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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Cathal nach Seresh übersetzten.
    Er hatte sich darauf verlassen, dass die Hauptstraße nach Paras Derval regelmäßig vom Schnee geräumt wurde, und so war es auch. Inmitten der schneidenden Kälte setzten sie sich unter einem leuchtend blauen Himmel durch das weißverschneite Land in Marsch, der Hauptstadt entgegen. Der Bote, der zu dem neuen König unterwegs war, konnte ihnen nur ein paar Stunden voraus sein; Aileron würde keine Zeit finden, irgendwelche Vorbereitungen zu treffen.
    Und darum ging es natürlich hauptsächlich. Man hatte sich über den Saeren hinweg verständigt; mit Kähnen, die zwischen Seresh und Cynan verkehrten, und weiter im Osten mit Lichtsignalen über den Fluss – der Hof von Brennin wusste, dass Soldaten aus Cathal im Anmarsch waren, jedoch nicht, wie viele und wann mit deren Eintreffen zu rechnen sei.
    Schäbig würden sie dastehen und schlecht gerüstet, wenn erst diese schimmernde Streitmacht, zweitausendfünfhundert Mann stark, aus Südwesten herbeigaloppiert kam. Und nicht nur die Berittenen. Was würden die Nordmänner sagen, wenn sie zweihundert der legendären Streitwagen Cathals auf die Tore Paras Dervals zubrausen sahen? Wenn sie im ersten dieser Wagen, gezogen von vier prächtigen Hengsten aus Faille, nicht einen befehlshabenden Soldaten oder Hauptmann der Wache, sondern Shalhassan persönlich erblickten, den unumschränkten Herrscher über Sang Marlen, über Larai Rigal, über die neun Provinzen des Gartenlandes.
    Sollte der junge Aileron dem getrost etwas entgegensetzen, wenn er konnte.
    Auch ging es hier nicht um eine belanglose Zurschaustellung. Shalhassan hatte viel zu lange über ein Land geherrscht, das durch Intrigen entstanden war, als dass er sich an bloßem Prunk hätte freuen können. Hinter jedem Schritt, den diese Finte erforderte, stand ein eiserner Wille, hinter dem Tempo, das er seinem Wagenlenker abverlangte, ein übergeordneter Zweck und hinter der Pracht seiner eigenen Erscheinung, vom gekräuselten, mit Duftwässern gesalbten Bart bis zu dem langen Pelzmantel, den er trug, kunstvoll geschlitzt, damit er sein gebogenes, juwelenbestücktes Schwert erreichen konnte, ein ganz bestimmter Grund.
    Tausend Jahre war es her, da hatte T’Varen seine Mannen aus dem Süden in den Krieg gegen den Entwirker geführt, und sie waren unter dem Mond- und Eichenbanner von Brennin marschiert und geritten, unter Conary und dann Colan. Doch damals hatte es noch kein richtiges Cathal gegeben, kein Banner von Blume und Schwert, nur die neun untereinander zerstrittenen Provinzen. Erst als er zurückkehrte, bedeckt mit dem Ruhm, in Andarien und Gwynir dabei gewesen zu sein, bei jener letzten, verzweifelten Schlacht vor der Valgrindbrücke und dann bei der feierlichen Bannung unter den Rangat, erst da war T’Varen in der Lage, den Wachtstein vorzuweisen, den man ihm anvertraut hatte, und ein geeintes Reich zu schaffen, einen Winterpalast im Süden zu errichten und dann die berühmten Gärten um den See bei Larai Rigal.
    Doch er hatte diese Dinge vollbracht. Der Süden war längst kein Nest einander befehdender Fürstentümer mehr. Er war Cathal, das Gartenland, und kein Brennin untergeordnetes Gebiet, wie Iorweths Erben sich auch immer betiteln mochten. Und vier Kriege in ebenso vielen Jahrhunderten hatten das klargestellt. Wenn Brennin seinen Baum hatte, pflegte man sich im Süden zu brüsten, dann hatte Larai Rigal zehntausend.
    Und es hatte obendrein einen wahren Herrscher, einen Mann, der nun schon seit fünfundzwanzig Jahren auf dem Elfenbeinthron saß, scharfsinnig, unergründlich, gebieterisch, wohlvertraut mit der Kriegsführung, denn er hatte vor dreißig Jahren im letzten Krieg gegen Brennin gekämpft – als dieser Knabenkönig Aileron noch gar nicht geboren war. Ailell hätte er sich möglicherweise gebeugt, doch nicht dem Sohn, der vor kaum einem Jahr aus der Verbannung zurückgekehrt war, um die Eichenkrone zu tragen.
    Schlachten gewinnt man, indem man sich auf den Marsch begibt, dachte Shalhassan von Cathal. Ein würdiger Gedanke: Er hob bedeutsam die Hand, und gleich darauf kam Raziel herbeigeeilt, noch unsicher auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes, und der Unumschränkte Herrscher Cathals veranlasste ihn, seinen Gedanken niederzuschreiben. Vorn peitschten die fünf Angehörigen der Ehren-Eskorte, welche der überraschte Fürst von Seresh in aller Eile aufgestellt hatte, ihre Pferde, damit sie vor den Streitwagen blieben. Shalhassan spielte mit dem

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