Das weiße Amulett
dem Hof parkte.
»Hier, sieh mal, Vincent. Nette kleine Waffe, die dein Freund mit sich herumträgt.« Pierre hielt mit einem Taschentuch eine S&W, Modell 4006, in die Luft, während Vincent mit dem alten Lieferwagen durch die nördlichen Pariser Vororte preschte.
»Du hast doch nicht zu fest zugeschlagen, Pierre, oder? Das würde keinen guten Eindruck machen.«
»Nein, ich hab ihn nur gekitzelt. Würde mich nicht wundern, wenn er schon bald wieder aufwacht. Was Lucass wohl von ihm will?«
»Keine Ahnung.« Vincent zuckte mit den Schultern. »Der Kerl ist hinter ihm her. Vielleicht will Lucass ihm deswegen einige Fragen stellen.«
»Er könnte ihn doch auch gleich umlegen.«
»Ja, schon«, stimmte ihm Vincent zu, der seinen Chef auch nicht immer verstand. »Aber Lucass ist nun mal anders.«
In einem Außenbezirk fuhr er in eine alte Lagerhalle, und kurze Zeit später befand sich Mansfield gefesselt auf einem Stuhl. Über ihm brannte eine Schirmlampe, die nur schwaches Licht lieferte. Sein Kopf hing bewusstlos herunter, was Vincent gar nicht gefiel.
»Der Kerl ist immer noch nicht wach, Pierre. Musstest du unbedingt so zuschlagen, Mann? Nun dauert das wieder eine Ewigkeit.« Er schlug Mansfield einige Male mit der flachen Hand ins Gesicht.
»He, hallo! Aufwachen! Aufwachen, Monsieur Mansfield! Lucass ist hier!« Doch auch auf diesen Bluff reagierte er nicht.
»Wir haben noch eine Flasche Mineralwasser im Wagen«, schlug Pierre vor.
Vincent nickte.
»Ja, bring sie her.« Während sein Kumpel das Wasser holte, hob er Mansfields Kopf und sah in dessen entspanntes Gesicht. »Das wäre doch gelacht, wenn wir dich nicht wieder wach kriegen, Bruder«, murmelte er mit einem fiesen Grinsen.
Pierre kam mit der Wasserflasche zurück, und Vincent kippte sie Mansfield über den Kopf. Prustend und schnaubend kam er wieder zur Besinnung. Sein Schädel dröhnte, aber allmählich drangen immer mehr Details in seinen Verstand. Man hatte ihn nicht getötet. Sie wollten etwas von ihm. Sehr gut. Das hatte er sich erhofft. Er blickte sich in der Halle um, in der einige alte Industriemaschinen herumstanden. Man hatte ihn also nicht aufs Land hinausgebracht.
»Wo ist Lucass?«, fragte er und erntete dafür sofort einen Schlag mit der flachen Hand auf die rechte Wange.
»Nicht dass du mir hier auf falsche Gedanken kommst, Monsieur. Wir stellen hier die Fragen, und du antwortest. Was willst du von Lucass?«
»Ich will ihn sprechen.«
Mansfield traf die flache Hand auf die linke Wange, und er spürte Blut in seinem Mund, aber er biss die Zähne zusammen.
»Noch mal – was willst du von ihm?«
»Das, was ich von ihm wissen will, kann nur er mir beantworten«, beharrte Mansfield und bekam dafür Vincents Faust am Kinn zu spüren. Der Schlag ließ seinen Kopf nach hinten schleudern.
»Weißt du, mein Freund, ich bin eigentlich noch ganz harmlos im Vergleich zu Pierre. Du hast ihm nämlich einen Zahn ausgeschlagen, was er dir ziemlich übel nimmt.« Er warf seinem Kumpel einen vielsagenden Blick zu. »Also wenn du willst, kann er für mich weitermachen, und ich ruh mich ein wenig aus.«
Pierre stellte sich breitbeinig neben Vincent und zog andeutungsweise die Ärmel hoch. Aber davon ließ sich Mansfield nicht einschüchtern und sah Vincent in die Augen.
»Wenn ihr mich umbringt, kriegt ihr die Polizei auf den Hals. Außerdem weiß man, wo ich heute Abend hingegangen bin.«
»Soso«, sagte Vincent gefährlich ruhig, »deine kleine Freundin weiß also, wo du bist?«
»Nein, sie weiß nichts. Aber Kommissar Laurent vom fünften Arrondissement kennt mich und wird unangenehme Fragen stellen, falls ich verschwinde.«
Vincent lachte ihm ins Gesicht und schlug sich auf die Schenkel. »Kommissar Laurent? Hast du das gehört, Pierre? Na, da hast du dir aber den Falschen ausgesucht, mein Freund. Laurent hasst alle Amerikaner. Er würde dir niemals helfen.«
Mansfield knirschte mit den Zähnen und wand sich in seinen Fesseln. »Ihr könnt mich totschlagen, aber ich werde euch nichts sagen. Entweder bringt ihr mich zu Lucass, oder er kommt hierher.«
Vincent riss an Mansfields Haaren und hielt ihm einen Revolver an die Schläfe.
»Oder die dritte Möglichkeit: Wir legen dich um.« Er hatte ein gefährliches Glitzern in den Augen, das Mansfield beunruhigte. Genau in dem Moment trat ein schlanker Mann aus dem Halbschatten des Halleneingangs und kam langsam auf sie zu.
»Lass ihn los«, befahl er und machte eine herrische Bewegung in
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