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Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent

Titel: Das Wahre Spiel 03 - Das dreizehnte Talent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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verfolgten seinen Weg über den Abgrund und jenseits davon, wo sich seine Gestalt veränderte, zusammenfiel, siedend eine andere Form annahm, einen hohen wirbelnden schwarzen Trichter, der sich in eine versteckte Öffnung der Erde hinein ergoß.
    In diesem Augenblick sah ich etwas, das ich zuvor nicht gesehen hatte, nämlich, wie sehr das schrumpfende Äußere der großen Gestalt einem pelzigen Etwas glich – wie sich die riesige Form wandelte. Wandelte …
    »Thandbar«, sagten zwei Stimmen gleichzeitig. Meine und Queynts.
    Ein langes, quälendes Schweigen entstand. Dann sagte Queynt: »Bei mir ist es nicht verwunderlich, daß ich ihn wiedererkenne, Peter. Ich kannte ihn. Wie kommt es aber, daß Ihr ihn erkennt?«
    Ich war nicht sicher, ob ich antworten sollte. Seidenhand gab mir keinen hilfreichen Wink, sondern starrte mich nur eulenhaft über das Feuer hinweg an. Jinian sagte schließlich: »Sag’s ihm, Peter. Wenn du Queynt nicht trauen kannst, kannst du niemandem auf dieser Welt trauen, und dann wäre es das beste, wir gäben gleich auf.«
    So geschah es, daß ich dort, in der Abenddämmerung des Waenbane, neben einem verlöschenden Feuer auf einem flachen Felsen Barishs Spielfiguren aufstellte. Nur Windlows Blauen behielt ich zurück. Unter aller Augen standen sie dort, aber nur Vitior Vulpas Queynt beugte sich über sie, das Gesicht von Tränen überströmt, während er sie berührte, eine nach der anderen. Ich hätte ihn am liebsten geschlagen, die Figuren an mich gerissen und mich mit ihnen in die Dunkelheit geflüchtet. Ich fühlte die Schlange in mir, wie sie sich wand und verknotete. Nur Jinians Augen, die auf mich gerichtet waren, ihre Hand auf meinem Knie, brachten mich dazu, ruhig mitanzusehen, wie Queynt die Figuren in die Hand nahm, sie umdrehte und mit Namen nannte.
    O Götter des Spiels, sie gehörten mir. Mir. Nicht ihm.
    Nach einer kleinen Weile verebbte das würgende Gefühl in mir etwas, und ich war imstande zu sprechen und zu denken. Ich mußte ihm erzählen, daß ich mit ihnen sprechen, sie LESEN konnte, und er schaute mich mit solcher Ehrfurcht an, daß es mir peinlich wurde.
    »Sie benutzen mein Gehirn, um damit zu denken«, versuchte ich zu erklären. »Ansonsten sind sie so, wie sie einst geschaffen wurden. Ich war in dem Berg der Zauberkünstler, Queynt. Ich habe gesehen, wie sie hergestellt werden. Ihr auch?«
    »Ja, Spieler«, bestätigte er. Alles Überspannte und Alberne war von ihm abgefallen. »Ich hielt mich auch in dem Berg auf. Ich ging vor ein paar Jahrzehnten dorthin, um nach Barish zu suchen.«
    Wir warteten. Er schien mit sich selber zu Rate zu gehen, ob er uns aufklären sollte oder nicht. Schließlich war es wieder Jinian, die sprach. »Queynt, wir vertrauen Euch. Ihr habt immer wieder versucht, uns Hinweise zu geben, in der Hoffnung, dadurch zu erfahren, ob wir wissen, was Ihr von uns erhofft zu erfahren. Jetzt ist es an der Zeit, die Geheimniskrämerei zu beenden. Es mag für Euch Gründe gegeben haben, im Verborgenen zu bleiben, aber diese Gründe gehören der Vergangenheit an. Nun müssen wir einander Vertrauen schenken.«
    »Barish und ich«, sagte er, »waren Brüder.«
    Er erhob sich und trat an den Rand des Abgrundes, um von dort aus nach Norden zu starren, als ob er den Anblick unserer Gesichter vermeiden wollte. »Wir kamen zusammen hierher, auf diese Welt. Ihr kennt die Geschichte. Falls nicht, ist es jetzt auch nicht wichtig …
    Doch gut! Heraus damit. Wir kamen hierher, Barish, ich und noch viele andere. Wir kamen um einer Lüge willen. Es ging um Ehefrauen, die geliebt wurden, Kinder, die geliebt wurden, und eine Welt, die vor einem Krieg mit einer anderen stand, einem Krieg, den keine von beiden gewinnen würde. Tja … Auf dieser Welt gab es einflußreiche Personen, die diejenigen, die sie liebten, fortschaffen wollten, um sie vor der Vernichtung zu bewahren. Sie brauchten eine Ausrede. Eine Erfindung. Eine Lüge …
    Und da war Didir. Eine Frau, ein Mädchen vielmehr.
    Manche behaupteten, sie könne Gedanken lesen. Andere stritten das ab. Jedenfalls fürchteten sich die Leute vor ihr, nannten sie Teufelin, Dämon. Die einflußreichen Personen sagten, sie würden Wissenschaftler mit ihr zusammen zu einem anderen Planeten schaffen, um dort in Ruhe herauszufinden, welche seltsamen Fähigkeiten in ihr wohnten. Ihr Talent, behaupteten sie, könnte vielleicht in fernerer Zukunft nützlich sein. Doch man bräuchte Zeit, um es zu erforschen, und um auf dieser

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