Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
Vom Netzwerk:
die Hohepriesterin der Dana – und auch sie war strahlend weiß gewandet und von Rot gekrönt, dem Rot ihres in üppigen Strähnen herabfallenden Haars; und schließlich auch noch den, von welchem er erzählen gehört hatte, einen jungen Mann, dunkelhaarig, schlank und nicht groß, vom Prinzen als Pwyll vorgestellt, den Zweimal Geborenen, den Herrn des Sommerbaums.
    Und Shalhassan entging die Reaktion der Menge nicht, während er dem Blick der blaugrauen Augen dieses jungen Mannes aus einer anderen Welt begegnete, welcher der Auserwählte des Gottes war.
    Dann gesellten sich diese Fünf, ohne dass ein weiteres Wort gefallen wäre, dem Prinzen und dem Lios Alfar zu, und Shalhassan stieg, da keine Möglichkeit bestand, in einem Streitwagen sitzend darauf zuzubrausen, herab und ging zu Fuß auf die Tore des Palastes zu, um von Aileron, dem Großkönig, empfangen zu werden. Der das vollbracht hatte, all das, mit kaum zwei Stunden Zeit zur Vorbereitung.
     
    Er hatte sich in Sang Marlen von Sharra in Kenntnis setzen lassen, hatte eine Vorstellung davon erhalten, worauf er gefasst sein müsse. Doch das war nur eine ungefähre Vorstellung gewesen und nicht genügend, denn als Aileron ihm auf halbem Wege entgegenkam, sah Shalhassan, dem bereits gezeigt worden war, was Brennin vermochte, wenn es die Wahl hatte, auch noch Brennins Wahl.
    Unter dem zerzausten dunklen Haarschopf waren die Augen des Großkönigs grimmig und abschätzend. Sein ernstes, bärtiges Gesicht, keineswegs so jung, wie er geglaubt hatte, war mindestens ebenso ausdruckslos wie das von Shalhassan und ebenso weit von einem Lächeln entfernt. Gekleidet war er in Braun und Graubraun, und obendrein nachlässig: die Stiefel bespritzt, die Hosen abgewetzt. Er trug ein einfaches Hemd und darüber ein kurzes, warmes, gänzlich schmuckloses Wams. Und an seiner Seite hing nicht etwa eine Zierklinge, sondern ein Kampfschwert mit langem, beidhändigem Griff.
    Mit bloßem Haupt trat er vor, und die beiden Könige standen sich gegenüber. Shalhassan konnte das Gebrüll der Menge hören, und er vernahm darin etwas, das ihm in den fünfundzwanzig Jahren, die er auf dem Thron saß, nicht entgegengebracht worden war. Und da ging ihm auf, was zuvor schon dem Volk von Brennin aufgegangen war. Der Mann, der hier vor ihm stand, war ein Kriegskönig, nicht mehr, gewiss aber auch nicht weniger.
    Man hatte ihn beeinflusst, dessen war er sicher, doch zugleich wusste er, welche Macht hinter einer derartigen Beeinflussung steckte. Die blendende Schönheit des jüngeren Bruders erhielt hier ihr Gegengewicht, wenn nicht noch mehr, durch die gewollte Schmucklosigkeit des älteren, welcher König war. Und Shalhassan von Cathal erkannte, während er so zwischen dem hellhaarigen Bruder und dem dunklen dastand, dass er es am Ende doch nicht sein würde, der in diesem Krieg den Oberbefehl führte.
    Aileron hatte bisher kein Wort gesprochen.
    Es war nicht üblich, dass Könige sich voreinander beugten, doch Shalhassan war kein kleinlicher Mann. Sie hatten einen gemeinsamen Feind, und noch dazu einen schrecklichen. Was ihm gezeigt worden war, diente nicht bloß dazu, ihn in seine Schranken zu verweisen, sondern auch dazu, ihn zu beruhigen, und er begriff auch das und fühlte sich beruhigt.
    Shalhassan verwarf auf einen Zug sämtliche Listen, die er sich für diesen Tag vorgenommen hatte, und sagte: »Großkönig von, Brennin, das Heer und die Streitwagen Cathals sind eingetroffen und stehen Euch zur Verfügung. Das gleiche gilt für jeglichen Rat, den Ihr von mir erheischen mögt. Wir sind geehrt von dem Empfang, den Ihr uns habt zuteil werden lassen, und gerührt von der Art, wie ihr an die Taten unserer Vorfahren erinnert habt, aus Brennin wie aus Cathal.«
    Ihm wurde nicht einmal das gelinde Vergnügen gewährt, in den dunklen Augen seines Gegenübers Erleichterung oder Überraschung zu lesen. Er sah nichts als nüchternste Billigung, als hätte nie ein Zweifel darüber bestanden, was er vorzubringen gedachte.
    Und Aileron erwiderte: »Ich danke Euch. Achtzehn von Euren Streitwagen haben schlecht ausgewuchtete Räder, und wir werden mindestens noch weitere tausend Soldaten benötigen.«
    Er hatte die Heerscharen in Seresh und hier in Paras Derval gesehen, wusste von den Besatzungen in Rhoden und in der Nordfeste. Doch ohne Zögern entgegnete Shalhassan: »Noch ehe der Mond sich erneuert, sollen es zweitausend mehr sein.« Nur noch etwas mehr als zwei Wochen bis dahin; das war zu schaffen,

Weitere Kostenlose Bücher