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Das weiße Grab

Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer
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Kontoauszug von einer ihrer Banken, den sie beiseitelegte. Der nächste war ein Schreiben wegen Falschparken. Sie erinnerte sich noch genau daran, wie ihre Scheibenwischer den Strafzettel einfach in den Rinnstein gefegt hatten. Der letzte Brief war eine Rechnung ihres Privatdetektivs für zehn Bilder, die sie bereits per Mail erhalten hatte. Auch diesen Brief öffnete sie nicht. Blieb noch das Päckchen. Es hatte unter der Sonntagszeitung im Briefkasten gelegen, musste also folglich Samstagnachmittag oder Sonntag früh von einem Boten gebracht worden sein. Es trug weder Absender noch Adresse, und mit paranoidem Misstrauen hielt sie es einen Moment lang vorsichtig in den Händen, bevor sie die Pappe aufriss.
    Das Buch war neu und wirkte druckfrisch. Auf dem Umschlag prangte ein graublauer Boeing-B- 52 -Bomber, der hoch über einer Eiswüste schwebte. Das Flugzeug wirkte mit seinen riesigen V-förmigen Flügeln und den acht großen Jet-Motoren gleichermaßen elegant wie kraftvoll. Titel und Autor waren mit dicken Buchstaben gedruckt und in den Farben der amerikanischen Flagge schraffiert worden.
On Guard in the North
von Clark Atkinson. Sie schlug die erste Seite auf und konstatierte, dass ihr Geschenk eine der seltenen Originalausgaben aus dem Jahr 1983 war, die eigentlich gar nicht existierte. Noch dazu mit einer persönlichen Widmung von Helmer Hammer. Von Hand und nicht ohne Talent hatte der Staatssekretär eine über und über blühende Magnolie skizziert, wie man sie im Juni überall sieht. Dahinter war mit wenigen Strichen der geometrische Umriss des Palmenhauses zu erkennen. Die Nachricht war kurz und sehr persönlich:
    Liebe Comtesse, ich weiß, dass ich Ihnen eine Unmenge G schulde. Liebe Grüße, Helmer.
    Zu allem Überfluss war das G über dem unteren Bogen noch mit zwei Augen versehen worden, so dass es wie ein Smiley aussah. Unter normalen Umständen hätte sie sich gefreut, sowohl über das Buch als auch über das Vertrauen. Doch die Umstände waren nicht normal. Ihre Odyssee in die neuere dänische Geschichte kam ihr weit, weit weg vor und war inzwischen ohne Bedeutung. Sie stellte das Geschenk zu ihren Kochbüchern, goss den Kaffee in eine Thermoskanne, warf einen Blick auf ihre Uhr und machte sich wieder auf den Weg. Zunächst kam sie nur gut dreißig Meter weit, wo sie neben einem blauen Renault hielt und die Scheibe herunterließ. Der Fahrer des anderen Wagens tat das Gleiche, legte aber einen Finger auf seine Lippen und zeigte auf seine auf der Rückbank schlafende Partnerin. Die Comtesse kannte ihn flüchtig, erinnerte sich aber nicht an seinen Namen. Sie reichte ihm die Thermoskanne und zwei Tassen, und er flüsterte: »Sie sind ein Engel.«
    »Wie lange haben Sie Schicht?«
    »Das ist noch nicht raus, die Planung ist wohl noch nicht abgeschlossen, aber bestimmt lange. Wir sind erst ein paar Stunden hier.«
    »Pech, wenn man so einen Auftrag kriegt.«
    »Wir machen das freiwillig, ist aber auch egal. Hauptsache, Sie kriegen diesen Arsch und finden seine Geiseln rechtzeitig.«
    Die Comtesse versprach es ihm, und vielleicht noch ein bisschen mehr.

[home]
    49
    A uf der Fahrt von Søllerød zurück ins Präsidium geriet die Comtesse in die Rushhour und musste in aller Ausführlichkeit miterleben, dass das Leben in Kopenhagen trotz der Entführung von Pauline Berg und Jeanette Hvidt einfach weiterging, als wäre nichts geschehen. Sie wusste genau, wie dumm es war, sich darüber zu ärgern, aber trotzdem wurde sie nur noch wütender und deprimierter. Als sie im Präsidium war, versuchte sie, die Wut abzustreifen, bevor sie in Konrad Simonsens Büro ging.
    Ihr Chef brütete über einer überdimensionalen Karte von Seeland, die er vor sich auf den Fußboden gelegt hatte, und begrüßte sie nur flüchtig. Mit Rotstift war die Karte rasch in einzelne Bereiche aufgeteilt worden, die sie nicht direkt zuordnen konnte. Sie öffnete ein Fenster, er hatte geraucht.
    »Weißt du, wie viele Kirchen es auf Seeland gibt?«, fragte Konrad Simonsen.
    »Keine Ahnung, eine Menge, denke ich.«
    »Genau, es sind unglaublich viele, und die Zuständigkeitsbereiche haben nichts mit den normalen Gemeindegrenzen oder anderen weltlichen Begrenzungen zu tun.«
    Er leierte die Fakten über Pfarrbezirke, Propsteien und Stifte herunter.
    Die Comtesse kannte diese Laune. Wenn er seinen Frust in sich hineinfraß, neigte er unbewusst dazu, alles Mögliche aufzuzählen. »Die weiße Kapelle? Geht es darum?«
    Er überhörte sie. »Und

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