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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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ist der Winter hereingebrochen«, fügte Aileron hinzu. »Und damit gab es keine Hoffnung mehr, einen Angriff oder sonst etwas zu wagen. Wir haben seither nichts mehr unternehmen können.«
    »Wir können unseren Gästen sehr wohl Wein anbieten«, mischte sich der Zwerg bissig ein.
    »Shain, hole einige Becher und schenke jedem ein, der möchte«, befahl Aileron, nicht im Mindesten beschämt. »Wir brauchen Kim dringend«, fuhr er fort. »Wir müssen herausfinden, wie Maugrim den Winter beherrscht – das gehört nicht zu den Dingen, die früher in seiner Macht lagen. Die Lios haben das bestätigt.«
    »Er macht ihn schlimmer?« lautete Pauls nüchterne Frage.
    Schweigen breitete sich aus. Loren brach es. »Du hast das falsch verstanden«, belehrte er ihn gütig. »Er erzeugt ihn. Er hat die Jahreszeiten gänzlich durcheinandergebracht. Seit neun Monaten fällt hier Schnee, Pwyll. Noch sieben Nächte, dann haben wir Mittsommernacht.«
    Sie blickten aus dem Fenster. Eis bedeckte das Glas. Es hatte wieder zu schneien begonnen, und ein bitterkalter Wind heulte ums Gemäuer. Selbst mit zwei lodernden Feuern im Raum und den überall angebrachten Fackeln war es sehr kalt.
    »O Gott«, stöhnte Dave und fragte dann: »Was tut sich bei den Dalrei?«
    »Sie haben sich in der Nähe des Latham versammelt«, unterrichtete ihn Loren. »Die Stämme und die Eltor.«
    »In der einen Ecke?« rief Dave aus. »Aber die gesamte Ebene gehört ihnen doch!«
    »Nicht mehr«, musste Aileron zugeben, und in seiner Stimme lag hilflose Wut. »Nicht, solange der Winter vorhält.«
    »Können wir ihm ein Ende machen?« wollte Kevin erfahren.
    »Nicht, ehe wir wissen, wie er es anstellt«, entgegnete Loren.
    »Und dafür braucht ihr Kim?« warf Paul ein. Er hatte sich von den anderen entfernt und war am Fenster stehen geblieben.
    »Und noch jemanden. Ich möchte Gereint herholen, Ivors Schamanen. Um festzustellen, ob es uns mit vereinten Kräften gelingt, die Mauer aus Eis und Schnee zu durchbrechen und ihre Ursache zu finden. Gelingt uns das nicht«, fürchtete der Magier, »dann ist es gut möglich, dass wir diesen Krieg verlieren, noch ehe er begonnen hat. Und wir dürfen diesen Krieg nicht verlieren.«
    Aileron schwieg. Seine Augen verrieten alles.
    »Also gut«, sagte Jennifer bedachtsam. »Kim ist unterwegs, glaube ich. Hoffe ich. Inzwischen habe ich Loren und Matt wohl einiges zu erzählen.«
    »Jetzt gleich?« fragte Kevin.
    »Warum nicht?« Sie lächelte, doch es war kein sorgloses Lächeln. »Ich werde mir einfach etwas Wein nehmen, Shain. Wenn niemand etwas dagegen hat.«
    Sie, der Magier und seine Quelle zogen sich in ein Nebenzimmer zurück. Die anderen sahen einander an.
    »Wo ist Diarmuid?« erkundigte Kevin sich plötzlich.
    »Rat einmal!« erwiderte Aileron.
     
    Etwa eine halbe Stunde früher, kurz nach Matts und Lorens Aufbruch zum Palast, hatte Zervan aus Seresh in seinem Bett in der Unterkunft der Magier wachgelegen.
    Eigentlich hatte er sich all seiner Pflichten entledigt, denn er hatte das Feuer im Vorraum soweit angerichtet, dass es die Nacht über halten musste, und falls Brock vor den anderen beiden zurückkam, konnte er sicher sein, dass der es für sie neu entfachen würde.
    Es war bestimmt kein hartes Leben, bei den Magiern zu dienen. Er war nun seit zwanzig Jahren bei ihnen, seit man ihm mitgeteilt hatte, dass er selber nicht aus dem Tuch gewebt sei, das einen Magier ausmacht. Überrascht hatte ihn das nicht; er hatte es längst gespürt. Aber sie hatten ihm alle drei gefallen – selbst Metran, obwohl das eine bittere Erinnerung war, denn er war ein gewitzter Mann gewesen, ehe er alt wurde, ehe er sich als Verräter erwies. Paras Derval hatte ihm auch gefallen, das städtische Leben, die Nähe des Palastes. Es war etwas Feines, so im Brennpunkt der Ereignisse zu stehen.
    Als Teyrnon ihn gebeten hatte, war es Zervan ein Vergnügen gewesen, zu bleiben und den Magiern zu dienen.
    In zwanzig Jahren war aus dem ursprünglichen Gefallen eine Art Zuneigung geworden. Die vier, die noch übrig waren, Loren und Teyrnon, Matt und Barak, waren die einzigen, denen Zervan sich zugehörig fühlte, und er umsorgte sie allesamt, wobei er ein pedantisches, geradezu zwanghaftes Auge fürs Detail an den Tag legte.
    Es hatte ihn kurzfristig aus der Fassung gebracht, dass vor einem Jahr Brock aus Banir Tal gekommen war, um bei ihnen zu leben. Doch obschon dieser neu hinzugestoßene Zwerg bei seinem Volk einen hohen Rang zu genießen

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