seid.« Die Idee schien so gut wie jede andere, und so trug ich, in einen Drachen verwandelt, Jinian über die Schlucht und zeigte mich dann hoch oben
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