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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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nicht?«
    Und einen Augenblick darauf lächelte sie, wie sie es seit langem nicht mehr getan hatte. Er richtete sich neben dem Grab auf. Er blickte sie an und sagte: »Du wirst jetzt den Tempel verlassen?«
    Sie gab keine Antwort. Langsam verblasste das Lächeln. Sie fragte: »Hast du mich deshalb hierhergebracht?«
    Seine dunklen Augen blieben unverwandt auf ihr Gesicht geheftet, doch seine Stimme klang irgendwie scheu. »Ich weiß nicht viel«, erklärte Matt Sören, »aber dies wenige weiß ich mit Sicherheit. Ich weiß, dass ich in den Tiefen von Arthurs Augen Sterne habe leuchten sehen. Ich weiß, dass ein Fluch auf ihm lastet und dass ihm verweigert ist zu sterben. Ich weiß, weil du es mir gesagt hast, was dir angetan wurde. Und ich weiß, weil ich es jetzt erkannt habe, dass du dir verweigerst, zu leben. Jennifer, von diesen beiden Schicksalen erscheint mir deines als das schlimmere.«
    Ernsthaft betrachtete sie ihn, und ihr goldenes Haar wehte im Wind. Sie hob die Hand, um es sich aus dem Gesicht zu streichen. »Weißt du denn auch«, fragte sie so leise, dass er sich anstrengen musste, sie zu verstehen, »wie viel Kummer es bedeutet hat, Guinevere zu sein?«
    »Ich denke, das tue ich. Kummer wird es immer geben. Es ist die Freude, die selten vorkommt«, waren die weisen Worte des einstigen Königs der Zwerge.
    Hierauf antwortete sie nicht. Es war eine Königin des Kummers, die neben ihm am Rande des Götterwaldes stand, und trotz der ernsthaften Überzeugung seiner Stimme erlebte Matt einen Augenblick des Zweifels. Wie zu sich selbst, zur neuerlichen Bestätigung, murmelte er: »Bei einem lebenden Toten kann es natürlich keinerlei Hoffnung geben.«
    Sie hörte es. Ihr Blick wandte sich ihm wieder zu. »O Matt«, sagte sie. »O Gott, Matt, worauf sollte ich denn hoffen? Er ist dazu verflucht. Ich bin das Werkzeug des Willens des Webers. Worauf sollte ich da hoffen?«
    Ihre Stimme ging ihm ans Herz wie eine Klinge. Doch der Zwerg richtete sich dennoch zu seiner vollen Höhe auf und sagte das, was er ihr an diesem Ort hatte sagen wollen, und diesmal quälten ihn keine Zweifel:
    »Glaube das nicht!« rief Matt Sören. »Wir sind keine Sklaven des Webstuhls. Und du bist nicht nur Guinevere – du bist außerdem jetzt Jennifer. Du bringst deine eigene Geschichte in diese Stunde ein. Alles, was du erlebt hast. Du bringst Kevin hier ein, den du in dir trägst, und du bringst Rakoth ein, den du überlebt hast. Du bist hier und unversehrt, und jedes deiner Erlebnisse hat dich stärker gemacht. Es muss diesmal nicht so kommen, wie es früher gekommen ist!«
    Sie hörte ihn. Sie nickte bedächtig. Sie drehte sich um und ging mit ihm zurück nach Paras Derval, umgeben von den verschwenderischen Gaben dieses Morgens. Er hatte gar nicht so unrecht, denn die Zwerge waren weise in diesen Angelegenheiten.
    Und dennoch.
    Und dennoch wandten sich ihre Gedanken, während sie dahinschritten, in die Vergangenheit, einem anderen Morgen in einem anderen Frühling zu. Beinahe so strahlend wie dieser, wenn auch nicht so sehnsüchtig erwartet.
    Rings umher hatten die Kirschbäume geblüht, als sie an Arthurs Seite gestanden und Lancelot das erste Mal in Camelot hatte einreiten gesehen.
     
    Verborgen zwischen den Bäumen an den Hängen nördlich von ihnen beobachtete eine Gestalt ihre Rückkehr, wie sie schon ihre Wanderung zum Grab beobachtet hatte. Er fühlte sich einsam und wäre gern zu ihnen hinabgestiegen, aber er wusste nicht, wer sie waren, und seit Cernans Worten misstraute er jedermann zutiefst. Er blieb, wo er war.
    Allerdings fand Darien, dass die Frau wunderschön sei.
    »Er ist immer noch dort«, legte Loren dar, »und er ist immer noch in Besitz des Kessels. Es dürfte ihn Zeit kosten, ihn zu einem anderen Zweck einzusetzen, aber wenn wir ihm diese Zeit lassen, wird er es tun. Aileron, wenn du nichts dagegen hast, werde ich morgen früh nach Taerlindel aufbrechen.«
    Ein angespanntes Raunen durchlief den Ratssaal. Paul sah, dass die Stirn des Großkönigs von Sorgen zerfurcht war. Langsam schüttelte Aileron den Kopf. »Loren«, meinte er, »alles, was du sagst, ist wahr, und die Götter wissen, wie sehr ich darauf dringe, Metran tot zu sehen. Aber wie, wie könnte ich dich nach Cader Sedat schicken, wo wir doch noch nicht einmal wissen, wo dieser Ort ist und wie man dorthin gelangt?«
    »Lass mich einfach lossegeln«, forderte der Magier unerschütterlich. »Ich werde ihn finden.«
    »Loren, wir wissen nicht einmal,

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