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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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Truppenreduzierung wegen der Wiedervereinigung, weißt schon. Jetzt ist überall Gewerbe drin. Ich bin der einzige, der hier wohnt. Und Kim natürlich. Wir wohnen seit zwei Wochen nämlich zusammen. Da, wo das Licht brennt. Im dritten Stock.«
    Der Euro deutete mit dem Finger nach oben.
    »Ziemlich viele Stufen für eine Oma«, sagte Billy.
    »Welche Oma?« fragte der Euro und fing an zu lachen. »Danke in jedem Fall fürs Mitnehmen. War eine Gaudi. Und laß dich mal wieder anschauen. Ich meine das übrigens ernst.«
    »Gib mir erst mal ein paar Tage. Die werde ich brauchen. Aber dann melde ich mich, klar.«
    »Ich bitte darum. Ruf durch, wenn du angekommen bist.« Dann gab er Billy noch schnell seine Visitenkarte. Sie war weiß und hatte zwei Aufdrucke. Eine Handynummer unten und darüber ein großes €-Zeichen. Beides in Gold. Das war alles.
    »So was habe ich natürlich nicht«, sagte Billy.
    »Kriegst du von BMW«, sagte der Euro.
    Dann war es für einen Moment still.
    »Was hältst du von ein paar Joints für den Weg?« fragte der Euro irgendwann.
    Billy dachte kurz nach.
    »Könnte wahrscheinlich nicht schaden«, antwortete er.
    »Und wieviel?«
    »Sagen wir – drei?«
    »Sagen wir – fünf?«
    »Sagen wir drei.«
    »Immerhin«, sagte der Euro. »Und wenn’s nicht reicht, du hast ja meine Nummer.«
    Dann nahm er seinen Koffer, holte die drei Röhrchen heraus und hielt sie Billy hin.
    »Macht dann dreimal fünf ist fünfzehn.«
    Billy stockte kurz. Mit so viel Dankbarkeit fürs kostenlose Mitnehmen hatte er nicht gerechnet.
    »Wie? Ach so, klar. Das Geld. Drei mal fünf ist fünfzehn, richtig?« sagte er, wollte sich aber keine Blöße geben und kramte daher in seinen Taschen herum.
    Aus der dritten Tasche zog er schließlich einen Zwanziger heraus und reichte ihn dem Euro.
    »Hier, stimmt so. Und vielen Dank noch mal.«
    »Laß stecken«, sagte der Euro darauf. »Ich wollte nur mal testen, ob meine Idee wirklich so schwachsinnig ist, wie du behauptest.«
    Dann packte er seinen Koffer, stieg aus und steckte zum Abschied noch einmal den Kopf ins Auto.
    »Eins noch. Wenn das mit BMW nicht klappt, du weißt ja, wo es Arbeit gibt.«
    »Ich denk drüber nach«, sagte Billy.
    »Du sollst nicht lügen, heißt es in der Bibel«, sagte der Euro. Dann schlug er die Tür zu, trabte davon und verschwand in einem Hauseingang.
    Billy schaute ihm noch kurz hinterher und machte sich dann auf den Weg. Er wendete, bog rechts ab, fuhr der Nase nach ins Irgendwo und ließ sich von der Stadt aufsaugen. Jetzt war er also da, wo er hinwollte. Er war in München. Verrückt.



Hoch hinaus.
    Die Stadt war jungfräulich, und er hätte seine Karre natürlich überall hinstellen können, um seine erste Münchener Nacht darin zu verbringen. Direkt an den Englischen Garten zum Beispiel. Oder runter an die Isar. Oder gleich neben die Bavaria. Oder mitten rein ins Hasenbergl. Alles nette Plätze zum Ankommen in bayerisch Monaco. Doch irgendwann war Billy nach endloser Fahrt an dieser Fina-Tankstelle mit angeschlossenem Parkhaus gestrandet und hatte sofort gespürt, daß hier der Platz war, nirgends sonst. Mitten im Herzen von München, im sogenannten Tal, dort, wo die Straßen eng und wirr sind, und die Stadt nur noch Dorf sein will, ganz nah am Hofbräuhaus also, und ebenfalls nur ein paar Schritte von der Maximiliansstraße entfernt, jener hochgerühmten Flaniermeile, deren einzige wirkliche Attraktion damals bloß ein Mann mit Hund war. Genau hier checkte er ein und fühlte sich sofort ein bißchen wie daheim, im guten, alten Troisdorf. Er hatte das zufriedene Schnarchen gehört, das gegen ein Uhr durch die Straßen geschlichen kam, als er aus dem Auto stieg, um ein Gefühl zu bekommen.
    Jetzt stand er mit seinem Mercedes auf dem Freideck, hatte die Heckklappe offen und schälte sich aus seinem Schlafsack in den Tag. Es waren zeitige halb neun Uhr morgens, und er war noch allein. München döste anscheinend noch ein wenig, und Billy hatte nichts dagegen. So konnte er in aller Ruhe seine Morgentoilette erledigen. Barfuß und noch etwas wackelig auf den Beinen stapfte er über den Asphalt und steuerte eine Betonwand an, die zum morgendlichen Dagegenpinkeln wie geschaffen war. Es dauerte ein bißchen, aber dann ging es wie von selbst.
    Das Unternehmen »Karriere« hatte soeben begonnen undBilly kratzte sich an der Stirn, als ihm bewußt wurde, wo er eigentlich gerade war und warum. Es fühlte sich komisch an. Die Vergangenheit war gestern

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