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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Ceinwen ihm geantwortet und gelacht, ehe sie verschwand.
    Das ging keinen etwas an außer Dave.
    Außerdem hatte er gegenwärtig genug damit zu tun, sich die Erlebnisse jener Männer anzuhören, die er seine Brüder nannte seit dem Ritual, das sie im Pendaranwald ausgeführt hatten. Schließlich waren sie bei seinen Erlebnissen bis zu jenem Moment auf den matschigen Feldern um Stonehenge angelangt, wo Kevin den Wachleuten in Französisch und gebrochenem Englisch beizubringen versuchte, was ihn und Jennifer bewogen hatte, sich zum ‚Schmusen auf verbotenes Terrain zurückzuziehen. Eine außerordentlich eindrucksvolle schauspielerische Leistung war das gewesen, und sie hatte genau bis zu dem Augenblick vorgehalten, als die vier gespürt hatten, wie sie von plötzlich sich zusammenbrauenden Kräften ergriffen und in den kalten, düsteren Übergang zwischen den Welten geworfen wurden.

 
Kapitel 6
     
    Es handelte sich, stellte Jennifer fest, um das gleiche Zimmer wie beim ersten Mal, wenn auch nicht um das gleiche wie bei ihrem zweiten Übergang, als sie und Paul mit solcher Wucht daraus hervorgekommen waren, dass sie beide in den verschneiten Straßen der Stadt in die Knie gezwungen wurden.
    Dort hatten, während Paul, immer noch benommen, unter dem hin und her schwingenden Schild des Schwarzen Keilers mühsam aufgestanden war, bei ihr die ersten, verfrühten Wehen eingesetzt. Und mit ihnen kam, noch während sie erkannte, wohin er sie auf welche Weise auch immer gerettet hatte, die plötzliche Erinnerung an eine weinende Frau vor einer Ladentür bei der Rasenfläche, und von da ab war ihr alles sehr klar erschienen.
    So waren sie in Vaes Haus gelangt, und Darien war geboren worden. Worauf sich in ihrem Innern vieles zu verändern schien. Seit sie aus Starkadh entkommen war, hatte sie sich in ein Geschöpf voller widersprüchlicher Standpunkte und unnatürlicher Reaktionen verwandelt. Die Welt, ihre eigene Welt, stellte sich ihr in unheilvollen Farben dar, und die Aussicht, eines Tages doch wieder zu normalen, menschlichen Umgangsformen zurückkehren zu können, kam ihr vor wie eine lächerliche, hoffnungslose Abstraktion. Maugrim hatte ihr Innerstes bloßgelegt: Wo konnte sie in dieser Hinsicht Heilung erwarten?
    Dann war Paul gekommen und hatte zu ihr gesprochen, und der Ton, in dem er zu ihr sprach, hatte vor allen Dingen dazu beigetragen, ihr zumindest andeutungsweise einen Weg aus ihrem Elend zu weisen. Wie mächtig Rakoth auch sein mochte, er war nicht allmächtig, nicht allumfassend, er hatte Kim nicht daran hindern können, zu ihr vorzudringen.
    Und er konnte nicht verhindern, dass ihr Kind geboren wurde.
    Zumindest war sie davon überzeugt gewesen, bis sie, in jener Schrecksekunde, Galadan in ihrer eigenen Welt erblickt hatte. Und sie hatte ihn sagen hören, dass sie sterben müsse und damit auch das Kind.
    Aus diesem Grund hatte sie Paul gedroht, sie werde ihn verfluchen, falls er versagte. Wie hatte sie nur so etwas tun können? Wie war sie dazu gekommen?
    Wie es schien, war sie ein anderer Mensch gewesen, eine völlig andere Frau, vermutlich war es so. Denn seit das Kind geboren und benannt und in die Welten des Webers hinausgesandt worden war, um ihre persönliche Antwort auf das zu sein, was ihr angetan worden war, ihr einzelner, unberechenbarer Faden, eingefädelt in das Gewirk – seit damals war Jennifer immer wieder überrascht, wie erträglich doch alles war.
    Keine Widersprüche mehr, keine verletzenden Äußerungen. Nichts schien sie zu berühren; sie war alledem so weit entrückt. Sie hatte festgestellt, dass sie wieder in der Lage war, mit anderen Menschen umzugehen, dass sie mit überraschender Sanftmut reagieren konnte. Kein stürmisches Aufbrausen mehr. Allerdings auch kein Sonnenschein. Sie bewegte sich wie im Zeitlupentempo, kam es ihr manchmal vor, durch eine graue Landschaft unter einer grauen Wolkendecke, und gelegentlich, doch nur gelegentlich, drang einmal die Erinnerung an Farbe, an pulsierendes Leben zu ihr durch wie das leise, gedämpfte Rauschen eines weit entfernten Meeres.
    Doch das war ihr recht. Es bedeutete nicht, gesund zu sein; sie war klug genug, das einzusehen, aber es war unendlich viel angenehmer als der vorherige Zustand. Wenn sie schon nicht glücklich und gesund sein konnte, so doch zumindest … . duldsam.
    Die Sanftmut war ein unerwartetes Geschenk, eine Art Entschädigung für die Liebe, die ihr in Starkadh zerstört worden, und für die Sehnsucht, die erstorben

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